Visionen (Kobaltblaue Träume) (German Edition)
kann.
Aber auch wenn alles in mir danach schreit, mich dem Mann anzuvertrauen, der mir seinen Namen gegeben hat und den ich so sehr liebe, wie eine Tochter ihren Vater nur lieben kann, weiß ich doch, dass ich es nicht tun werde.
Nicht in diesem Fall!
Denn wenn ich mich Phil anvertraue, muss es auch die ganze KSP-Abteilung erfahren … und somit auch Kay.
Und das wird, so wahr mir Gott helfe, auf gar keinen Fall geschehen.
Niemals lasse ich zu, dass Kay erfährt, in welcher Gefahr auch immer er schwebt.
Ich werde rund um die Uhr an ihm kleben wie Pattex.
Nicht, dass ich das nicht sowieso bereits täte.
Und ganz sicher werde ich nicht zulassen, dass er in exakt sieben Tagen sterben wird ...
18)
S eit wir wieder zurück sind von unserem Familien-Wochenende, leide ich unter permanenten Kopfschmerzen … schrecklichen permanenten Kopfschmerzen.
Wie ich es geschafft habe, den ausnahmslos fragend auf mich gerichteten Gesichtern meiner Familie aus dem Weg zu gehen, ohne etwas von meiner erschütternden Vision preis zu geben, weiß ich bis heute nicht.
Tatsache ist, dass ich unverzüglich sämtliche Schilde in meinem Kopf hochgefahren habe und somit jeglichen Zugriff auf mein geistiges Eigentum verweigere.
Nicht, dass außer Kay jemand in der Lage wäre, meine Gedanken zu lesen. Und vor ihm hatte ich bisher keinerlei Geheimnisse, also auch keinen Grund, mein Gehirn abzuschotten.
Jetzt allerdings bin ich nahezu vierundzwanzig Stunden am Tag damit beschäftigt, die undurchdringliche Mauer in meinem Kopf aufrecht zu erhalten, was zwangsläufig dazu führt, dass ich auch Kays überwiegend liebevollen Gedanken nicht mehr empfangen kann … und im Gegenzug auch ihm keine mehr senden kann.
Die durchaus nachvollziehbare Folge hiervon ist, dass Kay - mein Ein und Alles, mein Herz, meine Seele, mein Leben - sich mehr und mehr von mir zurückzieht.
Ich kann es ihm nicht mal verdenken … auch wenn es mir das Herz bricht.
Unseren Mitschülern gegenüber präsentieren wir uns während des Schulbetriebs weiterhin als das verliebte Pärchen, das sie kennen.
Nur ich spüre, wie falsch sich unsere Berührungen anfühlen, und sterbe jeden Tag ein bisschen mehr.
Allerdings schenken uns unsere Schulkameraden ohnehin nicht besonders viel Aufmerksamkeit.
Diejenigen, die aus unserem steifen Gebaren Verdacht schöpfen könnten, sprich unsere engsten Freunde, haben mit sich selbst genug zu tun.
Vic trifft sich in jeder freien Minute mit meiner ehemals besten Freundin (was ich den beiden von ganzem Herzen gönne) und Zac und Greg kleben ohnehin aneinander, wenn sie nicht gerade mal wieder in ihrem Intelligenzbestien-Club nach neuem Futter für ihr hoch geniales Gehirn forschen.
Apropos aneinander kleben …
Kays Fluchtverhalten hindert mich erfolgreich daran, wie ursprünglich von mir vorgesehen, an ihm kleben zu bleiben.
Nur nachts, wenn auch das letzte bisschen eigener Wille komplett ausgeschaltet ist, gehorchen unsere Körper der Entzugsfolter nicht mehr und tun das, was sie - meiner Überzeugung nach – zum Überleben brauchen.
Im Schlaf suchen wir die Nähe zueinander, die wir tagsüber schmerzhaft vermissen. Denn dass auch Kay unter der Situation leidet, weiß ich mit Bestimmtheit.
Jeden Morgen erwachen wir mit ineinander verschlungenen Gliedmaßen.
Unsere Körper sind so dicht aneinander gedrängt, dass kein Blatt Papier mehr dazwischen passt.
Ich versuche, soviel Kraft wie möglich daraus zu schöpfen, wie nötig ist, um die endlosen Stunden des Tages einigermaßen zu überleben, ohne einzugehen wie eine Primel.
Tief presse ich meine Nase an Kays Brust, atme seinen unvergleichlichen Kay-Duft ein, streichle wie zufällig über seinen Rücken, genieße seine Wärme.
Dass auch Kay nicht unempfänglich ist gegenüber den Reizen, die diese Situation mit sich bringt, zeigen mir seine zärtlichen Küsse, die er auf meinen Scheitel haucht, wenn er denkt, ich schliefe noch.
Außerdem kann ich ihn spüren.
Oh, wie sehr kämpfe ich dagegen an, einfach meinem Verlangen nachzugeben, und eins mit ihm zu werden.
Doch miteinander zu schlafen, ohne ihm mein grausames Geheimnis mitzuteilen, ist für mich unvorstellbar.
Denn dass alleine ich es bin, die etwas zurückhält, ist klar.
Inzwischen bin ich mir nämlich sicher, dass Kay kein Geheimnis vor mir hat, wie ich irrtümlich die letzten Wochen über angenommen habe.
Wahrscheinlicher ist es, dass seine sensiblen Empathen-Fühler bereits auf meine erste Vision
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