Von allen guten Geistern geküsst: Roman (German Edition)
mich abgeholt hast, habe ich sogar vergessen, meinen Helm mitzunehmen.« Sie berührte ihren unbedeckten Kopf und kam sich nackt vor. »Ich habe ihn heute schon zum zweiten Mal vergessen. Und ohne Helm habe ich kein Licht .«
»Trink«, befahl Joe, und sie gehorchte und erreichte diesen Zen-Zustand, für den sie anscheinend drei Biere brauchte. »Und jetzt hör mir zu«, fuhr er fort. »Du bist so fixiert auf all die Probleme, dass du die Antworten nicht mehr siehst. Sieh das Ganze mit etwas Abstand, dann werden sich die Lösungen schon zeigen.«
»Wenn du mich jetzt noch Dummchen nennst, zieh ich dir mein viertes Bier über den Schädel«, warnte Mab.
»Du hast kein viertes Bier«, erwiderte Joe.
»Ich weiß«, gab Mab zu. »Und das ist traurig.«
Joe ging noch ein Bier holen, während sie das dritte kippte, sich dabei im Pavillon umblickte und überall vertraute Gesichter sah, Leute wie Ray, der den Umstehenden eine Art Münze zeigte, und Carl Whack-a-Mole , der sich ernsthaft mit Harold Riesenrad unterhielt, und Dick und Doof, die wieder Hotdogs mampften, wobei der Dürre sich erneut über Würze und Zutaten ereiferte – »Is’ mir doch wurscht, ob Salsa sich besser verkauft als Ketchup, jedenfalls is’ Ketchup der König aller Würzen, das is’ meine Meinung« –, und zwei Tische weiter der Kerl mit der Coke-Flaschen-dicken Brille, der vollkommen konzentriert in seinem Notizbuch schrieb.
Leute , dachte Mab und fand sie irgendwie weniger lästig als gewöhnlich.
Joe kam mit ihrem Bier zurück, und als sie einige Zentimeter davon abgetragen hatte, wiederholte er: »Du musst Abstand zu deinem Problem gewinnen, dich entspannen.«
»Entspannen«, wiederholte Mab. »Ich soll mich entspannen, meinst du.«
»Jawohl«, erwiderte Joe. »Lass uns eine Fahrt durch den Liebestunnel machen.«
Er lächelte sie an, und ihr blieb wieder die Luft weg. Was immer es auch war – Charme, die richtige Chemie, Charisma –, er besaß es haufenweise.
Und sie wollte es, sie wollte sich genauso fühlen, wie er es immer wieder zuwege brachte, wollte Teil dieses warmen Leuchtens sein …
»Okay«, stimmte Mab zu, kippte den Rest ihres Biers und folgte ihm aus dem Pavillon.
Beim Tunnel angekommen warf Ethan einen Blick auf seine Gefährten und fühlte sich nicht besonders zuversichtlich. Eine alte Wahrsagerin, ein junger Komödiant, ein nahezu tauber Achterbahnbetreiber und seine Mutter. Nicht gerade eine »Speerspitze«, wie seine Teams bei Spezialeinsätzen genannt worden waren.
»Da ist Ashley«, erklärte Young Fred, und er klang zum ersten Mal erregt, als er sie draußen in der Warteschlange vor dem Liebestunnel entdeckte.
Action. Ethan fühlte sein eigenes Blut aufwallen. Er spähte zu Ashley hinüber. Sie trug einen Mantel, den sie vorher nicht getragen hatte. Versteckt ihre Wunde , dachte er.
»Und ihr Kerl trägt natürlich einen Ehering«, fügte Glenda mit einem Blick auf den Mann hinzu, der eine Hand auf Ashleys Hintern gelegt hatte.
Ethan erspähte Mab und Joe in der Warteschlange vor Ashley und ihrem Kerl, und sie warteten auf das nächste Boot, das gerade den Einstiegssteg entlangfuhr. Genau das, was er brauchte: Zuschauer. »Was jetzt?«
Glenda nickte Young Fred zu. »Du bist dran.«
»Cool, die ist ganz schön heiß.« Young Fred trat in Aktion und schritt an der Warteschlange entlang nach vorn, als wäre er unsichtbar.
Offensichtlich war er das für die Wartenden wirklich.
»Wenn du dran bist, Ethan«, fuhr Glenda fort, »das ist dann, wenn Delpha dir das Glühen des Dämons zeigt, dann sagst du: Capio! . Kannst du dir das merken?«
»Capio« , wiederholte Ethan, die Augen auf Young Fred gerichtet. »Verstanden.«
Delpha richtete sich auf, und Frankie trippelte auf ihrer Schulter hin und her. »Wenn der Dämon entweichen will, verändern sich seine Augen. Falls es Tura ist, glühen sie blau-grün.«
Ethan nickte, noch immer leicht benebelt vom Alkohol. Wäre da nicht dieses blaugrüne Glühen in Ashleys Augen gewesen, bevor er bewusstlos wurde, und gestern der tote Kerl mit dem mysteriösen Zeichen auf der Brust, dann hätte er ihnen einfach gesagt, sie wären alle nicht ganz bei Trost, und hätte sich in den Bier-Pavillon zurückgezogen. Nun holte er den Flachmann heraus und schraubte die Kappe ab, erstarrte aber, als Glenda so leise, dass nur er es hören konnte, mahnte: »Ethan, wir sind auf Dämonenjagd.«
Mit einem Seufzer schob Ethan den Flachmann wieder in die Innentasche seiner
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