Vorkosigan 14 16 17 Der Botschafter
habe ich einige sehr seltsame Geräusche gehört.«
Nikki ließ sich hinausbugsieren, warf aber über die
Schulter einen beunruhigten Blick zurück.
Ekaterin legte ihren Kopf wieder auf die Komkonsole
und schloss die Augen.
Als neben ihrem Kopf etwas klirrte, öffnete sie sie
wieder: ihre Tante stellte ein großes Glas mit kühlem
Wasser hin und bot ihr zwei schmerzstillende Tabletten an.
»Ich habe heute Morgen schon einige genommen«, sagte
Ekaterin dumpf.
»Ihre Wirkung scheint schon erschöpft zu sein. Trink
jetzt das Wasser. Sonst trocknest du noch aus.«
Gehorsam tat Ekaterin wie geheißen. Sie setzte das Glas ab und öffnete und schloss ihre Augen einige Male. »Das waren wirklich Graf und Gräfin Vorkosigan gestern Abend, nicht wahr?« Es war eigentlich keine Frage, sondern eher eine Bitte um ein Nein. Nachdem sie die
beiden auf ihrer verzweifelten Flucht durch die Tür von Palais Vorkosigan fast umgerannt hatte, war sie im Autotaxi schon auf halbem Weg nach Hause gewesen, als ihr verspätet und mit Schrecken aufging, um wen es sich
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handelte. Das große und berühmte Vizekönigspaar von
Sergyar. Wie kamen sie dazu, in einem solchen Augenblick so wie gewöhnliche Leute auszusehen? Au, au. au.
»Ja. Ich war ihnen schon früher begegnet, hatte aber da keine Gelegenheit gehabt, ausführlich mit ihnen zu sprechen.«
»Hast du … gestern Abend mit ihnen ausführlich
gesprochen?« Ihre Tante und ihr Onkel waren fast eine
Stunde nach ihr nach Hause gekommen.
»Ja, wir haben recht nett mit ihnen geplaudert. Ich war beeindruckt. Miles' Mutter ist eine sehr vernünftige Frau.«
»Warum ist dann ihr Sohn so ein… ach, lass nur.« Au.
»Sie müssen mich für hysterisch halten. Wie konnte ich nur den Nerv haben, einfach aufzustehen und ein formelles Dinner zu verlassen, und das vor all diesen… und L ady Alys Vorpatril… und das im Palais Vorkosigan. Ich kann nicht glauben, dass er das getan hat.«
Tante Vorthys fragte nicht Was? oder Welcher er? Sie schürzte die Lippen und blickte fragend auf ihre Nichte.
»Nun, vermutlich hättest du keine große Wahl.«
»Nein.«
»Wenn du nicht gegangen wärest, dann hättest du
schließlich Lord Vorkosigans Frage beantworten müssen.«
»Ich … habe sie nicht beantwortet…?« Ekaterin
blinzelte. Waren ihre Taten nicht Antwort genug gewesen?
»Unter diesen Umständen? Bist du verrückt?«
»Im selben Augenblick, als er die Worte ausgesprochen
hatte, da wusste er, dass es ein Fehler war, das glaube ich wohl, zumindest nach dem grässlichen Ausdruck auf - 408 -
seinem Gesicht zu urteilen. Man konnte sehen, wie ihm der letzte Tropfen Blut aus den Zügen wich. Außerordentlich.
Aber ich komme nicht umhin zu fragen, meine Liebe –
wenn du nein sagen wolltest, warum hast du es nicht getan? Es war die perfekte Gelegenheit dafür.«
»Ich … ich …« Ekaterin versuchte ihre Gedanken zu
sammeln, die sich wie Schafe in alle Richtungen zu
zerstreuen schienen. »Es wäre nicht… höflich gewesen.«
»Du hättest sagen können: ›Nein, danke‹«, murmelte
ihre Tante nach einer Pause des Nachdenkens.
Ekaterin rieb sich das taube Gesicht. »Tante Vorthys«, seufzte sie. »Ich habe dich sehr gern. Aber jetzt geh bitte.«
Ihre Tante lächelte, küsste sie auf den Scheitel und ging hinaus.
Ekaterin kehrte zu ihren zweimal unterbrochenen Grübeleien zurück. Sie erkannte, dass ihre Tante Recht hatte.
Ekaterin hatte Miles' Frage nicht beantwortet. Und sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie sie nicht beantwortet hatte.
Ihr wurde der Grund der Kopfschmerzen und der
Magenkrämpfe klar, und die hatten nicht mit zu viel Wein zu tun. Bei ihren Streitereien mit ihrem verstorbenen Mann Tien hatte es nie körperliche Gewalt gegen sie gegeben, obwohl die Wände einige Male seine Faustschläge erdulden mussten. Der Krach hatte sich immer totgelaufen in Tage erstarrter, stummer Wut, erfüllt mit unerträglicher Spannung und einer Art Gram von zwei Menschen, die zusammen in demselben, immer zu kleinen Raum eingesperrt waren und einen weiten Bogen umeinander
machten. Sie hatte immer zuerst nachgegeben,
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zurückgesteckt, sich entschuldigt, versöhnliche Töne
angestimmt – alles, um dem Schmerz ein Ende zu machen.
Tief betrübt nannte man vielleicht diese Emotion.
Dorthin möchte ich nicht mehr zurückkehren. Bitte, lass mich nie mehr dorthin zurückkehren.
Wo bin ich, wenn ich in mir selbst zu Hause bin? Nicht hier, trotz aller
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