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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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Doch im Alter von fünfundzwanzig Jahren erregte es zusehends das Missfallen des inzwischen erwachsenen Erbprinzen - und seiner ehrgeizigen Mutter -, dass Alexander so zäh am Leben hing. Der Krieg von Vater und Sohn erfasste das ganze Reich und verbrauchte seine überdehnten Ressourcen. Der Zorn des Sohns war jedoch kein Gegner für die Erfahrung seines Vaters - oder für Alexanders unerschütterlichen Glauben an seine Göttlichkeit. Das Ergebnis stand von vornherein fest. Die endgültige Niederlage wird jährlich begangen«, sagte Bloom. »Morgen ist der siebte Jahrestag.«
    »So sehe ich die Sache, Mrs. White«, sagte Grove. »Durch diesen Krieg wurde Alexander, der immer schon ein komischer Kauz war, ein noch schwierigerer Fall. Dem Vernehmen nach war Alexander selbst am Attentat auf seinen Vater beteiligt. Und er war definitiv für den Tod seines Sohnes und Erben verantwortlich - und auch für den Tod seiner Frau Roxana, wenn wir schon dabei sind. Nun ist Alexander überzeugter denn je, dass er nichts weniger als ein Gott sei und dass es ihm bestimmt sei, für immer zu regieren.«
    »Aber das wird er nicht«, murmelte Bloom. »Und es wird gewaltig krachen, wenn er schließlich fällt. Wir werden es erleben.«
    Südlich vom Denkmal des Sohnes kamen sie schließlich zu einem Tempel, den Bloom als Esagila bezeichnete - den Tempel von Marduk, Babyloniens Nationalgott. Hier stiegen sie vom Phaeton ab. Emeline blickte auf und sah eine Kuppel auf dem Dach des Tempels, aus der ein Zylinder wie eine Kanone hervorragte. Es war eine Sternwarte, und die »Kanone« war ein erstaunlich modern wirkendes Fernrohr.
    Ein dunkelhäutiger junger Mann lief auf sie zu. Er trug eine graue Mönchskutte und hatte die Hände gefaltet.
    »Mein Gott«, sagte Grove und wurde blass im Gesicht. »Sie müssen Abdikadir Omar sein. Sie sehen Ihrem Vater so ähnlich …«

    »Das höre ich laufend, Sir. Sie sind Kapitän Grove.« Er schaute in die Runde. »Aber wo ist Josh White? Mr. Bloom, ich hatte Ihnen doch geschrieben, dass ich Josh White sehen wollte.«
    »Ich bin seine Frau«, sagte Emeline mit fester Stimme. »Mein Mann ist leider gestorben.«
    »Gestorben?« Der junge Mann machte einen abwesenden Eindruck und schien das kaum zu registrieren. »Ach - oh, Sie müssen mitkommen!« Er ging zurück zum Tempel. »Kommen Sie bitte mit mir in die Kammer von Marduk.«
    »Wieso denn?«, fragte Emeline. »In Ihrem Brief haben Sie das klingelnde Telefon erwähnt.«
    »Nicht das«, sagte er aufgeregt und schien die Anspannung kaum noch auszuhalten. » Das war erst der Anfang. Es hat noch mehr gegeben, gerade erst heute - Sie müssen sich das ansehen …«
    » Was ansehen, Mann?«, fragte Kapitän Grove.
    »Sie ist hier. Das Auge - es ist zurückgekehrt - es hat sich gekrümmt - sie !« Abdikadir wandte sich ab und eilte zurück in den Tempel.
    Die Reisenden folgten ihm konsterniert.

{28}
    ANZUG FÜNF
    Es hatte keine Ähnlichkeit mit einem Erwachen. Es war ein plötzliches Auftauchen, ein Paukenschlag. Ihre Augen waren weit offen und wurden mit gleißendem Licht erfüllt. Sie sog tief Luft in die Lungen und keuchte angesichts der Identitätsfindung.
    Sie lag auf dem Rücken. Der Atem ging schwer, und die Brust schmerzte. Als sie sich zu bewegen versuchte, waren Arme und Beine schwer. Eingeschlossen. Sie war irgendwie gefangen.
    Die Augen waren offen, aber sie vermochte nichts zu erkennen.
    Der Atem ging schneller. Fast hyperventilierte sie. Sie hörte den Atem laut in einem abgeschlossenen Raum. Sie war irgendwo eingesperrt.
    Sie zwang sich zur Ruhe. Sie versuchte zu sprechen und merkte, dass ihr Mund verkrustet und trocken war - die Stimme ein bloßes Krächzen. »Myra?«
    »Myra kann Sie leider nicht hören, Bisesa.« Die Stimme war weich, männlich und leise, nicht mehr als ein Flüstern.
    Die Erinnerung kehrte wie eine Flutwelle zurück. »Anzug Fünf?« Die Grube auf dem Mars. Das Auge , das sich umgestülpt hatte. Der Puls hämmerte in ihren Ohren. »Wo ist Myra?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht mit ihr in Verbindung setzen. Ich kann mich mit niemandem in Verbindung setzen.«
    »Wieso nicht?«

    »Ich weiß es nicht«, sagte der Anzug deprimiert. »Meine Hauptenergiequelle ist ausgefallen. Ich befinde mich nun im abgesicherten Modus und laufe auf Reserveakkus. Ihre voraussichtliche Lebensdauer beträgt …«
    »Schon gut.«
    »Ich sende natürlich Notsignale.«
    Nun hörte sie etwas. Eine Art Kratzen an der Schale des Anzugs.

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