Waffenschwestern
und hielt die ganze Zeit seine Hand, während er das ganze Grauen rezitierte, das Brun hatte ertragen müssen, sowie das, was womöglich noch darauf gefolgt war. Als er diese zweite Liste abarbeitete, unterbrach Marta ihn.
»Das kannst du nicht wissen … du kannst es nicht wissen, und bis wir es mit Sicherheit erfahren, darfst du deine Kraft nicht durch solche Sorgen verschwenden.«
»Du hast leicht reden …«
»Es war meine Nichte, die du geschickt hast, um Ronnie und George zu retten«, sagte sie lebhaft. »Es ist eben nicht leicht, 350
davon zu reden oder es zu tun, aber Menschen in unserer Stellung tragen Verantwortung. Deine wiegt schwer, geht aber nicht über deine Kraft, wenn du nur aufhörst, die Bürde zu vergrößern, indem du dir noch mehr Grauen ausmalst.«
»Aber Brun…«
»Wenn du dich selbst zermürbst, hilfst du ihr nicht.«
»Ich weiß nicht, was ich tun soll…«
»Wo ist Miranda?« Häschens außergewöhnlich schöne
Gemahlin war unter ihrer Schönheit eine Frau von stählerner Festigkeit und durchaus fähig, ihren Gatten zur Vernunft anzuhalten … und sie war einer der wenigen Menschen, für die das galt.
»Sie ist… wieder auf Castle Rock. Ich wollte sie nicht hier draußen haben.«
»Dann sage ich dir an ihrer Stelle, was du tun sollst. Nimm eine warme Mahlzeit zu dir. Schlafe mindestens neun Stunden lang. Nimm eine weitere warme Mahlzeit zu dir. Rede mit niemandem über irgendwas von Bedeutung, bis du das alles getan hast. Du wirst dich nämlich noch mieser fühlen, falls ein aus Hunger und Erschöpfung resultierendes schlechtes
Urteilsvermögen Bruns Chancen mindert.«
»Aber ich kann nicht schlafen…«
»Dann nimm ein Medikament ein.« Marta legte eine Pause
ein, bis er das verstanden hatte, und fuhr fort: »Häschen, es tut mir wirklich ganz furchtbar Leid, dass das geschehen ist… aber du darfst einfach nicht in diesem Zustand an die Sache
herangehen.«
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»Wer hat dich hergerufen?«, fragte er und schien endlich zu begreifen, dass sie tatsächlich da war.
»Das ist egal. Ich bin hier; ich gehöre hierher, weil diese Leute nur einen Sprungpunkt von meinem Zuhause entfernt sind; und ich nehme dich für den Augenblick unter meine Fittiche, weil ich älter und fieser bin und du es nicht wagen wirst, mich zu schlagen.«
Mit diesen Worten stellte sie eine Verbindung zur
Krankenstation und zur Küche her und wachte über Häschen, bis er einen Teller Suppe und einen Teller Hühnchen mit Reis gegessen hatte. Dann bestand sie darauf, dass er das gelieferte Medikament einnahm, und nickte seinem Kammerdiener zu.
»Lassen Sie ihn nicht vor morgen früh aufstehen oder bis er zehn Stunden geschlafen hat, was davon auch später eintritt.
Sorgen Sie dann dafür, dass er erneut isst.«
Den erstaunten, aber erleichterten Gesichtern der
Umstehenden entnahm Marta, dass niemand sonst den Sprecher hatte zur Vernunft bringen können. Er war schließlich der Sprecher des Großen Rates. Sie spürte, wie sich ihre Lippen kräuselten. Das – diese ganze lächerliche gesellschaftliche Etikette, die dem gesunden Menschenverstand in die Quere kam
– war genau der Grund, warum sie meistens jemand anderen im Rat für sich abstimmen ließ.
Als Nächstes stand ein kurzer Besuch bei Admiral Serrano auf Martas Liste; wie es hieß, sollte der Admiral das Kommando über die Einsatzgruppe übernehmen. Auf Martas Weg durch die endlosen Schichten der militärischen Bürokratie zwischen Vorzimmer und Büro hörte sie, wie ein gepflegter blonder 352
weiblicher Offizier zu einer anderen Frau murmelte: »Naja, es war schließlich Suiza.« Beide schüttelten die Köpfe.
Marta entschied, dass sie die gepflegte Blonde nicht leiden konnte, auch wenn sich das auf nicht mehr gründete als die unmögliche Vollkommenheit ihres Knochenbaus und die Art, wie sie sich herausputzte. Marta sagte nichts, speicherte aber die gehörte Bemerkung trotzdem ab.
Vida Serrano wirkte fast so gehetzt und erschöpft wie
Thornbuckle eben. Marta blinzelte; das hatte sie nicht erwartet.
»Was ist denn mit dir passiert?«
»Lord Thornbuckle«, antwortete Vida. »Er ist auf die ganze Familie Serrano wütend und besonders auf mich.«
»Warum?«
»Weil er denkt, die Zuneigung seiner Tochter zu meiner
Nichte Heris hätte zu dem geführt, was er gefährliche
Interessen‹ nennt. Natürlich hat es diesen bedauerlichen Zwischenfall bei Xavier gegeben, aber der war gewiss nicht Heris' Schuld. Dann habe ich Brun
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