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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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der DDR wurde zu jenem Zeitpunkt an keine Mauer gedacht.
    Auf die Frage der Journalistin von der Frankfurter Rundschau , ob denn die Bildung einer »Freien Stadt« Westberlin bedeutete, dass die Staatsgrenze der DDR am Brandenburger Tor verlaufe, hatte Ulbricht geantwortet: »Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Ich habe vorhin schon gesagt: Wir sind für vertragliche Beziehungen zwischen Westberlin und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Das ist der einfachste und normalste Weg zur Regelung dieser Fragen.« Das ist etwas anderes, als heute von den Medien verbreitet wird. Ulbrichts Devise lautete, und die war auch hier artikuliert: Wir wollen verhandeln! Dass der Westen darauf nicht eingegangen ist, kann nicht der DDR angelastet werden.
    Man kann diese Frage auch nicht von der Weltpolitik trennen. Bekanntlich trafen sich am 3. und 4. Juni 1961 erstmals der sowjetische Ministerpräsident und der US-Präsident. Chruschtschow und Kennedy wollten in Wien über die Einstellung der Kernwaffenversuche, den Abschluss eines Friedensvertrages mit Deutschland und die Regelung der Berlin-Frage verhandeln. Es kam anders. Sie drohten sich gegenseitig mit Krieg. Die Gespräche wurden ergebnislos abgebrochen. Der Frieden stand auf des Messers Schneide. Und die DDR befand sich inmitten dieser Konfliktlage.
    Chruschtschow hatte hoch gepokert. Er hatte erklärt, die UdSSR wolle bis Dezember 1961, also innerhalb von sechs Monaten, mit der DDR einen Friedensvertrag abschließen. Den Organen der DDR sollte die volle Kontrolle über die Zugangswege nach Westberlin zu Lande, zu Wasser und in der Luft übertragen werden.
    Elf Tage danach sprach Walter Ulbricht auf eben jener Pressekonferenz. Er ging davon aus, dass durch den Friedensvertrag mit der DDR, den Chruschtschow bis Jahresende zu schließen angekündigt hatte, die DDR eben jene Kontrolle über die Verbindungswege zwischen Westberlin und der Bundesrepublik übernehmen würde. Warum sollte unter diesen Voraussetzungen die DDR überhaupt eine Mauer errichten?
    Erst am 23. Juli, also mehr als fünf Wochen nach der Pressekonferenz, erhielt der Oberkommandierende der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland den Befehl aus Moskau, Karten der DDR mit dem Grenzverlauf zwischen der DDR und der BRD sowie Stadtpläne Berlins mit der Demarkationslinie zwischen Ost- und Westberlin vorzubereiten. Danach informierte der sowjetische Botschafter Perwuchin die DDR-Führung, dass Chruschtschow befohlen habe, unter strengster Geheimhaltung einen »Plan zur Einführung der Grenzordnung zwischen den beiden Teilen Berlins« auszuarbeiten.
    Ich habe am 3. August 1961 Minister Hoffmann nach Moskau begleitet, wo wir im Stab der Vereinten Streitkräfte alle Maßnahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Oberkommandierenden der GSSD und der Organe der DDR abgestimmt haben. Am 8. August hat Nikita Chruschtschow den Plan der Grenzsicherung zu Westberlin bestätigt.
    In einem Gespräch mit dem BRD-Botschafter in Moskau, Hans Kroll, hat Chruschtschow am 9. November 1961 dies bestätigt, indem er bekannte: Ich habe die Grenzschließung angewiesen. Ohne uns hätte die DDR die Grenze nicht schließen können.Warum sollen wir uns hinter dem Rücken von Ulbricht verstecken? Sein Rücken ist in diesem Fall sowieso nicht so breit.
    Dass heute Politiker und Medien diesen Sachverhalt verschweigen und die Unwahrheit über den 13. August 1961 und seine Hintergründe und Zusammenhänge verbreiten, zeigt doch nur, dass der Westen seine eigenen Sünden vertuschen will.

    1 Rudolf Lindau (1888-1977), in der Sowjetunion Paul Graetz, 1916 Spartakusbund, Gründungsmitglied der KPD , Redakteur verschiedener KPD -Organe, Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft und des Reichstages, Emigration in die Sowjetunion 1934, dort tätig als Historiker und Lehrer an Partei- und Antifa-Schulen, 1945 Rückkehr nach Deutschland, von 1947 bis 1950 paritätischer Direktor der Parteihochschule »Karl Marx«, danach Mitarbeiter des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED . Kontroverse mit Ulbricht, der im Unterschied zu Lindau die Novemberrevolution nicht als sozialistische, sondern als bürgerlich-demokratische Revolution bewertete.
    2 Franz Gold (1913-1977), gelernter Fleischer, KJV 1927, KPT sch 1932. Dienst in der tschechischen Armee, Verhaftung durch die Gestapo nach der Besetzung des Sudetenlandes. Bei Kriegsbeginn in die Naziwehrmacht gepresst, 1941 zur Roten Armee übergelaufen, Mitbegründer

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