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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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rechts und links, und ein Baumgang zwischen denselben. Neu-Trebbin ist ähnlich, wenn ich nicht irre. Neu-Lewin aber (das mit Polen besetzte Dorf) präsentiert sich malerischer. Die Dorfstraße entlang läuft ein Fließ, das auf seiner ganzen Länge von schräg oder auch terrassenförmig ansteigenden Gärten eingefaßt ist. Zwischen den Häusern und diesen Gärten zieht sich rechts und links der Fahrweg. Die Häuser selbst haben vielfach Lauben und Veranden, und der Fußwanderer, der hier an einem Sommerabend des Weges kommt und vor den Häusern das Singen hört, während die dunklen, schöngewachsenen Mädchen mit den klappernden Eimern zum Brunnen gehen, vergißt auf Augenblicke wohl, daß er das verspottete Sumpf- und Sandland der Mark Brandenburg durchreist.
     
    10 Dieser Berg heißt der »Schloßgartenberg« und ist nicht mit dem »Schloßberg« zu verwechseln, der, halben Weges zwischen Freienwalde und Falkenberg gelegen, die Ruinen der alten Uchtenhagen-Burg auf seiner Kuppe trägt.
     
    11 Zu einem solchen »erschließen« war auch in Freienwalde, wie überall im Lande, noch vollauf Gelegenheit gegeben. Denn der Sinn für die »schöne Landschaft« ist wie die Landschaftsmalerei von sehr modernem Datum. Namentlich in der Mark. Die eigentliche märkische Bevölkerung hat noch jetzt diesen Sinn beinah gar nicht, wovon sich jeder überzeugen kann, der an hübschgelegenen Orten einer Vergnügungspartie märkischer Stadt- und Dorfbewohner beiwohnt. Sie sind ganz bei ihrem Vergnügen, aber gar nicht bei der »Landschaft«, der sie in der Regel den Rücken zukehren. Der Berliner »Sommerwohner« ist nicht deshalb so bescheiden in seinen Ansprüchen, weil ihm die märkische Natur nichts bietet, sondern weil es ihm schließlich gar nicht darauf ankommt, ob die Sache so oder so ist.
     
    12 Ist dieser Bericht zuverlässig, und es liegt kein Grund vor, dies zu bezweifeln, so wirft der hier erzählte Vorgang ein interessantes und mancherlei erklärendes Licht auf die beinahe gleichzeitigen Vorkommnisse in Berlin. 1706 stürzte am Schloß der von Schlüter erbaute Münzturm ein und von da ab begann die siegreiche Kabale seiner Gegner. Das Verfahren gegen Schlüter ist immer als hart und ungerecht verurteilt worden. Bringt man nun aber andererseits in Anschlag, daß fast unmittelbar darauf, im Sommer 1707, das »Münzturm-Malheur« sich in Freienwalde wiederholte, so erscheint das harte Verfahren gegen Schlüter um vieles verzeihlicher. Die Kabale bleibt verwerflich, aber der König urteilte nach dem Augenschein. (Neue Arbeiten Professor Adlers haben aus den damaligen Berliner Bauakten ohnehin dargetan, daß Schlüter, bei all seiner Größe und Genialität, doch keineswegs schuldlos war und daß er in allem, was konstruktive Kenntnis angeht, hinter seinem, ihm sonst in keiner Weise ebenbürtigen Rivalen Eosander von Goethe zurückblieb.)
     
    13 Das Schloß Neuenhagen jenseits der Oder ist verhältnismäßig wohl erhalten bis auf den heutigen Tag. Es wird noch bewohnt und bietet, wie wir nicht zweifeln, einen besseren Aufenthalt als mancher moderne Bau. Die alten Uchtenhagen-Räume dienen den verschiedensten ökonomischen Zwecken: das Burgverlies ist ein Wirtschaftskeller, die große Halle eine Waschküche geworden. Ein anderes Zimmer (man verzeihe diesen Exkurs), drin ein schwedischer Oberst in der Nach-Uchtenhagenschen Zeit den Amtmann von Neuenhagen über Strohfeuer rösten ließ, um die verborgenen Schätze zu erkunden, diente, dieser Reminiszenzen unerachtet, noch vor kurzem als Schlafzimmer. Ich hätte mir ein anderes gewählt. Was aber besser als alles andere erhalten ist und mehr als alles andere interessiert, das ist ein gewölbter Raum: jetzt Amtsstube, früher die Schloßkapelle der Uchtenhagens. Die Altarwand, noch vollkommen gut erhalten, ist ein umfangreiches, aus verschiedenen Teilen zusammengesetztes Stuckrelief, das, nach Art solcher Stuckbilder, nicht einen freistehenden Schrein bildet, sondern in das Mauerwerk selber, wie eine Wandverzierung eingelassen ist. Es besteht aus einem Christus am Kreuze, zu dem zwei Heilige aufblicken; dies Hauptstück des Bildes ruht aber auf einer Art Fries, in dessen Feldern wir die symbolischen Figuren des Hahns, des Greifen, des Pelikans und des Wiedehopfs erblicken. – In der Kirche zu Neuenhagen befindet sich übrigens noch ein gut erhaltener Grabstein aus der Uchtenhagener Zeit. Seine Inschrift lautet: »Das Blut Jesu Christi reinigt uns von allen unseren Sünden.

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