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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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verhielt er sich gegen das Alte, dessen Anspruch auf Gültigkeit, und zwar bloß weil es alt, er mit jugendlichem Eifer bestritt. Sein Hahnemann- und Schopenhauer-Enthusiasmus ging aus dieser seiner Geistesrichtung hervor, und er nahm sich dessen an, was er seitens der den Tag beherrschenden Mächte mit Unrecht ignoriert oder befehdet glaubte. So ward er der Freund Hahnemanns und Schopenhauers und zugleich eine Stütze derer, die für beide »Schule« zu bilden begannen.
    Einige haben in all diesem Tun nur Eitelkeit und in Wiesike selbst nichts als einen von einer Koterie geschickt »Eingefangenen« erkennen wollen. Aber der alte kluge Wiesike war nicht der Mann, sich ohne weiteres einfangen zu lassen, und durfte mit Windthorst-Meppen sagen: »wer mich ausnutzen oder hinters Licht führen will, der muß früher aufstehn«. Alles was er der Person wie der Lehre seiner zwei Meister an Huldigungen darbrachte, sproß nicht aus einem sich geschmeichelt fühlenden Mottenburgertum, sondern aus jener innerlichen Kraft und Überzeugung, die da, wo der Glaube versagt, das Wissen gibt, das Zuhausesein in den jeweiligen Disziplinen. Er hatte seinen Schopenhauer immer wieder und wieder gelesen und bot ein geradezu leuchtendes Beispiel dafür, daß der Pessimismus nicht bloß ruiniere, sondern unter Umständen auch eine fördernde humanitäre Seite habe. Wiesike hatte das Mitleid und half immer, wo Hilfe verdient war. Eine vielleicht zu weit gehende Vorstellung von der ungeheuren Bedeutung des Besitzes, ja mehr, ein Stück vom Bourgeois und altmodischen Kleinkaufmann war ihm freilich geblieben. Aber auch das trat sehr gemildert, um nicht zu sagen geläutert auf.
    Ich persönlich kann seiner nicht ohne Dank und Rührung gedenken und zähle die mit ihm verplauderten Stunden zu meinen glücklichsten und bestangelegten. Jedenfalls aber gehört er in seiner für märkische Verhältnisse merkwürdigen Mischung von finanzlicher und philosophischer Spekulation, von Pfadfinder und Sokrates, von Diogenes und Lukull, zu den interessantesten Figuren, die mir auf meinem Lebenswege begegnet sind.
     
7. Kapitel
     
Rückblick
    Wir nehmen Abschied von Schloß Plaue, das der Wandlungen durch ein halbes Jahrtausend hin so viele sah: Georg von Waldenfels erhob den kurfürstlichen Brückenzoll und der alte Zollwächter Gerimsky jagte, vierhundert Jahre später, den Handwerksburschen auf seinem Klepper nach und nahm ihnen als Pfand die Mütze vom Kopf; Friedrich von Görne schuf das Plauer Porzellan und Wilhelm von Anhalt tanzte Contre und Kegelquadrillen und ließ die Stadt Plaue durch den Nachtwächter als Dorf ausrufen. Dann kamen die Königsmarcks und gründeten ihrem Ruhm ein Ruhmesmuseum, und beinah gleichzeitig erschien K. F. Wiesike dem Schlosse gegenüber und schuf an eben der Stelle, wo die »große Büchse« gestanden hatte, das unfruchtbare Sand- und Sumpfland in ein Garten – Eden um und machte seine Studierstube zur Kultusstätte für Hahnemann und Schopenhauer. Aber alles ist vergessen oder wird vergessen sein, wenn die Geschichte noch immer von dem Ersten an dieser Stelle, von Johann von Quitzow erzählt, der den Mecklenburger Herzog in das Burgverlies warf und den das Wiehern seines Rosses verriet, als er sich auf der Flucht im Havelröhricht verbergen wollte. Das Kleine vergeht, das Große bleibt. Denn ein Großes war es, als unter dem Hinschwinden einer willkürübenden Adelsmacht die Gesetzlichkeit hier einzog und mit dieser Gesetzlichkeit eine neue Zeit begründete.
     

Hoppenrade
     
1. Kapitel
Erster Besuch in Hoppenrade. Die Legende von der Krautentochter
    Es sind jetzt zwanzig Jahre, daß ich, gleich bei Beginn meiner Arbeiten über Ruppin und Rheinsberg, zum ersten Male nach Hoppenrade kam. Ein Freund, der es schon oberflächlich kannte, hatte für jenen Tag die Führung übernommen, und nicht ohne Neugier und Erregung war es, daß ich nach dem »verwunschenen Schlosse« hin aussah, als wir in unserer hin- und herschwankenden und noch altmodisch in C-Federn hängenden Halbchaise die große Rüsterallee hinauffuhren. Aber der Gegenstand unserer Neugier verbarg sich bis zuletzt, und wurd' erst sichtbar, als wir unmittelbar vor ihm hielten. Er lag da wie herrenloses Eigentum.
    »He, Holla!« Und der Kutscher knipste begleitend mit der Peitsche.
    Niemand aber kam uns zu begrüßen, freilich auch niemand uns den Zutritt zu wehren, und so halfen wir uns denn schließlich selbst, öffneten die nur angelegte Tür und stiegen an

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