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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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und Dorf eingeschobenes Stück Wiesenland auf ein niedriges und dicht von Kürbis umwachsenes Haus zu, darin das alte Mütterchen und mit ihr die Dorftradition wohnen sollte. Wir fanden sie nicht gleich, das Häuschen war leer, im Garten aber kniete sie vor einem Beet und sammelte kleine rotschalige Zwiebeln in ein neben ihr stehendes Metzmaß.
    Als sie verständigt worden war, um was wir gekommen, erhob sie sich zu Gruß und freundlicher Anrede. Sie war überhaupt sehr artig, sprach Hochdeutsch, in das sich nur dann und wann ein paar plattdeutsche Wörter einmischten, und wollte uns durchaus in ihre Stube führen. Aber wir baten sie zu bleiben, was sie zuletzt auch annahm und nur auf einen Backtrog zeigte, der umgestülpt unter ein paar Zwetschenbäumen lag. Auf diesem Troge nahmen wir Platz und kaum daß ich mich zurecht gerückt hatte, begann ich auch schon mit allerhand Fragen wegen der Bredows. Als ich aber merkte, daß sie von dem allen nicht viel oder eigentlich so gut wie nichts wußte, weil es vor ihrer Zeit gewesen war, so ließ ich die Bredows fallen und leitete das Gespräch auf die Frau von Arnstedt hinüber, »die müsse sie doch noch gekannt haben«.
    »Ob ich die gekannt habe! Solange ich denken kann. Ich war ja schon drüben, als das älteste Fräulein geboren wurde, das Rosalchen, die nachher den Wülknitz heiratete, den Kammergerichtsrat, der bis voriges Jahr unsere Herrschaft war. Ach, das war eine himmlisch gute Frau, die hatte den lieben Gott im Herzen und unsern Herrn Christus auch. Und das Fräulein Klara, die ja nu wieder die Tochter von der Frau von Wülknitz war...«
    »Aber liebe Frau Staegemann. Sie wollten mir ja von der Frau von Arnstedt erzählen.«
    »Richtig, von der Frau von Arnstedt, von unsrer ersten gnädigen Frau. Nu, die war ja schon ein Erbkind, als sie noch kaum geboren war, und erbte denn auch das große Krautenerbe, das von Vater und Vaterschwester herkam. Und weil es jeder gern haben wollte, nämlich das Krautenerbe, so nannten sie sie die Krautentochter. Und so hat sie geheißen bis an ihr seliges Ende. Denn das wird sie doch wohl gehabt haben. Aber all das, ich meine das mit der Erbschaft, das war lange vor meiner Zeit, und als ich aufs Schloß kam, da war sie ja schon die Frau von Arnstedt, und eine sehr schöne Frau, so Mitte Dreißig, und immer drüben in Rheinsberg. Und hatte damals drei Kinder. Das heißt drei Kinder von ihrem dritten Mann. Denn sie war schon zweimal vorher verheiratet gewesen, erst mit Elliot und dann mit Knyphausen.«
    »Und dann erst mit Arnstedt?«
    »Wohl, dann erst mit Arnstedt. Das war der dritte, der Rittmeister. Und als sie noch mit Elliot verheiratet war, da war ja das Duell.«
    »Das Duell?«
    »Ja, das Duell, weil sie den Englischen nicht leiden konnte. Und warum nicht? Weil er ihr zu englisch und auch zu eifersüchtig war, worin er aber wohl recht hatte. Denn sie schrieb sich immer Briefe mit Knyphausen, und drüben im Park ist noch der Baum, in den sie die Liebeszettel immer hineinlegten. Aber Elliot erfuhr es, und als er einen Brief las, in dem alles drin stand, da schossen sie sich, und Elliot kriegte was weg, aber nicht viel, bloß einen Streifschuß. Und dann ging er in die weite Welt.«
    »Und ist auch nie wiedergekommen?«
    »O doch. Aber bloß ein einzig Mal, als er die kleine Miß abholen und mit nach England nehmen wollte. Das heißt heimlich und listig und mit Gewalt. Oh, wie habe ich dem lieben Gott immer gedankt, daß ich damals noch nicht Kindermuhme war, ich hätte den Tod gehabt, wenn ich so was erlebt hätte. Denn wie kam er denn? In einer feinen Kutsche kam er und bei hellem lichten Tag, aber er fuhr nicht vor und nicht auf die Rampe, sondern bloß immer um den Park herum. Und als er an die Stelle kam, wo das Kind spielte, denn er mußte wohl seine Kundschafter gehabt haben, da sprang er mit eins heraus und nahm das Kind und das Spielzeug und die große Puppe, die grad auf der Wiese lag, und wie der Blitz wieder in seine Kutsche hinein und heidi vorwärts über den Sturzacker und die Stoppelfelder, immer grad aus bis England.«
    Ich tat noch allerlei Fragen, alles indessen, was sie mir antwortete, war eigentlich nur Wiederholung. Es zeigte sich deutlich, daß die Geschichte von dem Briefwechsel und dem Duell, und mehr noch die Geschichte von der Entführung der kleinen Miß Elliot einen Eindruck auf sie gemacht hatte; der Rest aber war vergessen oder blieb im Dunkel.
    Eine Stunde später schied ich von Hoppenrade, fest

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