Wanderungen durch die Mark Brandenburg
entschlossen, das Dunkel nach Möglichkeit zu lichten. Aber es wollte nicht glücken. Die Memoiren aus jener Zeit, soweit sie mir damals bekannt und zugänglich waren, ließen mich im Stich, und die Rheinsberger Gegend, in der im allgemeinen die Prinz-Heinrich-Traditionen immer noch frisch und lebendig sind, gewährte mir fast noch weniger, als die Prinz-Heinrich-Literatur.
Ich gab es schließlich auf und hatte meinen ersten Besuch in Hoppenrade fast schon vergessen, als ein glücklicher Zufall mich erfahren ließ, daß auf einem alten Knyphausenschloß, und zwar auf Schloß Lützburg in Ostfriesland, eine Familienchronik existiere, darin sich in bezug auf Elliot und Knyphausen alles finde, was ich nur irgendwie wünschen könne. Die Reise dahin schob sich jedoch abermals hinaus, bis ich schließlich für alles Warten und alle Mühe reichlich belohnt wurde.
Was ich in folgendem gebe, besonders in den mittleren Kapiteln, ist zu wesentlichem Teile der erwähnten Lützburger Chronik entnommen. Andres stammt aus Briefen und Prozeßakten, noch andres aus den mir erst neuerdings zu Händen gekommenen Thiébaultschen »Souvenirs«. Auch in Hoppenrade selbst habe ich noch allerlei kleine Züge für diesen Aufsatz und seine Heldin einzusammeln vermocht.
So viel zur Einleitung.
Ich beginne nunmehr damit, über das bisher nur andeutungsweis Gesagte hinaus, in nachstehendem festzustellen, wer die Krautentochter und was das Krautenerbe war.
2. Kapitel
Wer war die Krautentochter? Und was war das Krautenerbe?
Es ist also von der Krautentochter und dem Krautenerbe, das ich in nachstehendem erzählen will. Aber das Krautenerbe (der wahre Nibelungenhort in dieser Geschichte) war eher da, weshalb ich mit ihm beginne.
Was war das Krautenerbe?
Das Krautenerbe, das eigentlich ein Bredowerbe war, umfaßte das in der Südostecke des jetzigen Kreises Ruppin gelegene, mit einzelnen Begüterungen auch in den uckermärkischen Kreis Templin übergreifende »Land Löwenberg«.
Dies aus drei Hauptteilen, aus dem eigentlichen Löwenberg, aus Liebenberg und drittens und letztens aus Hoppenrade bestehende »Land Löwenberg« gehörte seinerzeit den Bischöfen von Brandenburg und wurde von einem derselben, unter gleichzeitiger Ausstellung einer Belehnungsurkunde, dem Hans von Bredow aus der Friesacker Linie verkauft.
Das war 1460.
Von dieser Zeit an (1460) war das Land Löwenberg etwa hundertundfünfzig Jahre lang in unausgesetztem Besitze der Bredows. Sie gingen bei den Bischöfen von Brandenburg und später, nach der Säkularisation, bei dem Landesherrn zu Lehn.
Erst im siebzehnten Jahrhundert änderten sich diese Verhältnisse. Kurz vor dem Dreißigjährigen Kriege kam das eigentliche Löwenberg und kurz nach demselben auch Liebenberg in fremde Hände, so daß, von etwa 1652 ab, die Bredows an eben dieser Stelle nichts anderes mehr besaßen, als den verhältnismäßig kleinen Anteil Hoppenrade.
So verblieben die Dinge geraume Zeit, bis der Abschluß einer reichen Heirat einen plötzlichen Wandel zum Guten und fast bis zur Wiederherstellung ehemaligen Glanzes schaffte. Dies war 1715. In diesem Jahre vermählte sich Joachim Heinrich von Bredow, Dompropst zu Havelberg, Erb- und Lehnsherr auf Hoppenrade, mit Konstanze Amalie Sophie von Kraut, Tochter des Geheimen Finanzrats und Nichte des Ministers von Kraut, und gelangte dadurch in den Besitz eines so bedeutenden Vermögens, daß der Rückkauf des eigentlichen Löwenberg, das stets den Hauptteil des sogenannten »Landes Löwenberg« ausgemacht hatte, stattfinden konnte.
Von diesem Zeitpunkt (1724) an, war »Land Löwenberg« – mit alleiniger Ausnahme der ein für allemal abgetrennten Liebenberger Anteile – wieder in Bredowschen Händen, und nur in einem wichtigen Punkte hatten sich die Verhältnisse geändert: aus dem großen Löwenberger Anteil, i.e. Loewenberg proprium, war, infolge der Verkaufs- und Rückkaufsprozeduren, ein seiner ehemaligen Lehnsguts-Eigenschaften entkleideter Besitz geworden, aus welcher immerhin wichtigen Umwandlung das resultierte, daß das gesamte »Land Loewenberg« nunmehr einen gemischten, juristisch und erbrechtlich ungleichen Güterkomplex darstellte, dessen kleinerer Teil, Hoppenrade, Lehnsgut geblieben, dessen größerer Teil aber, das eigentliche Löwenberg, Allod oder ein frei verfügbarer Besitz geworden war. Aus dieser, allem Anscheine nach, damals als gleichgültig oder wenigstens unwichtig angesehenen erbrechtlichen Verschiedenheit,
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