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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ergaben sich, wie wir im weiteren ersehen werden, arge Verwicklungen, in betreff deren freilich anerkannt werden muß, daß sie vielleicht ausgeblieben wären, wenn die Verhältnisse dem gesamten »Löwenberger Land« oder, was dasselbe sagen will, dem großen Bredowerbe gestattet hätten, ein Bredowerbe zu bleiben. Die Verhältnisse führten aber umgekehrt zu dem Versuche (der denn auch glückte), das Bredowerbe durch Testamentsbeschluß in ein Krautenerbe zu verwandeln.
    Uns aber erübrigt es nunmehr, in nachstehendem zu zeigen, worin die direkte Veranlassung zu solcher Umwandlung lag.
    Die Veranlassung dazu lag in einem häuslichen Unglück, von dem sich das dompröpstlich Bredowsche Paar, nachdem demselben zwei Söhne geboren worden waren, betroffen sah. Beide Söhne wurden geisteskrank, und als sich nach längerer Zeit ihre Geisteskrankheit als unheilbar herausstellte, war für die Dompröpstin von Bredow, geborene von Kraut, die Notwendigkeit gegeben, über das Erbe, das von ihren zwei Söhnen nicht angetreten werden konnte, zugunsten anderer Personen zu verfügen. Dies geschah denn auch in einem Testamente vom Jahre 1745. In eben diesem Schriftstücke setzte sie fest, daß nach ihrem, übrigens unmittelbar danach tatsächlich erfolgenden Ableben
    1. die Verwaltung der Gesamtgüter an eine Vormundschaft überzugehen und
    2. eben diese Vormundschaft für das leibliche Wohlergehen ihrer unglücklichen Söhne Sorge zu tragen habe. Nach dem Hinscheiden derselben aber solle
    3. das Gesamterbe, weil es von Krautengeld erstanden sei, nicht an die Bredowfamilie, sondern an die Krautenfamilie fallen.
    Und hiernach wurde denn auch in allen Stücken verfahren und nach erfolgtem Tode der Testierenden eine Vormundschaft eingesetzt, die sich nicht nur die Verwaltung der Güter, sondern, wie vorgeschrieben, auch die leibliche Pflege der beiden überlebenden Söhne der Dompröpstin angelegen sein ließ. Als am 3. August 1788 auch der letzte dieser beiden Söhne, der in seiner Jugend als ein durch Leibes- und Geistesgaben ausgezeichneter Offizier im Regiment der Leibkarabiniers gestanden, aus dieser Zeitlichkeit geschieden war, war nunmehr der Moment da, wo das Gesamterbe, dem Testament gemäß, an die Krautenfamilie fallen mußte. Dem Testament, aber nicht dem Rechte gemäß. Die Dompröpstin, unausreichend oder übel beraten, hatte das Lehngut Hoppenrade, das seit 1460 unausgesetzt ein Bredowsches Eigentum gewesen und durch Krautengeld nicht erst rückerworben war, irrtümlicherweise mit wegtestiert, und dadurch das Lehnserbrecht der Bredowschen Familie verletzt, die denn auch mit ihrem Protest dagegen nicht säumte.
    So viel zunächst über das Krautenerbe. Sie aber, der dies Erbe zufiel, war die Krautentochter, und im Hinblick auf diese stellen wir nunmehr die zweite Frage:
     

Wer war die Krautentochter?
     
    Wer war die Krautentochter? Sie war die Erbnichte der in vorstehendem oft genannten Dompröpstin von Bredow, geborenen von Kraut, zugleich Heldin unserer Geschichte, das einzige Kind des Obersten und Barons von Kraut, Hofmarschall am Hofe des Prinzen Heinrich von Preußen.
    Über ihn, diesen Hofmarschall von Kraut, zunächst ein Wort.
    Karl Friedrich von Kraut wurde 1703 als der Sohn des Geheimen Kriegsrats von Kraut (Bruder des Ministers von Kraut) in Berlin geboren. Als er 1723, nach Ableben von Vater und Oheim, ein sehr bedeutendes Vermögen ererbt hatte – die zweite Hälfte desselben fiel an seine Schwester die Dompröpstin – ging er, zwanzig Jahre alt, nach Paris, um in der französischen Armee Dienste zu nehmen, in der er sich alsbald auch hervortat und zum Obersten aufstieg. Näheres über diesen französischen Waffendienst hab' ich nicht in Erfahrung bringen können, auch nicht wie lange derselbe dauerte. Keinenfalls indes wird er über das Todesjahr seiner Schwester hinaus ausgedehnt worden sein, in welchem Jahre (1745) ihn eben diese Schwester nicht nur zum Vormund über ihre beiden geisteskranken Sohne, sondern auch zum ersten Kurator über das große Bredow- beziehungsweise Krautenerbe bestellte. Dieser seiner Aufgabe sich unterziehend, begegnen wir seinem Namen von 1746 an bis an seinen Tod in den Rechnungs- und Kirchenbüchern des Landes Löwenberg. Er zeigte sich übrigens gleichzeitig beflissen, bei seiner Rückkehr nach Preußen auch in den Staatsdienst oder wenigstens in eine Hofstellung einzutreten und wurde zu nicht genau zu bestimmender Zeit Hofmarschall am Prinz Heinrichschen Hofe.

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