Wanderungen durch die Mark Brandenburg
aller Wahrscheinlichkeit nach nichts im Wege stehen werde, worauf hin ich mich, von Britz aus, in die Stadt begab. Aber sehr zur Unzeit, da bereits am anderen Morgen auf eine von Baruth her an das Kammergericht gerichtete Requisition meine Verhaftung erfolgte. Beiläufig eine Dummheit, insoweit das Kammergericht dieser Requisition keine Folge zu geben brauchte, vielleicht nicht einmal durfte. Sechs Tage später erst wurd' ich auf Fürsprache des Herrn von Hertzberg und nach eidlicher Versicherung meinerseits, mich wieder stellen zu wollen, aus der Haft entlassen, nachdem ich all die Zeit über in der Hausvogtei (ganz wie Vetter Dodo nach seinem Duell mit Herrn von Bredow) eingesperrt gewesen war. Zwei Landreiter vor meiner Tür.
Ich hatte bei meiner Hierherkunft wenigstens gehofft, vor einem aus der Duellgeschichte hergeleiteten Kriminalprozeß sicher zu sein, aber sehr mit Unrecht; ein schändlicher Kerl, der Generalfiskal, hat mich, auf ich weiß nicht welche Veranlassung hin, denunziert und so wird denn doch ein Prozeß stattfinden, an dem ich wiederum das am meisten beklage, daß er mutmaßlich große Kosten verursachen wird. In meinem nächsten Briefe werde ich wohl von diesem Prozesse zu berichten haben. Bis dahin und für immer in tiefstem Respekt Ihr ergebener und gehorsamer Sohn George.
Berlin, den 15. August 1783.
Mein hochverehrter Herr Vater. Meine Verhöre sind beendigt. Bei der Unzahl von Zeugen, die sowohl die Fürstenberger wie die Baruther Affäre gehabt hat, hab' ich in bezug auf das Tatsächliche nichts verheimlichen können, aber in bezug auf alles das, was vorausging, habe ich vieles unterdrückt, entstellt und gedreht, um unseren Streit als ein »Renkontre« und nicht als ein »Duell« (worauf härtere Strafen stehn) erscheinen zu lassen. Im übrigen brauch' ich Ihnen nicht zu versichern, mein hochgeehrter Herr Vater, wie sehr man bemüht gewesen ist, mich, besonders bei Behandlung des »delikaten Punkts«, in die Enge zu treiben.
Sie haben, so schreiben Sie mir, von den Gerüchten gehört, die betreffs meiner umgehen, und verlangen Aufklärung darüber. Was mir zu sagen obliegt, ist kurz das: alle diese Gerüchte sind begreiflich und erstaunen mich nicht. Ich habe, dies bitt' ich rund heraus versichern zu dürfen, zu viel Vertrauen und Entgegenkommen, zu viel versöhnlichen Geist und Delikatesse gezeigt, um auf ein volles Verständnis meiner Handelsweise rechnen zu können. Am wenigsten bei dem großen Haufen. Ich begegne hier tagtäglich Personen, auch Gebildeten, die mir ihre Verwunderung darüber ausdrücken, daß ich aus meiner Fürstenberger Situation nicht größeren Vorteil gezogen und die mir günstig gesinnte Bevölkerung nicht einfach zum Angriff gegen Elliot angeregt habe. Wohlan, soviel ist gewiß, daß ich bei solchem Verfahren in meinem vollen Recht gewesen wäre. Doch lag es mir fern, mein Recht in solcher Ausdehnung üben zu wollen. Wieder andere begreifen nicht und tadeln mich bitter, einem solchen Gegner die von ihm so sehr gewünschte »Erklärung« und in eben dieser Erklärung die Verzeihung für all seine Tollheiten gegeben zu haben. Und alle solche Vorwürfe muß ich ruhig hinnehmen. Es gibt eben wenig Personen, die von Generosität eine Vorstellung haben und sich klar machen, daß ein Ehrenhandel etwas anderes ist und einer anderen Beurteilung unterliegt, als ein Zivil- und Kriminalprozeß. Eine noch geringere Zahl von Menschen erwägt die Macht des Moments, und wie sehr der Moment angetan war, mich wenigstens vorübergehend zugunsten Elliots zu stimmen. Er schoß in die Luft, statt auf mich, und das alles, nachdem er mir eine Minute zuvor in Gegenwart meines Sekundanten erklärt hatte, »daß er, wenn ich ihn nicht rehabilitierte, sich selber eine Kugel durch den Kopf jagen müsse.«
Daneben freilich, mein teurer Herr Vater, soll nicht bestritten sein, daß im Laufe dieser Angelegenheit auch meinerseits allerhand Unklugheiten und Unvorsichtigkeiten begangen wurden, Unvorsichtigkeiten, die gewiß zu tadeln sind, aber unter gewöhnlichen Verhältnissen jedenfalls minder tadelnswert erscheinen würden. Ich hatte nur von Anfang an das Unglück, in diesem Ehrenhandel mit einem Menschen engagiert zu sein, der, schon von Natur ein Narr, bei jedem aussbrechenden Streit ein Verrückter, ein Tobsüchtiger wird.
Ich hoffe, mein teurer Vater, daß dies der letzte Kummer ist, den ich Ihnen bereitet habe. Wenn ich Ihnen wieder schreibe, so wird es geschehen, um Ihnen
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