Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Beeren, diese Kirche, welche vor diesem
sehr klein, unsauber und unordentlich war, aus mei-
nen eigenen Mitteln zwanzig Schuh ins Best2) zu ver-
längern, und ein Begräbnisgewölbe, neuen Altar,
Kanzel, Chöre, Fenster, Türen, Leichenhalle und
Stühle, alles neu verfertigen lassen, und ist solcher
Kirchenbau mit der Malerei vollends Anno 1670 ge-
endigt worden. Pfarrer ist zu dieser Zeit Salomon
Sannovius, aus Münchberg bürtig. Gott erhalte diese
Kirche und behüte sie vor Krieg und Feuersbrunst,
und gebe, daß sein heiliges Wort darin lauter und
unverfälscht gepredigt und die heiligen Sakramente
nach Christi Einsetzung administrieret werden bis
zum lieben Jüngsten Tag.«
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Rechts und links vom Altar befinden sich Kirchen-
stühle mit den Wappen folgender Familien: von
Schapelow, von Berfelde, von Rilicher, von Promnit-
zer, von Stosch, von Haubitz, von Loeben, von Ha-
cke, von Redern, von Schulenburg, von Roebel, von
Wenkstern. An andrer Stelle die Kriegs- und Gedenk-
tafeln.
Von eigentlichen Sehenswürdigkeiten innerhalb der
Kirche verbleiben noch das Grabmonument und das Grabgewölbe .
Das Grabmonument – ein trophäenartig aufgebautes Epitaphium – wurde durch Friedrich von Derfflinger
dem Andenken seines Vaters errichtet. Es hebt sich
von einer gemalten Wappendecke ab und muß ehe-
dem sehr prächtig gewesen sein. Den Mittelpunkt
bildet ein Steinsarkophag, in dessen flacher Vertie-
fung der Derfflingersche Feldmarschallsstab liegt. Er
ist, wurmstichig, in zwei Teile zerfallen; an beiden
Teilen der Sammet abgerissen und nur die vergolde-
ten Nägel noch sichtbar, die früher den Sammet hiel-
ten. Über dem Sarkophag erhebt sich die schon er-wähnte Derfflinger-Büste: ausdrucksvolles Gesicht;
ziemlich mager; die einzelnen Teile, mit Ausnahme
der prononcierten Nase, eher klein als groß. Dazu
langes, lockiges Haar und kleiner Schnurr- und Kinn-
bart. Einiges, das hierin von Paulis gegebener Schil-
derung abweicht, ist auf den Unterschied der Jahre
zurückzuführen. Über der Büste ein schwebender
Engel, dessen rechte Hand leider abgebrochen ist.
Unter dem Sarkophage die Grabschrift, die neben
Namen, Titel, Würden und Besitzungen zugleich auch
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Zeit und Ort seiner Geburt und seines Todes gibt. –
Dies ist das eigentliche Epitaphium. Zu seiner weite-
ren Dekoration dienen zwei Standarten, die, diver-
gierend gestellt, nach rechts und links hin über den
Sarkophag hinausragen. Beide sind von gleicher Be-
schaffenheit: die blauseidenen Fahnentücher mit
Fransen und Quasten geschmückt. Ihr Emblem be-
steht in einem nach außen gerichteten Arm, der ein
Schwert führt, und darunter eine Flamme. Am obe-
ren und rechtsseitigen Rande liest man in großen
lateinischen Buchstaben: »Agere aut pati fortiora.«
Nach allem ist anzunehmen, daß es Dragoner standarten waren, vielleicht von Derfflingers eigenem
Regiment. Über ihre brandenburgische Zugehörigkeit
lassen die metallenen Fahnenspitzen keinen Zweifel.
Die eine zeigt in zierlich durchbrochener Arbeit einen
einköpfigen Adler mit der kurfürstlichen Krone, die
andre die Chiffre F. III. (Friedrich III.) und darüber
die gleiche Krone.
Das Grabgewölbe Derfflingers befindet sich unter dem Altar. Eine Falltür führt hinab, aber sie pflegt
sich keinem Besucher mehr zu öffnen. Diese Maßre-
gel wurde nötig infolge von Unbilden, denen die irdi-
schen Überreste des alten Helden durch viele Jahre
hin ausgesetzt waren. Er lag, so hört ich, ein volles
Jahrhundert lang in seiner Gruft, ohne daß sich
Freund oder Feind um ihn gekümmert hätte. Erst als
vor vierzig oder fünfzig Jahren der Sinn für das Hei-
mische lebendig zu werden begann, kamen Reisende
von nah und fern, die den alten Derfflinger sehen
wollten. Ja, mit der Zeit wurd es Mode, neben dem
schönen Gusower Park auch die Gruft des alten
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Feldmarschalls zu besuchen. Eine Mischung von Fri-
volität und Kuriositätenkrämerei fing an ihr Spiel zu
treiben, und eh ein Dutzend Jahre um war, lag der
alte Feldmarschall, wie von Kroaten geplündert, in
seinem halb erbrochenen Sarge, nur noch mit zwei
großen Reiterstiefeln angetan, die man ihm wohl
oder übel gelassen hatte. Dagegen mußte schließlich
Remedur geschafft und der Sarg vor profaner Neu-
gier oder Schlimmerem geborgen werden. So wurde
denn der Tote samt der zerbrochenen Sargkiste, dar-
in er lag, in einen schweren Eichensarg gesetzt und
der Deckel
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