Wanderungen durch die Mark Brandenburg
ein für allemal geschlossen. (Nach Aussa-
gen solcher übrigens, die bei dieser Umbettung ihn
sahen, wäre seine frühere Kleidung: einfaches Wams
und schwarze Hosen, noch sehr wohl erkennbar ge-
wesen.)
Mit Worten Paulis aber, des ersten Derfflingerschen
Biographen, nehmen wir Abschied von unsrem Hel-
den: »Er erreichte das höchste Alter in höchsten Eh-
ren. Das Alter allein hat keinen Anspruch auf unsere
Ehrerbietung, aber wo wir Weisheit und den Sieg der
Vernunft über Leidenschaft und Vorurteil mit ihm
gepaart finden, da wird es uns ehrwürdig und lie-
benswert. Alles dies verband Derfflinger mit einer
ungeheuchelten Gottesfurcht. Er unterhielt dieselbe
durch Johann Arnds ›Wahres Christentum‹, das er
sich fleißig vorlesen ließ. Unschuld und fromme Sitte
bereiteten ihn sein Leben lang auf jenen Augenblick
des Todes vor, der ein Schrecken der Gottlosen, aber
die Zuversicht und der Frieden der Frommen ist.«
1157
1. Derfflinger-Portraits befinden sich im Potsda-
mer Stadtschloß, im Feldmarschallssaal des
Kadettenhauses und im Besitz Seiner Kaiser-
lich-Königlichen Hoheit des Kronprinzen. Ein
viertes (ebenfalls ein Derfflinger zu Pferde)
befand sich in der Spandauer Straße, im
»Pötterschen Hause«, Ecke der Parochialstra-
ße. Graf Lippe, dem ich diese Notiz entneh-
me, spricht die Vermutung aus, daß es aus
dem Stadtschlosse des Feldmarschalls Frei-
herrn von Sparr, der in der genannten Straße
ein jetzt zum Hauptpostamt gehöriges Haus
besaß, hierher gelangt sein könne. Neben
diesen Ölbildern kommen ein im Kupferstich-
cabinet befindlicher Stich und eine vom kur-
fürstlichen Medailleur Höhn herrührende,
schon erwähnte Medaille in Betracht. Sie wird
in der Königlichen Medaillensammlung aufbe-
wahrt und wurde vom Historienmaler Profes-
sor Kretschmer für sein bekanntes Ölgemälde
»Landung des Großen Kurfürsten auf Rügen«
benutzt. Der weiße Dragonerrock Derfflingers
befindet sich im Königlichen Zeughause.
2. So find ich in dem Derfflinger-Aufsatze Graf
Lippes, der seinerseits eine beglaubigte Kopie
Pastor Baltzers in Gusow benutzte. Weshalb
ich mir auch keine Änderung erlaubt habe.
Täuscht mich indessen mein Gedächtnis nicht,
so muß es heißen: zwanzig Schuh ins Licht zu
verlängern.. Ein Gebäude hat soundso viel
Fuß »im Lichten«, im Gegensatz zu dem Ge-
1158
bäudebrutto, wo die Dicke der Mauer mitge-
rechnet wird.
Schloß Friedersdorf
Ich kenne die Türme, die Zinnen,
Die steinerne Brücke, das Tor.
In der Nähe von Gusow liegt Friedersdorf, seit Ende
des siebzehnten Jahrhunderts im Besitze der Familie
von der Marwitz.1)
Vom Städtchen Seelow aus erreicht man es in einer
Viertelstunde. Die Landschaft ist reizlos, im wesentli-
chen auch das Dorf, und erst in der Mitte desselben,
wo wir die Parkbäume, die bis dahin den Hintergrund
des Bildes bildeten, in einem flachen, weit gedehnten
Teiche sich spiegeln und die weißgrauen Wände des
Schlosses durch das ziemlich dichte Laubwerk hin-
durchschimmern sehen, wird es uns leichter ums
Herz. Und jetzt noch eine Biegung, und durch eine
von zwei Obelisken gebildete Einfahrt hin führt uns
unser Weg bis vor die gastlich geöffnete Tür.
Das Friedersdorfer Herrenhaus ist so recht das, was
unsere Phantasie sich auszumalen liebt, wenn wir
von »alten Schlössern« hören. Die Frage nach dem
Maß der Schönheit wird gar nicht laut; alles ist cha-
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raktervoll und pittoresk, und das genügt. Auch hier.
Die Front- und Seitengiebel sind staffelförmig mit
Türmchen besetzt, und die hohen und deshalb
schmal erscheinenden Fenster mit ihren desto breite-
ren Pfeilern dazwischen steigern nur den Eindruck
des Eigentümlichen und geben ein Ansehen von Halt
und Festigkeit. Rosenbäume wachsen über die Glas-
tür hinaus, die von der Halle her in Park und Garten
führt, vor der Front des Hauses aber, inmitten eines
von Kieswegen umzirkten und von mächtigen alten
Kastanien überschatteten Grasplatzes, stehen ein
paar gußeiserne Böller und mahnen an den kriegeri-
schen Geist, der hier durch viele Generationen hin
lebendig war.
Wir betreten das Haus und verwundern uns über
seine Raumfülle. Das macht, es stammt noch aus
jener vornehmen Zeit her, wo man die vorhandene
Gesamträumlichkeit in wenige imposante Gemächer
teilte, statt sie wie jetzt in zahllose Stuben und Stübchen hotelartig zu verzetteln. Die Baumeister waren
damals noch bei keinen
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