Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Kö-
nig immer höchst unzufrieden, andere Offiziere wur-
den dem tapfern Gensdarmenobersten vorgezogen,
und Marwitz forderte seinen Abschied. Der König
verweigerte ihn. Neue Kränkungen blieben indes
nicht aus, und Marwitz kam abermals um seine Ent-
lassung ein. Keine Antwort. Da tat Johann Friedrich
Adolf keinen Dienst mehr und blieb ein ganzes Jahr
lang zu Hause. Nun lenkte der König ein und ver-
sprach ihm das nächste vakante Regiment. Aber
vergeblich. Er ließ antworten: er habe so gedient,
daß er sich kein passe-droit brauche gefallen zu las-
sen; was geschehen sei, sei geschehen und könne
kein König mehr ungeschehen machen. Zugleich for-
1173
derte er zum drittenmal seinen Abschied und erhielt
ihn nun (1769).
Er war damals erst sechsundvierzig Jahre alt. Das
Ende seines Lebens entsprach nicht dem ruhmrei-
chen Anfang. Aller regelnden Tätigkeit und jener
wohltätigen Disziplin, die der »Dienst« auf die Kräfte
und Leidenschaften starker Naturen ausübt, überho-
ben, verfiel er einem glänzenden Müßiggange, den er
nunmehr mit derselben Konsequenz und Energie wie
früher seine soldatischen Tugenden durchführte. Den
größten Teil des Tages verbrachte er beim Spiel.
Kam er nach Friedersdorf, so war er sicher von sei-
ner »Partie« begleitet. Unter der großen Linde, wel-
che hinter dem Hause im Garten steht, hatte er sich
eine Laube einrichten lassen. Dort saß er schon am
Morgen und spielte. Dann wurde mit großem Auf-
wande getafelt, viel und gut und lange getrunken,
bis der Abend die Beschäftigung des Morgens wieder
aufnahm. Er besaß eine höchst wertvolle Bibliothek,
die sich noch jetzt im Friedersdorfer Schloß befindet.
Alle diese Bücher hatte er, partienweise, dem Quin-
tus Icilius im Spiel abgewonnen und sich dadurch
nachträglich und auf dem Wege Rechtens in Besitz
derselben Bibliothek gesetzt , deren Fortführung aus Schloß Hubertsburg er, als unwürdig eines Marwitz
und Obersten der Gensdarmes, verweigert hatte.
Dieser Johann Friedrich Adolf, oder der Hubertsburg-
Marwitz, wie wir ihn genannt haben, starb 1781. Die
Friedersdorfer Kirche bewahrt sein Andenken durch
einen Grabstein, auf dem wir die Worte lesen: »Jo-
hann Friedrich Adolf. Er sah Friedrichs Heldenzeit
1174
und kämpfte mit ihm in allen seinen Kriegen. Wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte .«
Sein jüngerer Bruder war der Hochkirch -Marwitz
(Gustav Ludwig). Er diente ebenfalls im Regiment
Gensdarmes und focht bei Hochkirch mit solcher
Auszeichnung, daß er, unmittelbar nach der
Schlacht, vom Rittmeister zum Major avancierte und
den Pour le mérite erhielt. Er ist nicht zu verwech-
seln mit dem Quartiermeister von der Marwitz, des-
sen Name in noch glänzenderer Weise mit der ver-
hängnisvollen Nacht von Hochkirch verwoben ist.
Dieser letztere von der Marwitz, mit der Friedersdor-
fer Linie nur weitläufig verwandt, weigerte sich be-
kanntlich, das Lager, das einen Überfall gleichsam
herauszufordern schien, an der angewiesenen Stelle
abzustecken, und erhielt dafür nicht nur keinen Pour
le mérite, sondern fiel in Ungnade. Er starb bereits
im folgenden Jahre 1759. »Son mérite et ses servi-
ces seraient oubliés, si ce monument n'en conservait
la mémoire«, so schrieb Prinz Heinrich unter den
Namen dieses Marwitz (des Quartiermeisters) und reihte denselben unter die Namen ein, die den Sockel des großen Rheinsberger Obelisken in goldner
Schrift umziehen. Unser Hochkirch-Marwitz aber
stieg von Stufe zu Stufe, kommandierte das altmär-
kische Kürassierregiment, das zu Salzwedel lag, und
starb erst 1797 als Generallieutenant. Die Frieders-
dorfer Kirche erwähnt seiner nicht.
Der dritte und jüngste Bruder war der Kammerherr
Marwitz (Bernd Friedrich August). Sein Leben verlief
ohne historische Momente, ohne Taten nach außen.
1175
Kurz vor seinem Tode ward er als interimistischer
Intendant an die Spitze der Königlichen Schauspiele
berufen. Die Memoiren seines Sohnes äußern sich
bei dieser Gelegenheit: »Der Ärger über das scheuß-
liche Komödiantenvolk, mit dem er verkehren mußte,
vorzüglich aber die unvermeidlichen Erkältungen
während der Vorstellungen gaben ihm den letzten
Stoß.« Er starb 1793. Seine Gedenktafel in der Frie-
dersdorfer Kirche fügt seinem Namen einfach die
Worte hinzu: »Grad, bieder, rechtschaffen.« So war
er. Es war ihm nicht gegeben, zum Ruhme seiner
Familie durch andere als durch stille
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