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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
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ich.
    Ich muss doch etwas sagen.
    Â»Aus welchem?«, fragt Ricos Mutter.
    Â»Dem, das er gerade angefangen hatte. Haruki Murakami, Mister Aufziehvogel .«
    Â»Mister was?«, fragt Isabella.
    Â»Aufziehvogel.«
    Â»Noch nie gehört.« Sie will auch nichts davon hören.
    Â»Murakami ist sein Lieblingsautor.«
    .Weißt du, was ich an Murakami am meisten liebe?
    .Was?
    .Dass die Typen in seinen Büchern seelenruhig Misosuppe kochen und Tofu brutzeln, während ihnen die abgefahrensten Dinge passieren. Ich meine, deren ganze Welt wird auf den Kopf gestellt, aber sie bleiben irgendwie gelassen. Nicht dass sie nichts fühlen, aber sie flippen nicht aus.
    .Das ist eine asiatische Eigenschaft.
    .Meinst du?
    .Die sind nicht so auf das Ego fixiert wie wir. Die nehmen das Leben so, wie es kommt, und bilden sich nicht ein, irgendeinen Einfluss darauf zu haben.
    .Außer, dass sie was Gutes in den Magen bekommen. Ich habe Hunger.
    .Dann koch dir eine Misosuppe.
    .Ich knabbere lieber an dir.
    .Auch in Ordnung.
    Â»Früher hast du uns den kleinen Prinz vorgelesen, Mama, weißt du noch. Vielleicht sollte ich …«
    Â»Ja, Schatz, das ist eine gute Idee.«
    Ich räume auf, stecke Haruki Murakami in den Rucksack, ebenso die Boxen. Ich drehe die Madonna wieder mit dem Gesicht zu Rico. Niemand hat gesehen, dass sie eine Zeit lang ihr hässliches Hinterteil gezeigt hat. Ich streiche nicht die Bettdecke glatt. Aber ich räume das Feld.
    Â»Wann kann ich denn wieder kommen?«
    Â»Am besten wechseln wir uns ab«, sagt Ricos Vater. »Elena muss wieder in die Schule. Sie kann nur nachmittags. Dann können wir vielleicht in der Zeit …«
    Er spricht nicht weiter. Kann nicht. Ricos Mutter nimmt seine Hand. Isabella umfasst seine Taille mit der Hand, die nicht Ricos Hand hält. Sie sind alle miteinander verbunden.
    Â»Ich wollte fragen, ob ich mal in Ricos Zimmer kann. Nach ein paar Sachen suchen, die ich ihm geschenkt habe, Briefe von mir, alles, was vielleicht helfen könnte.«
    Â»Hier, nimm meinen Schlüssel«, sagt Ricos Mutter. Du kannst so lange bleiben, wie du willst. Wirf ihn einfach in den Briefkasten, wenn du gehst.«
    Ich verabschiede mich. Als ich die Tür schon in der Hand habe, hält Ricos Mutter mich zurück. Am Arm. Feste. »Aber verändere nichts. Es soll alles so sein, wie es war, wenn er zurückkommt.«
    Â»Ja, klar.«
    Er soll sich genauso wieder ins Bett legen. Das gleiche Morgenlicht soll die gleichen Hügel und Täler auf seinen Körper malen. Es soll alles wieder sein wie vorher. Er hat es versprochen.
    * * *
    Weißt du noch, du warntest mich. Aber nur zum Spaß. »Er macht echt dämliche Witze, über die du in jedem Fall mindestens sieben Sekunden lachen musst, jeweils. Und sie wird dich mit Fragen löchern, bis dir schwindelig ist, das ist so ein Mutterding, sie will schließlich wissen, ob ich später was Warmes zu essen bekomme und meine Socken gestopft werden. Und meine Schwester. Sie ist ein heulendes, zankendes Miststück. Aber ansonsten sind sie schwer in Ordnung.«
    Als ich euer Haus sah, wollte ich am liebsten sofort wieder abhauen. Allein eure Auffahrt kam mir so groß vor wie der Schulhof. Ich wischte an meiner Jacke herum, obwohl da alles picobello war. Die Haare band ich mit einem Gummi zusammen, um sie Sekunden später doch wieder aufzufächern. Sogar meine Fingernägel überprüfte ich auf Dreck. Als wenn ich nicht glauben konnte, dass es keinen sichtbaren Makel an mir gab.
    Du sagtest: »Du wirst ihnen gefallen. Keine Sorge. Du musst einem einfach gefallen.«
    Und ich: »Nur weil du blind vor Liebe bist, muss das noch lange nicht jedem so gehen.«
    Sie kamen von allen Seiten. Isabella von oben die Treppe herunter. Dein Vater aus dem Keller. Deine Mutter aus dem Wohnzimmer.
    Sie schauten mich an, als wäre ich der leibhaftige Weihnachtsmann. Und alles, was ich sagen wollte, Small Talk und Floskeln, bröselte weg unter dem Händeschütteln, Lachen und Zumtischschieben. Es gab Selbstgebackenes, von Mutter und Tochter gemeinschaftlich erschaffen. Irgendetwas, das köstlich roch. Und ich musste drei Stücke essen, bevor sie zufrieden waren.
    Â»Wir haben schon so viel von dir gehört«, sagte deine Mutter. »Endlich sehen wir dich!« Und es schien ihr zu gefallen, was sie sah. Gefragt hat sie kein einziges Loch in meinen Bauch. Sie wusste

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