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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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ist mit Sky, Rosie?«
    »Nichts ist mit Sky!«, rief Moon statt Rosie. »Alles ist okay, Hamburg!«
    »Wie er mit uns spricht!«, sagte Oma Dorothea. »Das hat er alles von Rosie. Respektlos, distanzlos, destruktiv! Und ich hatte so gehofft, hier hätte sich die Situation etwas zum Guten verändert.«
    »Mutter, bitte!«, seufzte Rosie.
    In dem Moment klingelte es an der Haustür.
    »Das muss Gershon sein«, rief Kendra erschrocken. »Sky, Himmel, wir sind noch nicht mal umgezogen!«
    »Es ist noch zu früh. Noch kein Sonnenuntergang«, murmelte ich und war immer noch wackelig auf den Beinen. Aber wahrscheinlich hatte Moon recht und der Anrufer war nichts als ein Verrückter gewesen. Schließlich hatte er plötzlich und praktisch mitten im Satz die Leitung unterbrochen und nicht noch mal angerufen.
    Ich ging zur Tür und zuckte zusammen. Es war Gershon. Er hat Augen, die ganz plötzlich lächeln können, das war mir neulich in der Schule schon aufgefallen.
    »Du bist aber früh«, sagte ich verblüfft, verdrängte den Verrückten vom Telefon aus meinen Gedanken und konzentrierte mich auf das Jetzt und Hier.
    »Ja, mein Vater hatte ein unerwartetes Einsehen. Er hat mich sprichwörtlich mit Gottes Segen ziehen lassen. Der alte Herr ist nicht so rigide, wie es manchmal scheint. Er sagte, ich solle dich nicht warten lassen. Und – also, da bin ich!«
    Gershon betrat unser kleines, unordentliches Haus zum ersten Mal. Neugierig schaute er sich um. Ich stellte ihm meine Mutter, meinen Bruder und meine Großeltern vor.
    Er sah so ordentlich und stylisch aus, dass meine Großmutter für den Augenblick zufrieden war. Sie reichte Gershon die Hand und sagte Hello . Opa Herrmann fügte ein Good Evening hinzu und lächelte leutselig.
    Moon hob grüßend die Hand, Rosie war immer noch mitgenommen, aber sie riss sich zusammen und hauchte Gershon zur Begrüßung einen leichten Kuss auf die Wange.
    Okay, sie hatte ihn also vor mir geküsst. Und wahrscheinlich würde ich ihn, so wie ich mich kannte, nie küssen.
    »Kendra kennst du ja schon vom Sehen«, sagte ich zum Schluss.
    Gershon nickte. »Hallo, Kendra. Schön, dich zu treffen.«
    Wie gut, dass Moon da war. Er lotste Gershon Gold an meinen Großeltern vorbei und nahm ihn mit in sein Zimmer.
    »Bringen wir es hinter uns«, sagte er dazu.
    »Was meinst du?«, fragte Gershon und stieg hinter ihm die enge Treppe nach oben.
    »Achtung, Stufe vier«, warnte Moon. Aber es war schon zu spät. Die Diele auf der Stufe rutschte zur Seite und Gershon stolperte in Rosies Cannabisvorräte und Moons Gedichtesammlung hinein.
    »Den Abschlussball meine ich«, sagte Moon, half Gershon beim Aufstehen, klopfte ihm das Sakko ab und fügte nach einem prüfenden Blick hinzu: »Komm, ich verpasse dir ein Pflaster. Hautabschürfung. An der linken Schläfe. Halb so schlimm.«
    Sie verschwanden lachend in Moons Zimmer.
    »Das fängt ja gut an«, murmelte ich und schloss mit zitternden Händen meine Zimmertür hinter Kendra und mir.
    »Also: duschen, anziehen, schminken«, zählte Kendra an drei Fingern ab. »Und das mal drei, weil Moon ja auch noch ins Bad muss. Beeilen wir uns lieber!«
    Aber Moon war schneller als wir und klopfte ein paar Minuten später bereits an meine Tür. »Bad ist jetzt frei, Ladys«, rief er. »Zack, zack oder ihr müsst nackt gehen!«
    Nach dem Duschen zwängten wir uns in unsere Kleider.
    »Erwähnte ich nicht schon, dass LA spätestens ab Ende Mai evakuiert werden sollte?«, fragte Kendra mit verbissener Miene. »Ich verwandele mich schon wieder in einen Pancake mit Sirup! Ist das zu fassen?«
    »Rosie tut mir leid«, sagte ich abgelenkt und versuchte vergeblich, nach unten zu lauschen. »Jetzt ist sie Hamburg mit ganzer Breitseite ausgeliefert! Und das auch noch ohne Moons und meine Hilfe. – Wie soll sie diesen Abend überstehen? Ich wünschte nur, mein Dad käme endlich!«
    »Meinst du, sie übersetzt ihnen den Anruf von diesem Irren doch noch? Deine Oma wirkte ja schwer frustriert, weil sie nicht durchblickte, was los war.«
    Ich nickte. »Sie werden es schon aus ihr herauszwingen«, sagte ich nachdenklich.
    »Was sich solche Idioten wohl denken, wenn sie fremde Leute mit solchen Geschichten zutexten?«, überlegte Kendra und föhnte meine Haare. Sie würde mir eine ihrer berühmten Hochsteckfrisuren machen, das hatte sie mir versprochen. Früher, als Kind, hatte Kendra jahrelang an einem dieser grotesken Schmink- und Frisierköpfe, wie es sie in jeder Spielwarenabteilung

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