Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
du mich nicht?«
    In dem Augenblick hatte ihre Miene besagten traurigen Ausdruck angenommen. Er überschattete ihre großen intelligenten Augen, den zarten Mund – sie sah so hoheitsvoll dabei aus, weil sie nicht zusammenbrach, aber tragisch, denn ihr Gesicht spiegelte unverhüllt jeden Kummer wider, den er ihr im Lauf der Jahre zugefügt hatte.
    »Ich habe dich geliebt«, hatte sie erwidert. »Mehr als alles in der Welt. Doch so wie du jetzt bist, mag ich dich nicht. Ich erkenne dich kaum noch wieder.«
    Das war sie – die fünftschlimmste Erinnerung. Neve Fallon Halloran, die große Liebe seines Lebens, sagte ihm ins Gesicht, dass sie ihn nicht mehr mochte, geschweige denn liebte. Er konnte es ihr nicht einmal verdenken, weil er sich selbst anwiderte. Wer war dieser Mistkerl, der seine Familie im Stich ließ, nach Schnaps stank, wenn er nach Hause kam, mit so vielen Frauen schlief, dass er sich nicht einmal mehr an ihre Namen erinnern konnte, und die Hypothek fürs Haus nicht mehr zahlen konnte, weil er es vorzog, nach der neuesten Mode gekleidet zu sein und ein sündhaft teures Auto zu fahren? Dieser Mistkerl war er, wie er leibte und lebte.
    Die ersten Schüler strömten heraus. Einige gingen zu den gelben Bussen, die in der Haltebucht parkten, andere zum großen Parkplatz an der Rückseite des Gebäudes. Richards Herz klopfte. Da war Jenna – Mickeys beste Freundin. Wenn Jenna auf der Bildfläche erschien, konnte Mickey nicht mehr weit sein.
    Jenna hielt Händchen mit Tripp Livingston. Edmund P. Livingston III. Sie nannten ihn Tripp, weil er der dritte in der Reihe der Familienangehörigen gleichen Namens war. Richard kannte seinen Vater, Edmund jr. Sie hatten beide im Newport Country Club Golf gespielt, früher, als er sich den Clubbeitrag noch leisten konnte.
    Der junge Landry, Sohn von Cole Landry, gesellte sich zu ihnen; Jenna und Tripp lachten, unterhielten sich mit ihm. Richard beobachtete sie – na, so was, Cole Landry ließ sich in diesem entlegenen Winkel von Rhode Island nieder! Ausgerechnet in diesem verschlafenen Nest, das weder Las Vegas noch Miami war, seine bevorzugten Tummelplätze! Vor ein paar Jahren, als er noch ein Spieler in der ersten Liga war – oder sich zumindest dafür hielt –, war er Cole Landry auf einer Tagung der Immobilienmakler in New York begegnet. Sie fand im Landry Tower statt – Tausende von Immobilienmaklern aus allen Teilen des Landes, von denen jeder Einzelne eine Verkaufskanone war, hatten daran teilgenommen.
    Über den Landry Tower konnte man geteilter Meinung sein. Ein Wolkenkratzer im gediegenen West-Side-Viertel, mit siebzig Stockwerken. Die früheren Häuserblocks waren dem Erdboden gleichgemacht worden – die alten braunen Sandsteinhäuser, die Cafés, kleine Lebensmittelgeschäfte, Parks im Westentaschenformat, eine Kirche und eine Synagoge. Je höher ein Bauwerk, desto mehr versperrte es ringsum das Licht. Die Bewohner des Viertels, an eine niedrige Silhouette und das weiche, karamellfarbene Licht gewöhnt, lebten nun im Schatten der Straßenschluchten.
    Doch der Turm war atemberaubend. Auch wenn er den Anwohnern den Ausblick auf den Fluss versperrte. Aber er war imposant. Aus Kalkstein errichtet, an die Paläste der Räuberbarone erinnernd, drückte er New York City seinen Stempel auf. Die Lobby war ganz aus Marmor, überall gab es Kristall und Vergoldungen und einen künstlichen Teich in der Mitte, auf dem ein Segelboot ankerte. Für fünfzig Dollar konnte man eine halbe Stunde lang eine ferngesteuerte Zwölf-Meter-Yacht im Miniaturformat mieten. Die Türsteher waren wie Angehörige der Royal Navy gekleidet.
    Die Tagung war im Commodore’s Ballroom abgehalten worden. Eine Menge Rolex-Uhren hatte man bei der Zusammenkunft zu Gesicht bekommen. Richard erinnerte sich daran. Cole Landry hatte am Rednerpult gestanden und die Anwesenden aufgefordert, eigene Türme zu bauen. »Es spielt keine Rolle, ob Sie in irgendeinem kleinen Kaff oder in der Hauptstadt Ihres Bundesstaates leben«, hatte er gesagt. »Und es spielt auch keine Rolle, ob man dort einen Wohn- oder Büroturm braucht oder nicht – wichtig ist allein, dass Sie an dieser Stelle bauen wollen. Um etwas zu schaffen, das Ihren Namen trägt. Und um bleibende Spuren in der Branche zu hinterlassen, meine Herren.«
    Richard hatte den Rat beherzigt. Er hatte Visionen von einem Mammutprojekt zwischen Westerley und Pawtucket entwickelt. Er würde das Grundstück für den Bau eines Turms in

Weitere Kostenlose Bücher