Wenn Kinder um sich schlagen
gehindert werden muss, auf eine stark befahrene StraÃe zu laufen.
Ein Kind muss lernen, das Recht anderer Menschen auf Unversehrtheit zu respektieren.
Eine Zweijährige auf dem Spielplatz muss zum Beispiel lernen, den anderen Kindern nicht mit einer Sandschaufel auf den Kopf zu schlagen.
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Die zusammenfassende Formulierung für diese beiden Regeln könnte lauten: » Wir gehen behutsam mit uns selbst und anderen Menschen um. « Kinder können daran schon früh lernen, was zum Beispiel das Wort »behutsam« bedeutet, da in wohlwollenden innerfamiliären Gesprächen immer wieder solche Haltungen besprochen und erklärt werden können (s. »Familienrat«, Seite 104 f.).
Zur Erleichterung menschlichen Zusammenlebens haben Menschen im Laufe der Jahrtausende zwischenmenschliche Werte entwickelt. Die Verinnerlichung zwischenmenschlicher Werte macht nicht unfrei, sondern befähigt erst zum freiheitlichen, verantwortungsvollen Umgang miteinander. Zu diesen Werten gehören der Respekt vor sich selbst und vor anderen, Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, Fairness, Verantwortungsbewusstsein, Mitgefühl und Einfühlungsvermögen, Dankbarkeit, Freundschaft und Friedfertigkeit etc. Diese Werte können nicht aufgezwungen werden. Diese Werte können und müssen zwar immer wieder im Erziehungsprozess angesprochen werden, das Wesentliche ist jedoch, dass wir Eltern sie vorleben . Die Sinnhaftigkeit eines solchen Wertesystems kann sich jeder vor Augen führen, indem er sich klarmacht, dass es auch für ihn persönlich am angenehmsten ist, freundlich und respektvoll behandelt zu werden, nicht belogen zu werden, bei Schmerz und Trauer einen aufrichtig mitfühlenden Menschen an seiner Seite zu haben und sich auf Freundschaft verlassen zu können.
Die Werte, die in einer Gesellschaft bedeutsam sind, scheinen einem immerwährenden Wandel zu unterliegen.
Während vor 50 Jahren »klassische Werte« wie Dankbarkeit, Höflichkeit, Hilfsbereitschaft noch von groÃer Bedeutung waren, sind heutigen Eltern oft Werte wie Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit ihrer Kinder wichtiger. Solcher Wertewandel hängt mitunter damit zusammen, dass die Werte der GroÃeltern den heutigen Eltern in ihrer Kindheit mit Druck und Strenge vermittelt wurden, sodass die so erzogenen späteren Eltern nicht nur den autoritären Erziehungsstil ihrer Eltern ablehnen, sondern auch die Werte, die vermittelt wurden. Nun ist die Ablehnung autoritärer Erziehungsstile berechtigt. »Klassische« Werte wie die oben genannten sind jedoch für alle Zeiten für das menschliche Zusammenleben sinnvoll, da sie dabei helfen, das Miteinander friedlicher und reibungsloser zu gestalten. Andererseits ist Selbstbewusstsein für jeden Menschen etwas sehr Wichtiges, welches gut vor psychischen Problemen schützt. Selbstbewusstsein muss jedoch mit der Fähigkeit, über sich und sein Verhalten nachzudenken und sich und sein Verhalten mitunter auch infrage zu stellen, verbunden sein. Denn sonst zieht man mitunter egoistische, wenig einfühlsame Menschen heran, die stets nur ihren persönlichen Vorteil sehen und deren Sozialverhalten nicht immer unproblematisch ist. Untersuchungen an jugendlichen Strafgefangenen zeigten bei den Betroffenen erstaunlich hohe Selbstwerteinschätzungen.
Somit ist es sinnvoll, durch liebevolles Vorbild neben den oben genannten »klassischen Werten« Werte wie Selbstbewussstsein und Selbstständigkeit zusätzlich zu vermitteln und nicht die letztgenannten an die Stelle der altbewährten zu setzen. Kinder, die offen, freundlich, höflich und selbstbewusst sind, sind nun mal im Umgang mit anderen Menschen viel angenehmer als Kinder, die egoistisch ihre Ziele verfolgen und die weder »Bitte« noch »Danke«, weder »Guten Tag« noch »Auf Wiedersehen« kennen. Die letztgenannten Kinder werden es als Erwachsene schwer haben, da keiner so wirklich etwas mit ihnen zu tun haben will.
Die Lehrerin in einer 2. Klasse hat eine gute Beziehung zu ihren Schützlingen. Jeden Morgen wird sie von den Kindern bestürmt, die ihr die Erlebnisse des letzten Nachmittags erzählen wollen. Sie wird umarmt und auch schon mal »Mama« genannt. Sie hilft, wenn Kinder Hilfe brauchen, tröstet, wenn Tränen flieÃen, und hat immer ein offenes Ohr. Trotzdem kommt es vor, dass die Kinder lachen, wenn ihr etwas hinfällt, und dass kein Kind auf
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