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Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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und hast Bescheid gesagt?«
    »Ja. Aber der wollte mir nicht glauben.«
    »Wirklich nicht?«
    »Weißt du«, sagte Kannick resigniert, »ich mußte ihm doch meine Adresse sagen.«
    »Ach so. Alles klar«, sagte Sejer. »Du bist also ein guter Schütze, habe ich gehört?«
    »Ein ziemlich guter«, erklärte Kannick stolz.
    »Und von wem hast du den Bogen? Der war doch sicher teuer?«
    »Den hat das Sozialamt bezahlt. Damit ich eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung habe. Er kostet Zweitausend, aber das ist wirklich nicht teuer. Wenn ich - wenn ich mehr Geld habe, kaufe ich mir einen Super Meteor mit Karbongliedern. Himmelblau metallic.«
    Sejer kniff beeindruckt die Augen zusammen. »Und wer bringt dir das Schießen bei?«
    »Christian kommt einmal die Woche. Und bald schieße ich bei der NM. Er sagt, ich hätte Talent.«
    »Du weißt, daß ein Bogen eine tödliche Waffe ist?«
    »Klar weiß ich das«, antwortete Rannick trotzig. Er wußte, was jetzt kommen würde. Er senkte den Kopf und schloß die Augen, während er den Ermahnungen lauschte. Er verschloß sich die Ohren und machte die Ermahnungen auf diese Weise zu einer herumsummenden Fliege.
    »Und wenn du umherschleichst, können andere dich nicht hören. Wenn jemand Beeren pflückt, kannst du mit einemmal zum Mörder werden. Hast du dir das schon überlegt, Kannick?«
    »Da oben im Wald sind nie Leute.«
    »Abgesehen von Errki?«
    Kannick errötete. »Ja, abgesehen von Errki. Aber der pflückt doch keine Beeren.«
    Sie schwiegen. Sejer hörte draußen leise Stimmen. Der Junge schaute zu ihm hoch und biß sich auf die Lippe. »Wo ist Halldis jetzt?« fragte er leise.
    »Im Keller des Landeskrankenhauses.«
    »Und liegen sie da wirklich im Kühlschrank?«
    Sejer lächelte wehmütig. »Na ja, eher in langen Schubladen. Hast du ihren Mann gekannt?« fragte er, um abzulenken.
    »Nein, aber ich kann mich an ihn erinnern. Er saß immer auf seinem Trecker. Er hat nie mit uns geredet, nicht so wie Halldis. Er hat sich nicht für Kinder interessiert, außerdem hatte er einen Hund. Nachdem Thorvald tot war. ist auch der Hund gestorben. Er wollte nicht mehr fressen.« Das schien ihn zu wundern, er machte ein verständnisloses Gesicht.
    »Wie lange bleibst du wohl noch hier im Heim, was meinst du?«
    »Weiß ich nicht.« Kannick starrte auf seine Knie. »Das habe ich doch nicht zu entscheiden.«
    »Nicht?« Sejer sah ihn fragend an.
    »Die machen ja doch, was sie wollen«, sagte Kannick traurig.
    »Aber du fühlst dich hier wohl? Ich habe Margunn gefragt, und sie sagt, daß du dich wohl fühlst.«
    »Ich kann doch sonst nirgendwo hin. Mama ist ungeeignet, und ich brauche Hilfe.«
    Sejer hörte den Kummer. »Das Leben ist nicht einfach, was? Was ist denn besonders schwierig, was meinst du?«
    Kannick dachte nach und wiederholte schließlich das, was er schon so oft gehört hatte. »Ich handele erst und denke erst später nach.«
    »Das nennt man impulsiv«, tröstete Sejer. »Und das gehört zur Kindheit. Das meiste kommt mit der Zeit in Ordnung. Das allermeiste. Du«, sagte er dann, »konntest du sehen, ob Errki Handschuhe anhatte?«
    Kannick kniff überrascht die Augen zusammen und riß sie wieder auf. »Handschuhe? Bei dieser Hitze? Ich habe seine Hände überhaupt nicht gesehen. Vielleicht hatte er sie in den Taschen. Das weiß ich nicht«, fügte er aufrichtig hinzu.
    »Ich frage«, sagte Sejer, »weil es wichtig ist, wenn wir die Fingerabdrücke untersuchen. Wir haben in dem Haus mehrere gefunden. Und du bist dir sicher, daß du außer Errki niemanden gesehen hast?«
    »Ja«, sagte Kannick und nickte entschieden. »Sonst habe ich keinen gesehen.«
    »Wenn aber doch noch jemand da war«, sagte Sejer, »kann Errki ihn gesehen haben, auch wenn du nichts davon weißt.«
    »Glaubst du, daß es nicht Errki war?« fragte Kannick verdutzt.
    »Ich halte das nicht für selbstverständlich.«
    »Aber er ist verrückt, weißt du.«
    »Er ist sicher ein bißchen anders als wir anderen«, Sejer lächelte, »sagen wir, er braucht Hilfe. Aber ich habe den Verdacht, daß viele hier einfach hoffen, daß er es war. Du weißt ja, die Leute haben gern recht. Was meinst du«, fragte er langsam, »wenn Errki bei Halldis’ Haus aufgetaucht ist, was könnte sie dann zu ihm gesagt haben? Sie hat ihn doch gekannt, oder?«
    »Davon gehe ich aus.«
    »Glaubst du, daß sie Angst vor ihm hatte?«
    »Sie hatte bestimmt nicht oft Angst. Aber Errki nimmt sich immer, was er haben will. Im Laden und am

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