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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wunder des Überlebens: Wasser! Reines, klares, süßes Wasser.
    Sprudelnd quoll es aus der Tiefe, rieselte zwei Meter über einen felsigen Grund und versickerte dann wieder in dem sandigen Boden.
    Unentwegt, ein herrlich glitzernder Strom.
    Wasser!
    Leben!
    Paul Bäcker kniete neben der Quelle, schöpfte mit beiden Händen das Wasser und trank es, wusch sein Gesicht damit, legte seinen ganzen Kopf in das Rinnsal, ließ die köstliche Kühle über sich fließen, zog sich dann aus, warf sich in das Wasser und staute es mit seinem Körper, bis es ihn völlig überflutete und über seine Füße hinweg wieder im Sand versickerte.
    »Das wird ein Paradies werden«, sagte er, zitternd vor Ergriffenheit. »Mutter, aus deiner Insel mache ich den schönsten Platz dieser Erde.«
    Am Abend paddelte er auf seinem Benzintonnenfloß wieder hinüber nach Viktoria-Eiland.

XII
    In den nächsten Tagen sammelte er die Trümmer von Viktoria-Eiland, die ihm noch nützlich waren. Er fand mehr, als er erwartet hatte. Es gab noch eine Axt, die Motorsäge und das kleine Funkgerät. Da aber das Stromaggregat zerstört war, konnte er im Augenblick nicht funken.
    Mit der Flut schwemmten auch neun ausgerissene Bäume zurück zur Insel, Paul holte sie mit der Axt aus den Wellen und bei jedem Stamm bebte er vor Angst, es könne der Stamm sein, an dem seine Mutter festgebunden war. Aber die große, stolze Palme kam nicht zurück.
    Am vierten Tag nach dem Seebeben überflog ein Flugboot die Insel in großer Höhe. Dann kehrte es zurück, ging tiefer, umkreiste die alte und die neue Insel und schien Fotos zu machen. Paul Bäcker duckte sich in den Keller des weggeblasenen Hauses und rührte sich nicht.
    Es ist besser so, dachte er. Sehen sie mich, kommt Brissier wieder und will mich zwingen, die Insel zu verlassen. Der alte Streit geht wieder los. So aber glauben sie, hier sei nichts mehr übriggeblieben und der Zustand des Paradieses wiederhergestellt.
    Aus den angeschwemmten Stämmen zimmerte sich Paul als erstes ein stabiles Floß. Aus dem Keller machte er eine behelfsmäßige Unterkunft und deckte sie mit Rindenschwarten und Palmblättern ab. Jeden Tag fuhr er jetzt hinüber zu Anne-Eiland … zuerst mit seinen Benzintonnen, dann mit seinem Holzfloß, holte in Kanistern das herrliche reine Wasser und begoß täglich dreimal seinen kleinen, neuangelegten Garten und die Bambussprößlinge, die sich durch die Erde wieder ans Licht bohrten.
    Auch Fische stach er wieder mit einem zugespitzten Holz aus dem Meer und verbrachte vier mühsame Stunden damit, Funken aus den Steinen zu schlagen und ein Feuer zu entfachen. Als es aufflammte, hielt er beide Hände darüber und sagte: »Jetzt habt ihr alle verloren … Natur, du solltest dich mit mir verbünden.«
    Am zehnten Tag nach der Geburt der neuen Insel sah Paul Bäcker die Kriegskanus. In breiter Front schwammen sie heran, vorne drei große Häuptlingsboote mit rot gefärbten, geflochtenen Segeln.
    Paul hockte in seinem Keller. Ein Gewehr, das er zwischen den Trümmern gefunden hatte, brachte er auf dem Grubenrand in Anschlag. Neben ihm, Patrone neben Patrone, lagen neunzehn Schuß Munition. Mehr hatte er nicht ausgegraben, er hatte auch nicht danach gesucht. Die neue Insel und der Floßbau hatten ihm keine Zeit mehr gelassen.
    Langsam, fast weihevoll näherten sich die Kanus. Der rhythmische Gesang der Krieger flog ihnen voraus.
    Die drei großen Häuptlingsboote schwenkten plötzlich die Segel, als sie in die Nähe der zerstörten Lagune von Viktoria-Eiland kamen, drehten ab und umfuhren den von dem Seebeben mehrfach zerrissenen Felsen mit seinen noch bizarrer gewordenen Klippen. Majestätisch, hinter sich die breite Kette der Kriegskanus herziehend, fuhren sie an der Insel vorbei, ließen sie unbeachtet liegen und nahmen Kurs auf das neu aus der Tiefe des Meeres geborene Land.
    Paul Bäcker kroch aus seinem schützenden Keller heraus und robbte von Baumstumpf zu Baumstumpf bis zum Gipfel des Hügels, wo er Anne-Eiland mühelos überblicken konnte. Er erreichte seinen Aussichtsplatz gerade in dem Augenblick, als die drei Häuptlingsboote mit heruntergelassenen Segeln, nur von Paddeln getrieben, langsam, scheu, ehrfurchtsvoll in die weitgeschwungene Bucht einliefen. Die Masse der Kriegskanus blieb zurück, eine Barriere gegen die enge Wasserstraße und gegen die zerstörte Toteninsel.
    »Das gibt neuen Streit«, sagte Paul leise. Er lag flach hinter einem ausgerissenen Busch und verfolgte das

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