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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Lederkleid dehnt sich.«
    »Und so wie damals ragt dein Schwert in die niedreren Steine«, sagte Bertha, »und in den nämlichen Gewändern sitzen wir hier wie vor sechs Jahren.«
    »Nur die Bäume, die jenseits der hellen Wiese stehen, an deren Rande wir sitzen«, sprach Witiko, »glänzen nun im Sonnenscheine, da sie damals im Schatten waren, und die Blätter der Ahorne über uns sind dunkel, die damals geschimmert hatten.«
    »Ich habe dir gesagt«, sprach Bertha, »daß es im Herbste hier am Vormittage mild ist, im Sommer sehr heiß, daß aber am Nachmittage Schatten ist. Der Schatten ist lieblich, lege deine Haube wieder in das Gras wie damals, Witiko.«
    Er nahm die Lederhaube von seinem Haupte, und legte sie in das Gras, und die blonden Haare rollten auf seinen Nacken herab.
    Und seine blauen Augen schauten in ihr Angesicht, und ihre braunen in das seine.
    »Wie wird denn die Burg heißen, die du baust?« fragte Bertha.
    »Witikohaus«, antwortete Witiko. »Aber, Bertha, du hast einmal gesagt: Ich weiß nicht, ob ich in Böhmen wohnen möchte; und die Burg wird in Böhmen stehen.«
    »Und die Mutter hat gesagt«, antwortete Bertha: »wir Frauen, die wir abhängig sind, wissen nie, wo wir wohnen werden, und wo wir dann mit den Unsrigen wohnen, wird es uns auch gefallen.«
    »Und wird es dir so gefallen?« fragte Witiko.
    »So wird es mir gefallen«, antwortete Bertha.
    »Dein Vater hat gesagt, Bertha«, sprach Witiko: »Die alten Böhmen haben ihre Burgen und die Verbalkungen ihrer Zupen stets in der Ebene gebaut, wo Sümpfe waren, oder zwei Wässer zusammen gingen, so daß nur auf einer Seite ein Eingang war. Ich baue meine Burg nicht so.«
    »Das wäre häßlich«, sagte Bertha.
    »Ich habe damals deinem Vater geantwortet«, sprach Witiko: »Wo ein steiler Fels gegen Wasser vorgeht, daß er rückwärts nur mit einer schmalen Zunge am Lande hängt, wird eine gute Wohnung sein. Und dein Vater baut jetzt die Burg Schauenberg auf einer solchen Zunge, nur daß kein Wasser vor dem Felsen ist.«
    »Kennst du den Schauenberg?« fragte Bertha.
    »Ich bin auf einem Gerüste der Burg gestanden, die gebaut wird, als ich nach Landshut ritt«, antwortete Witiko. »Ich habe aber, da ich zum ersten Male bei euch war, auch gesagt: Ein großer Wald, der einem zahlreichen Feindeshaufen den Zugang wehrt, und ihm Nahrung versagt, könnte auch als Schutz dienen. Und so baue ich mir die Burg.«
    »Sieht man von ihr so herum, wie von der Burg Schauenberg?« fragte Bertha.
    »Noch viel weiter«, antwortete Witiko. »Bertha, du wirst auf dem Söller der Burg stehen wie auf dem Fels der drei Sessel, und wirst das ganze Alpengebirge sehen, so weit Augen zu reichen vermögen, da, wo das Land Baiern im Mittage an diese Gebirge stößt, und weiter gegen Morgen hin, wo das Land gegen Mittag an die Gebirge stößt, das der Markgraf von Österreich beherrscht, bis zu dem Lande Ungarn, in das sich die Berge senken. Du wirst die Gaue des Landes Baiern sehen, wo die Mihel fließt, wo die Donau strömt, wo die Enns und die Traun ist, du wirst Gaue des Landes Österreich sehen, und Wiesen und Felder und Wälder in allen Gauen, und lichte Stellen, die Burgen sind oder Kirchen oder Ortschaften. Und wenn du mitternachtwärts schauest, so siehst du die Moldau unten in den Forsten, und du siehst die Flecke in dem großen Walde, wo Wiesen und Felder und Wohnungen sind, und siehest dahin bis zu den letzten Säumen der Bäume.«
    »Der Vater lobt die Stelle«, sagte Bertha, »er ist oft dort gewesen, und ist in der letzten Zeit wieder in dem Lande Böhmen gewesen.«
    »Und unterhalb deiner Augen von der Burg hinab«, sagte Witiko, »ragen, wie du an dem großen Steine gesagt hast, die Wipfel des Waldes empor; aber es gehen nicht die goldenen Felder der Ähren dahin oder der grüne Sammet der Wiesen, wie an dem Fuße des Felsens, auf welchem die Burg Schauenberg steht.«
    »Ist der Wald, in dem die Burg stehen wird, groß?« fragte Bertha.
    »Er ist ein Wald in den Wäldern«, antwortete Witiko. »Wenn du von dem Friedbergwalde, wo die Häuser von Friedberg an der Moldau liegen, durch ihn zur Burg hinan gehst, so ist das der kürzeste Weg, und du brauchst länger als eine Stunde zu ihm. Von der Burg gegen Mittag hinab bis zur Mihel gingest du leicht in zwei oder drei Stunden, und gegen Abend, und wo der Wald sich biegt, gegen Mitternacht, brauchtest du viele Tagereisen, und gegen Morgen wenigere, oder auch viele.«
    »Und wo ist dein Gebiet?« fragte

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