Werke
hervorragenden Nägel, ( μακροι δ’ονυχες χειρεσσιν ύπησαν ) scheinet er nicht tadeln zu wollen. Gleichwohl sind lange Nägel nicht viel weniger ekel, als eine fließende Nase. Aber die langen Nägel sind zugleich schrecklich; denn sie sind es, welche die Wangen zerfleischen, daß das Blut davon auf die Erde rinnet:
– – – – εκ δε παρειων
Αιμ’ απελειβετ’ εραζε – – –
Hingegen eine fließende Nase, ist weiter nichts als eine fließende Nase; und ich rate der Traurigkeit nur, das Maul zuzumachen. Man lese bei dem Sophokles die Beschreibung der öden Höhle des unglücklichen Philoktet. Da ist nichts von Lebensmitteln, nichts von Bequemlichkeiten zu sehen; außer eine zertretene Streu von dürren Blättern, ein unförmlicher hölzerner Becher, ein Feuergerät. Der ganze Reichtum des kranken verlassenen Mannes! Womit vollendet der Dichter dieses traurige fürchterliche Gemälde? Mit einem Zusatze von Ekel. »Ha!« fährt Neoptolem auf einmal zusammen, »hier trockenen zerrissene Lappen, voll Blut und Eiter!« (158)
ΝΕ. Ορω κενην οικησιν ανϑρωπων διχα.
ΟΔ. Ουδ’ ενδον οικοποιος εσι τις τροφη;
ΝΕ. Στειπτη γε φυλλας ώς εναυλιζοντι τω.
ΟΔ. Τα δ’ αλλ’ ερημα, κουδεν εσϑ’ ύποσεγον;
ΝΕ. Αυτοξυλον γ’εκπωμα, φαυλουργου τινος
Τεχνηματ’ ανδρος, και πυρει’ όμου ταδε.
ΟΔ. Κεινου το ϑησαυρισμα σημαινεις τοδε.
ΝΕ. Ιου, ιου και ταυτα γ’αλλα ϑαλπεται
Ρακη, βαρειας του νοσηλειας πλεα.
So wird auch beim Homer der geschleifte Hektor, durch das von Blut und Staub entstellte Gesicht, und zusammenverklebte Haar,
Squallentem barbam et concretos sanguine crines,
(wie es Virgil ausdrückt (159) ) ein ekler Gegenstand, aber eben dadurch um so viel schrecklicher, um so viel rührender. Wer kann die Strafe des Marsyas, beim Ovid, sich ohne Empfindung des Ekels denken? (160)
Clamanti cutis est summos derepta per artus:
Nec quidquam, nisi vulnus erat: cruor undique manat:
Detectique patent nervi: trepidaeque sine ulla
Pelle micant venae: salientia viscera possis,
Et perlucentes numerare in pectore fibras.
Aber wer empfindet auch nicht, daß das Ekelhafte hier an seiner Stelle ist? Es macht das Schreckliche gräßlich; und das Gräßliche ist selbst in der Natur, wenn unser Mitleid dabei interessieret wird, nicht ganz unangenehm; wie viel weniger in der Nachahmung? Ich will die Exempel nicht häufen. Doch dieses muß ich noch anmerken, daß es eine Art von Schrecklichem gibt, zu dem der Weg dem Dichter fast einzig und allein durch das Ekelhafte offen stehet. Es ist das Schreckliche des Hungers. Selbst im gemeinen Leben drucken wir die äußerste Hungersnot nicht anders als durch die Erzählungen aller der unnahrhaften, ungesunden und besonders ekeln Dinge aus, mit welchen der Magen befriediget werden müssen. Da die Nachahmung nichts von dem Gefühle des Hungers selbst in uns erregen kann, so nimmt sie zu einem andern unangenehmen Gefühle ihre Zuflucht, welches wir im Falle des empfindlichsten Hungers für das kleinere Übel erkennen. Dieses sucht sie zu erregen, um uns aus der Unlust desselben schließen zu lassen, wie stark jene Unlust sein müsse, bei der wir die gegenwärtige gern aus der Acht schlagen würden. Ovid sagt von der Oreade, welche Ceres an den Hunger abschickte: (161)
Hanc (famem) procul ut vidit – –
– refert mandata deae; paulumque morata,
Quanquam aberat longe, quanquam modo venerat illuc.
Visa tamen sensisse famem – – –
Eine unnatürliche Übertreibung! Der Anblick eines Hungrigen, und wenn es auch der Hunger selbst wäre, hat diese ansteckende Kraft nicht; Erbarmen, und Greul, und Ekel, kann er empfinden lassen, aber keinen Hunger. Diesen Greul hat Ovid in dem Gemälde der Fames nicht gesparet, und in dem Hunger des Eresichthons sind, sowohl bei ihm, als bei dem Kallimachus, (162) die ekelhaften Züge die stärksten. Nachdem Eresichthon alles aufgezehret, und auch der Opferkuh nicht verschonet hatte, die seine Mutter der Vesta auffütterte, läßt ihn Kallimachus über Pferde und Katzen herfallen, und auf den Straßen die Brocken und schmutzigen Überbleibsel von fremden Tischen betteln:
Και ταν βων εφαγεν, ταν
Weitere Kostenlose Bücher