Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
Vom Netzwerk:
unterzubringen. Er besaß schon damals große Verbindungen und machte sich sogleich daran, seinen armen Kameraden zu empfehlen und für ihn zu bitten, nachdem er sich vorher von ihm hatte versprechen lassen, daß er sich gut führen werde. Zunächst kleidete er ihn auf seine Kosten besser ein und führte ihn dann zu einigen angesehenen Persönlichkeiten, von denen die Stelle abhing, die er ihm gern verschaffen wollte. Die Sache war nämlich die, daß Jefimow nur mit Worten geprahlt hatte; in Wirklichkeit aber nahm er, wie es schien, das Anerbieten seines alten Freundes mit der größten Freude an. B... erzählte später oft, er habe sich geschämt über all die Schmeichelei und demütige Unterwürfigkeit, mit der mein Stiefvater ihn sich geneigt zu erhalten gesucht habe, in der Befürchtung, er könne sonst vielleicht seine Gunst verlieren. Er verstand, daß man ihn wieder auf guten Weg bringen wollte, und hörte sogar auf zu trinken. Endlich fand sich für ihn wirklich eine Stelle im Orchester eines Theaters. Er bestand die Prüfung gut, da er in einem Monat fleißiger Arbeit sich alles wieder zu eigen gemacht hatte, was ihm in anderthalb Jahren des Müßigganges abhanden gekommen war, und versprach, sich auch künftig tüchtig zu üben und in der Erfüllung seiner neuen Pflichten ordentlich und pünktlich zu sein. Aber die Lage unserer Familie besserte sich ganz und gar nicht. Mein Stiefvater gab meiner Mutter auch nicht eine Kopeke von seinem Gehalte; er verbrauchte alles allein für gutes Essen und Trinken mit seinen neuen Freunden zusammen, deren er sogleich einen ganzen Kreis um sich gesammelt hatte. Er verkehrte vorzugsweise mit Angestellten des Theaters, Choristen, Statisten, kurz mit Leuten, unter denen er die erste Rolle spielen konnte, mied aber wirklich talentvolle Menschen. Es gelang ihm, sich bei seinen Freunden in besonderen Respekt zu setzen; er setzte ihnen gleich von vornherein auseinander, daß er ein verkannter Mensch sei, ein bedeutendes Talent, daß ihn seine Frau zugrunde gerichtet habe, und daß ihr Kapellmeister nichts von Musik verstehe. Er machte sich über alle Musiker des Orchesters lustig, über die Auswahl der Stücke, die auf die Bühne gebracht wurden, schließlich selbst über die Komponisten der aufgeführten Opern. Zuletzt entwickelte er sogar eine Art von neuer Theorie der Musik, kurz, er machte sich beim ganzen Orchester unbeliebt, zankte sich mit seinen Kollegen und mit dem Kapellmeister, benahm sich grob gegen die Direktion, erwarb sich den Ruf eines unruhigen, verdrehten und dabei ganz unbedeutenden Menschen und brachte es dahin, daß er allen unerträglich wurde.
    Und es war wirklich ein seltsames Schauspiel, daß ein so unbedeutender Mensch, ein so schlechter, unbrauchbarer Angestellter, ein so nachlässiger Musiker gleichzeitig mit so gewaltigen Prätentionen auftrat, in so arger Weise prahlte und sich brüstete und sich eines so dreisten Tones bediente.
    Es endete damit, daß mein Stiefvater sich auch mit B... verzankte, sich eine ganz widerwärtige Klatschgeschichte, eine ganz häßliche Verleumdung aussann und sie in Umlauf brachte, wie wenn es die reine Wahrheit wäre. Nachdem er in dem Orchester ein halbes Jahr lang seinen Dienst in recht unordentlicher Manier versehen hatte, entließ man ihn wegen Nachlässigkeit in Erfüllung seiner Pflichten und wegen Trunksucht. Aber kaum hatte er seine Stelle verloren, als man ihn wieder in seinen früheren Lumpen sah; denn seine ordentlichen Kleider hatte er sofort wieder verkauft oder versetzt. Er besuchte oft seine früheren Kollegen, mochten diese sich darüber freuen oder nicht, trug Klatschgeschichten herum, schwatzte Unsinn, weinte über sein trauriges Schicksal und lud alle zu sich ein, damit sie sich sein böses Weib ansähen. Natürlich fanden sich Zuhörer; es fanden sich auch Leute, denen es Vergnügen machte, den weggejagten Kollegen betrunken zu machen, damit er in diesem Zustande allerlei Zeug zusammenredete. Dabei redete er aber doch immer auch witzig und klug und spickte seine Reden mit giftiger Satire und boshaften Bemerkungen, die einer gewissen Art von Zuhörern gefielen. Sie behandelten ihn wie einen verdrehten Hansnarren und brachten ihn, wenn sie nichts weiter zu tun hatten, manchmal gerne um des Amüsements willen zum Schwatzen. Gern foppten sie ihn auch damit, daß sie in seiner Gegenwart davon sprachen, es sei ein neuer Geiger von auswärts angekommen. Sobald Jefimow das hörte, nahm sein Gesicht einen

Weitere Kostenlose Bücher