Wie man einen verdammt guten Roman schreibt
daß sich die Figuren infolge eines Konflikts verändern müssen. Wenn sich eine Figur durch eine Geschichte bewegt, unberührt von den Ereignissen und Leiden, die sie mitansehen und ertragen muß, dann ist diese Schilderung von Ereignissen überhaupt keine Geschichte, sondern nur ein Abenteuer. Eine vollständige Definition wäre also:
Eine Geschichte ist eine Schilderung von folgenschweren Ereignissen, an denen bemerkenswerte menschliche Figuren beteiligt sind, die sich infolge dieser Ereignisse verändern.
DIE SPANNENDE GESCHICHTE
In einer spannenden Geschichte, und das ist die einzige lesenswerte Art von Geschichte, müssen die Figuren kämpfen. Natürlich können Sie eine Geschichte schreiben, in der die Figuren leiden und allerlei erleben, sich jedoch generell passiv verhalten, indem sie nichts tun, um ihre Probleme zu lösen. Wenn sich diese Figuren infolge der Mühsal, die ihnen auferlegt ist, verändern, dann ist eine solche Schilderung von Ereignissen zwar eine Geschichte, aber keine spannende Geschichte. Die Figuren müssen kämpfen, damit Spannung entsteht. Ein Leser mag zwar angesichts der Notlage einer Figur Mitleid empfinden, doch eine wirkliche Identifikation, bei der der Leser sich selbst vergißt und ganz in der Welt der Figur aufgeht, kann nur bei einer Figur stattfinden, die kämpft. Erinnern Sie sich an Joe und Sally? Wir wollen ihnen ein Problem stellen, mit dem sie zu kämpfen haben. Mal sehen, was passiert:
Als Joe an jenem Morgen zu Sally fuhr, merkte er, daß ihm ein verbeulter Pickup folgte. Weshalb sollte ihn jemand verfolgen? Das mußte er sich einbilden, sagte er sich.
Interessiert? Natürlich. Da geht irgend etwas Mysteriöses vor sich, und wir wollen wissen, wie es weitergeht. Wir hätten die Geschichte auch so anfangen können:
Joe hat den halbkarätigen Ring in einem Discount-Schmuckgeschäft am Hafen gekauft. Heute abend im Restaurant würde er ihr »die Frage stellen«. Sicher, er kannte sie erst seit zwei Wochen, aber für ihn waren zwei Wochen genug …
Interessiert uns das? Na klar. Wir wollen wissen, ob sie ja sagt und wie er reagiert, wenn sie es tut. Wie wäre es mit einer Gruselgeschichte?
Joe hatte seit Monaten nicht mehr daran gedacht, doch als er seine Badehose aus der Schublade nahm, fiel ihm wieder ein, was die Zigeunerin auf der Weihnachtsparty im letzten Jahr zu ihm gesagt hatte: »Das Schicksal wird dir bald ein feuchtes Grab bescheren, mein Sohn …«
Die Probleme, die Sie Ihren Figuren stellen, nennt man »Fragen zum Verlauf der Geschichte«. Solche Fragen veranlassen den Leser dazu weiterzulesen, um die Antwort zu finden. Sie sind die Appetithappen in dem Festmahl, das Sie servieren.
FANGEN SIE MIT IHRER GESCHICHTE VOR DEM
EIGENTLICHEN ANFANG AN
An welcher Stelle beginnen Sie nun mit Ihrer Schilderung von Ereignissen, an denen bemerkenswerte Figuren beteiligt sind?
Normalerweise fangen Sie genau vor dem Anfang an.
Das ist nicht so paradox, wie es klingt. Wenn Sie das Leben eines Menschen als Ganzes betrachten, gibt es darin Höhen und Tie-fen, gute und schlechte Zeiten. Sie werden für Ihre Erzählung eine bestimmte Geschichte aus diesem Leben aussuchen, beispielsweise den Zeitpunkt, als Ihr Mann von Bromberg & Bromberg gefeuert wurde und sich selbständig machte. Sie entscheiden sich für diese Geschichte, weil sie Ihrer Ansicht nach potentiell die dramatischste, spannendste und unverbrauchteste ist.
Wo genau würden Sie mit Ihrer Schilderung von Ereignissen einsetzen? Die beste Stelle wäre wahrscheinlich kurz vor der Kündigung. Der Rausschmiß selbst markiert den Anfang der Geschichte. Doch können wir die Bedeutung dieses Rausschmisses nicht verstehen, wenn wir die Situation der Figur, bevor sie gefeuert wurde, nicht einschätzen können. Ist die Kündigung für sie eine gute oder eine schlechte Sache? Wenn der Job schrecklich ist und sie sowieso kündigen wollte, ist die Kündigung eine Erleichterung. Wenn sie den Job dringend braucht und die Kündigung den möglichen Ruin bedeutet, dann haben Sie eine vollkommen andere Situation. Ereignisse können nur im Zusammenhang mit der Situation verstanden werden, in der sich die Figur zum Zeitpunkt des Geschehens befindet. Deshalb ist es wichtig, daß der Leser den Status quo kennt, d.h. die Lage der Dinge zu einem bestimmten Zeitpunkt, die Ausgangssituation.
Die Ereignisse vor der Kündigung rinden innerhalb der
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