Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wigge
Vom Netzwerk:
können, ob sie es nicht wieder eintauschen wollen. Alle, die ich anrufe, haben ihren Spaß an den Telefonaten – nur ich nicht.
    Schließlich ist es Wiebke, die mir hilft. Sie will mit ihrem Kollegen Kalian sprechen, der aus der südindischen Großstadt Bangalore kommt und einen heißen Draht zu einem Seidenproduzenten hat. Tatsächlich ruft der mich kurze Zeit später an und erzählt mir, dass er meinen Tauschrausch wirklich spannend findet und das Tuk Tuk gegen Seide eintauschen möchte. Ich bin erleichtert und überglücklich. So schnell hätte ich nicht mit einem Tauschgerechnet, schon gar nicht übers Telefon, schließlich hat der Seidenproduzent das Space-Tuk-Tuk überhaupt noch nicht gesehen. Aber leider gibt es in Indien die ein oder andere bürokratische Hürde, die solche Möglichkeiten auch schnell wieder zunichtemachen kann, das habe ich ja schon in den Teebergen von Munnar erleben müssen.
    Es ist also die indische Bürokratie, die sich zwischen das Space-Tuk-Tuk und den Seidenproduzenten im 600 Kilometer entfernten Bangalore stellt. Raj, der Leiter eines Reisebüros und Transportunternehmer, den ich als potenziellen Helfer kontaktiert habe, erklärt mir, dass Tuk Tuks nicht über die Grenzen der Bundesstaaten transportiert werden dürfen. Ein Tuk Tuk aus Goa darf nur in Goa fahren und ein Tuk Tuk aus Kerala nur in Kerala. Ohne Wenn und Aber. Einmal über die Landesgrenze, und der Spaß ist vorbei, keine Ausnahmen möglich – erst recht nicht, wenn der Besitzer keinen Wohnsitz in Indien hat und das Tuk Tuk nicht gekauft, sondern getauscht wurde. Mir wird klar, dass ich keine Chance habe, dieses Tuk Tuk zum Seidenproduzenten zu bringen. Es ist schon schwierig genug, meine Tausch-Ideen in die Tat umzusetzen, wenn dann aufgrund der unterschiedlichen Kulturen noch unerwartete Schwierigkeiten hinzukommen, erscheint mir mein Vorhaben wie eine riesige Wand, an der ich verzweifelt hochschaue und die einfach immer höher wird, wenn ich mich gerade ein Stückchen hochgezogen habe.
    Ich klage Raj erneut meine Probleme, und tatsächlich findet er jemanden, der meine Probleme mit den indischen Gepflogenheiten verstehen kann, da er viel Kontakt mit Europäern hat und ihre Sichtweise kennt. Er hat Mitleid mit mir. Nach langen Gesprächen über die Sackgasse, in der ich mich befinde, bietet er mir tatsächlich an, das Tuk Tuk selbst zu übernehmen, um es zu einem späterenZeitpunkt zu verkaufen. Dann ruft er den Seidenproduzenten in Bangalore an und bestellt von seinem Geld für mich so viel Seide, dass sie dem von ihm geschätzten Wert des Space-Tuk-Tuks entspricht. Angeblich kann ich nun nach Bangalore fahren, um die Seide dort abzuholen. Ich bin immer noch vorsichtig und bleibe zurückhaltend. Wer sagt mir, dass sich alle Beteiligten in zwei Tagen noch an dieses Telefonat erinnern können? Wer sagt mir, dass der Seidenproduzent Rajs Anliegen richtig verstanden hat? Und wer sagt mir, dass die Situation in zwei Tagen nicht aus irgendwelchen Gründen schon wieder eine komplett andere ist?
Im Herzen Indiens: Seide, Armut und sechs Jahre Trockenheit
    Trotz dieser Zweifel steige ich in den Nachtbus Richtung Bangalore und schlafe auf einer Pritsche ohne Kissen und Decke meine Erschöpfung der letzten Tage aus. Nach einer langen Nachtfahrt mache ich vormittags einen Zwischenstopp in Hampi. Auf über 26 Quadratkilometer liegt eine unüberschaubare Anzahl von Tempeln, die natürlich alle besichtigt werden wollen, denn Hampi war zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert die Hauptstadt des bedeutenden hinduistischen Königreichs Vijayanagar und hatte zu seiner Blütezeit fast eine halbe Million Einwohner. Heute leben nur noch ungefähr 2000 Einwohner in der Stadt, die allerdings inzwischen etliche ungewöhnliche Mitbewohner bekommen haben. Überall auf den Tempeln wohnen Horden von Affen, die den Komplex fest im Griff halten.
    Als ich mein Hawaii-Bild mit Haus, Hula-Hula-Mädchen und Blumenrahmen aus meinem Rucksack hole, um einenHampi-Hawaii-Vergleich zu machen, reißt sofort ein Affe das Bild an sich. Ein wildes Tauziehen um das erträumte Hawaii-Haus beginnt zwischen dem Affen und mir. Was will der Affe nur damit, schließlich hat er doch ein Zuhause? Scheinbar geht es ihm mehr um die Plastikblumen, die den Rahmen des Bildes schmücken. Das Tauziehen findet erst ein Ende, als er merkt, dass die Blumen ziemlich schlecht schmecken und das zerbissene Bild nicht mehr so sexy aussieht. Ich bin ziemlich genervt von diesem Affen, da

Weitere Kostenlose Bücher