Wildes Begehren
herzlos und sogar grausam zu denen, die sie für unterlegen hielt. Wenn Philip wirklich unter ihrer Fuchtel stand, blieb ihm nur die Zeit bis zu Imeldas Ankunft, um Isabeau von seiner Wichtigkeit zu überzeugen. Danach würde Imelda ihn auf seinen Platz verweisen.
Da Philip sie für Elijahs Cousine hielt, glaubte er bestimmt, sie wüsste etwas über die Familiengeschäfte. Als Chef eines vom Vater ererbten gefährlichen Drogenkartells
war Elijah Imelda ebenbürtig. Sicher fragten Philip und Imelda sich, ob Marcos etwas mit Elijah und seinem Unternehmen zu tun hatte und ob die beiden gemeinsam kamen, um eine Allianz vorzuschlagen.
Marcos tätschelte einer Kellnerin, die neben ihm stand, den Hintern und die junge Frau ließ es sich mit gesenktem Blick gefallen. Isabeau zuckte nicht mit der Wimper, obwohl sie dem alten Lustmolch gern ihr Glas an den Kopf geworfen hätte. Was wusste sie eigentlich über ihn? Wieso duldeten die anderen, dass er sich so benahm? Sie zwang sich, tief einzuatmen und den Geruch der Umstehenden aufzunehmen, damit ihre Katze ihr einen Überblick verschaffen konnte.
Am deutlichsten roch es nach Angst, außerdem noch nach Hass und Wut. Unter der Oberfläche gärte es also. Und natürlich witterte sie auch Lüsternheit, doch nicht bei Marcos. Er spielte nur eine Rolle. Genau wie sie. Und Conner. Das Ergebnis war eindeutig.
Isabeau schaute zu Elijah hinüber. Er hatte es gewusst. Alle hatten es gewusst. Hier ging es nicht nur um Drogen und Kidnapping. Sie hatten ihr verschwiegen, was sie erwartete. Wenn sie von Anfang an eingeweiht gewesen wäre, wäre sie niemals imstande gewesen, Sobre freundlich anzulächeln. Die anderen hatten sie vorsätzlich wie ein Unschuldslamm in die Höhle des Löwen geschickt. Isabeau hätte ihr Leben darauf verwettet, dass einige der reichen Touristen, die Sobre in diesen Teil des Urwalds gelockt hatte, spurlos verschwunden waren. Nichts leichter als das.
Was reimte sie sich da eigentlich zusammen? Dass der aalglatte Kerl, der ihr gerade ein neues Glas Wein reichte, in Wahrheit ein Serienkiller war? Dass er seine Position
ausnutzte, um seine sadistischen Triebe zu befriedigen? Um von ihren erschreckenden Gedankengängen abzulenken, führte Isabeau ihr Glas zum Mund. Sie trank sogar einen Schluck, ehe sie den Geruch bemerkte. Irgendjemand hatte ihr etwas in den Wein getan. Isabeau leckte sich über die Lippen und sah wieder zu Elijah hinüber. Diesmal reagierte er; lächelnd nahm er ihr das Glas aus der Hand und setzte es selbst an die Lippen. Isabeau stockte der Atem, fast hätte sie ihm eine Warnung zugerufen.
In dem Augenblick rempelte die Kellnerin Elijah an, sodass er das Getränk verschüttete. Der Wein landete auf seinem blütenweißen Hemd, und das Glas zersplitterte am Boden. Das Tablett folgte scheppernd, und die Häppchen verteilten sich ringsherum.
»Teresa!«, brüllte Philip. Die Faust, die auf das entsetzte Gesicht der Frau zielte, verfehlte Isabeau nur um Haaresbreite.
Das Klatschen von Fleisch auf Fleisch hallte laut durch den Raum. Alle Unterhaltungen verstummten, und es wurde seltsam still. Conner stand vor der Kellnerin und hielt Philips Faust umklammert. Niemand hatte ihn kommen sehen. Er wirkte wild entschlossen. Und gefährlich. Seine goldenen Augen bohrten sich in die des kleiner gewachsenen Gastgebers.
»Vielleicht haben Sie es nicht bemerkt, aber Sie haben diese Frau angestoßen, sodass sie gegen Mr. Lospostos prallte.« Conner sprach sehr leise. Isabeau bezweifelte, dass irgendjemand außerhalb ihres kleinen Kreises ihn verstehen konnte. »Und fast hätten Sie Miss Chandler getroffen.«
Philip Sobres Augen funkelten mordlüstern, doch dann riss er sich zusammen und lächelte. »Ich fürchte, nein.«
Conner gab seine Hand wieder frei. Isabeau war klar,
dass die Kameras jede Bewegung aufgezeichnet hatten und dass Imelda das überraschende Eingreifen des Leibwächters sehr interessant finden würde. Er hatte eine Kellnerin verteidigt. Und er war so schnell dazwischengegangen, dass die Kameras es wahrscheinlich gar nicht richtig mitbekommen hatten. Imelda würde mehr als nur interessiert sein. Bestimmt wollte sie einen so draufgängerischen, gefährlichen Mann kennenlernen. Er hatte Philips Bodyguards gar nicht beachtet, so als könnten sie ihm nichts anhaben.
Isabeaus Herz begann zu klopfen, und sie spürte, wie ihr vor Angst die Galle hochkam. Conner hatte sich zur Zielscheibe gemacht, dabei waren alle um sie herum Killer. Sie hegte
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