Wind des Südens
nicht.« Er seufzte und drehte sich zu Mushi um. »Bring sie raus.«
Daraufhin protestierten die Frauen lautstark, doch Lee machte dem Aufruhr schnell ein Ende.
»Bring sie alle raus.«
Als die Frauen hinaus auf Deck gestoßen wurden, verlor Mal die Beherrschung. Er zerrte und ruckte an seinem Stuhl und brüllte Bartie Lee an: »Wenn du meine Frau anfasst, Bartie, dann hol ich dich. Ich finde dich und bring dich um!«
Bartie zuckte mit den Schultern, wies zwei bewaffnete Männer an, die Gefangenen zu bewachen, und folgte den Frauen hinaus aufs Deck.
»Runter in die Kapitänskabine«, sagte er zu Mushi, der sie vor sich her stieß.
Als sie dort eingeschlossen waren, gingen er und Mushi geradewegs zur Kabine der Horwoods, denn sie hatten die Stewards über deren Schmuck reden gehört. Sie fanden den Stahlsafe, rüttelten ihn und hörten voller Begeisterung das Klappern des Inhalts, und nachdem sie die Kabine durchsucht und das Geld aus einer ledernen Brieftasche eingesteckt hatten, machten sie sich auf die Suche nach einem Gegenstand, mit dem sie den Schmucksafe zertrümmern konnten. Doch als sie auf den Gang hinaustraten, begegneten sie Ingelby.
»Was habt ihr da?«, fragte er, als wäre er immer noch ihr Vorgesetzter.
»Unsere Sache«, antwortete Bartie streitsüchtig, und Mushi war schwer beeindruckt.
»Ja«, sagte er, »Bartie ist jetzt der Boss.«
Ingelby nickte nur. »Wo sind die Frauen?«
»In der Kapitänskabine, weinen wie Babys«, berichtete Bartie. »Denen fehlt nichts.«
»Wir brauchen mehr Segeltuch in den Rettungsbooten. Holt eure Leute, die sollen sich darum kümmern.«
Bartie war erfüllt von seiner eigenen Bedeutung. »Wir brauchen kein Segeltuch. Meine Männer segeln nicht, sie rudern.«
»Wir brauchen Segeltuch für Zelte, für Schutzdächer. Da, wo wir hingehen, ist nichts als Busch. Keine Möglichkeit, irgendwas zu kaufen.«
»In Ordnung. Pass du auf, dass Jake richtig steuert. Der Kapitän meint, wir laufen auf ein Riff auf.«
»Nur noch eine Stunde Fahrt oder so … wir sind fast da. Haltet Ausschau nach Lichtern von den Lagern. Wir sind so nahe an der Küste, wie es eben geht.«
Sie blickten ihm nach, als er nach oben ging, und Mushi fragte: »Ob er schon von Flesser weiß?«
»Wen interessiert das?«
»Warum räumen wir sie nicht alle aus dem Weg?«
»Weil ich nicht so dumm bin wie du. Wir gehen an Land, wo man Englisch spricht, und dafür brauchen wir diese Offiziere. So fragt man uns nicht so viel.« Er boxte Mushi gegen den Arm. »Offiziere lügen besser als wir, verstehst du?«
»Genau«, stimmte Mushi begeistert zu. »Sollen die Frauen eingesperrt bleiben, Bartie?«
»Ja. Ich muss mit Jake reden.«
Mittlerweile hatte Mal unbemerkt sein Messer in seine Rechte manövriert und die Fesseln durchgeschnitten, doch er durfte sie noch nicht fallen lassen, weil auf jeder Seite des Salons ein Mann stand und seine Waffe auf die Passagiere richtete. Er rückte seinen Stuhl so zurecht, dass er beide gut im Blick hatte, und stimmte nicht in die bitteren Bemerkungen der übrigen Gefangenen ein. Er musste sich konzentrieren und wusste, dass er nur eine einzige Chance hatte, etwas auszurichten, sobald er sich befreit hatte.
»Wie geht’s?«, fragte Jake Bartie Lee fröhlich, als er ins Steuerhaus kam.
»Gut, Kumpel. Pass bloß auf, dass du nicht auf ein Riff aufläufst, Kumpel.«
Jake nahm die Unverschämtheit, als Kumpel tituliert zu werden, lediglich als Warnung auf. Es war ihm gleich, wie der schweißstinkende Malaie ihn nannte. Er griff nach der Laterne über seinem Kopf, als benötigte er mehr Licht auf der Karte vor ihm, und gab vor, darin vertieft zu sein.
»Musst auf die Karte achten, wie?«, fragte Bartie.
»Ja.« Jake richtete das Steuer aus und spähte über das im Mondschein schimmernde Wasser hinweg. »Siehst du Licht an Steuerbord?«
»Nein, aber ich kann mal genauer nachsehen. Ich habe scharfe Augen.«
Er tappte über den Bug des Schiffes, blickte in Richtung Land, entdeckte nichts
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