Winterwunder
holte er sich fast Erfrierungen an den Fingern.
»Hör mal, es war ein verkorkster Abend, das ist alles. Verkorkster Abend, beschissene Laune. Ich hätte das nicht mit herbringen sollen.«
»Da hast du vollkommen Recht.« Parker schob seine Hand weg. »Nimm es wieder mit nach Hause.«
Sie stolzierte zur Spüle und kippte das Bier in den Ausguss.
Als sie über die Schulter zurücksah, war sie allein. Sie spürte den Stich direkt unter dem Herzen.
»Hm«, murmelte sie und spülte sorgfältig die Flasche aus. »Na schön. Gut. So funktioniert das für mich nicht.«
Sie stellte sich vor, sie würde die Flasche an die Wand schmettern, das Glas zersplittern hören. Doch, räumte sie ein, so funktionierte es für sie auch nicht. Also brachte sie die Flasche zum Altglaseimer.
Auf ihrem Weg zurück durchs Haus schaltete sie Lichter aus, kontrollierte Schlösser, bis sie schließlich nach oben in ihren Wohntrakt ging.
Im Schlafzimmer zog sie sich aus, räumte ihre Schuhe weg, sortierte ihre Kleider in die richtigen Wäschekörbe, bevor sie in ihren ältesten, bequemsten Schlafanzug schlüpfte.
Sie spulte ihre gesamte Zubettgeh-Routine ab, Schritt für Schritt.
Dann lag sie vor Ärger die ganze Nacht wach und fühlte sich hundsmiserabel.
»Wir haben uns nicht gestritten.« Parker absolvierte ihren dritten Kilometer im Fitnessraum. »Wir stecken in einer Sackgasse.«
»Für mich klingt es wie ein Streit«, sagte Laurel.
»Bei einem Streit zankt man sich, schreit sich an oder wirft sich unpassende Sachen an den Kopf. Es war kein Streit.«
»Er ist gegangen. Du bist sauer. Das ist auch typisch für einen Streit.«
»Na schön, wenn du unbedingt willst«, blaffte Parker. »Dann haben wir uns eben in die Sackgasse gestritten.«
»Er hat sich blöd benommen.«
»Endlich sind wir uns mal einig.«
»Es war blöd von ihm«, fuhr Laurel fort, »um Mitternacht herzukommen, weil ihm irgendwas zu schaffen machte, ohne dir sagen zu wollen, was es war. Und noch blöder war es, zu gehen, als du ihn dazu aufgefordert hast. Jeder, der dich kennt, weiß, dass du von ihm erwartet hast, mit dir zu streiten, bis du ihn kleingekriegt hast und er dir erzählt, was ihm zu schaffen macht.«
Mit einem Nicken griff Parker zu ihrer Wasserflasche und trank in großen Schlucken.
»Andererseits kennt er dich noch nicht so lange wie ich, also ist es nicht auszuschließen, dass er die Aufforderung zu gehen einfach als solche verstanden hat.«
Ein nasser Tränenklumpen staute sich in Parkers Brust. Sie zwang sich, dagegen anzugehen, genau wie sie sich zwang, den nächsten Kilometer zu rennen. »Ich kann nicht mit jemandem zusammen sein, der nicht mit mir redet, der mir – außer rein körperlich – nicht wirklich nahe sein kann.«
»Nein, natürlich nicht. Aber Nähe, echte Nähe, fällt manchen Menschen eben schwerer als anderen. Ich verteidige ihn nicht«, fügte Laurel hinzu, »sondern ich bewerte und ziehe meine Schlüsse. Ich bin gerade du, weil du zu durcheinander bist, um du zu sein.«
»Dann muss ich ziemlich nervig sein. Tut mir leid«, sagte Parker rasch und stieg von ihrem Fitnessgerät. »Entschuldige. Ich habe überhaupt nicht geschlafen, und ich fühle mich hundeelend.«
»Schon okay. Manchmal bist du auch nervig.«
Mit einem kläglichen Auflachen schnappte Parker sich ein Handtuch. »Ja, stimmt. Ich gehe mir gerade selbst auf die Nerven.« Sie vergrub das Gesicht im Handtuch und rubbelte fest darüber. Dann hielt sie es einfach davor, als Laurels Arme sich um sie schlossen.
»Ich will nicht heulen, weil es dämlich ist, deswegen zu heulen. Ich will lieber nervig sein als dämlich.«
»Du bist weder noch – und du weißt, dass ich es dir sagen würde, wenn du eins von beidem wärst.«
»Auf dich kann ich mich verlassen«, murmelte Parker, atmete einmal tief durch und ließ das Handtuch sinken.
»Du bist sauer, frustriert, traurig und echt müde. Also, gönn dir ein paar Stündchen Ruhe. Ich kann alles übernehmen, was reinkommt. Falls nicht, haue ich Emma und Mac an.«
»Vielleicht nehme ich mir eine Stunde, schnappe ein bisschen frische Luft, gehe spazieren, um den Kopf wieder klar zu bekommen.«
»Was auch immer. Gib mir das Telefon.«
»Oh, aber …«
»Ich meine es ernst, Parker. Gib mir das Telefon.« Mit zusammengekniffenen Augen streckte Laurel den Zeigefinger aus und krümmte ihn. »Ansonsten sehe ich mich zu der Annahme gezwungen, dass Malcolm nicht der Einzige ist, der ein Problem damit hat, anderen zu
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