Wir in drei Worten
heiraten?«
»Ja, natürlich. Warum nicht?«
»Das ist mehr, als ich dir im Augenblick versprechen kann.«
Rhys atmet zischend durch die zusammengepressten Zähne aus, als ginge ihm die Luft aus. »Entweder bist du dabei oder nicht. Ich lass mich von dir nicht mehr verarschen.«
Ich denke daran, wie Rhys mir vor mehr als einem Jahrzehnt auf einer Umzugskiste ein Angebot gemacht hat. Damals glaubte ich, keinen überzeugenden Grund zu haben abzulehnen. Ich bin dabei, den gleichen Fehler wieder zu begehen, aus den gleichen feigen Gründen. Ich begreife, dass es keine Rolle spielt, dass ich immer noch Gefühle für Rhys habe. Auch nicht, dass es da draußen niemanden gibt. Es spielt auch keine Rolle, was Caroline denkt. Es geht nicht darum, etwas zu einer Summe zu addieren oder das geringste Übel zu wählen. Rhys hat etwas Besseres verdient. Ich habe etwas Besseres verdient.
Ich finde meine Stimme wieder. »Rhys, wir werden nicht wieder zusammenkommen.«
»Du hast gesagt, du liebst mich.«
»Das tue ich auch. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir ohne einander besser dran sind. Das weißt du auch. Wir haben seit Jahren nicht mehr so miteinander gesprochen wie heute. Eine Weile würde es vielleicht gutgehen, aber dann wäre alles wieder beim Alten. Wir lieben uns, aber wir holen nicht das Beste aus dem anderen heraus.«
»Du willst alles wegwerfen? Dreizehn Jahre? Wofür? Dann war alles umsonst.«
»Nur weil wir nicht heiraten oder für immer zusammenbleiben, heißt das nicht, dass alles vergeudet war.«
»Doch, genau das heißt es, Rachel. Vergeudete Mühe, vergeudete Zeit. Dieser Ben. Hast du ihn geliebt?«
Ich zögere.
»Schon verstanden. Zumindest erklärt das, warum er neulich aussah, als hätte ihm jemand in den Hintern gekniffen.«
Rhys schaut auf den Tisch, und als er die Stirn runzelt, vertieft sich die feine Linie zwischen seinen Augenbrauen zu einer tiefen Furche. Ich frage mich, wie seine Frau sein, ob er Jungs oder Mädchen haben und wie er aussehen wird, wenn er alt ist. Da ist so vieles, was ich aufgebe. Und niemand glaubt, dass ich das Richtige tue. Ich empfinde eine intergalaktische Einsamkeit, trudle, losgelöst vom Mutterschiff, in den Weltraum hinein und sehe zu, wie sich meine Sauerstoffvorräte dem Ende zuneigen.
»Ich verstehe es nicht«, sagt Rhys, und seine Stimme klingt zu meiner Überraschung nicht zornig. »Ich verstehe es einfach nicht. Ich kapiere nicht, was sich verändert hat.«
»Ich habe mich verändert. Ich weiß nicht, warum. Es tut mir leid.«
Erneutes Schweigen.
Rhys lehnt sich zurück, kramt meinen Verlobungsring aus den Tiefen seiner Jeanstasche und legt ihn vor mir auf den Tisch.
»Oh, nein, das kann ich nicht.«
»Behalt ihn. Ich habe keine Verwendung dafür.« Rhys beugt sich über den Tisch und küsst mich auf die Wange. »Viel Glück, Rachel.«
»Vielen Dank«, will ich erwidern, aber die Worte bleiben mir in der Kehle stecken, die plötzlich wie zugeschnürt ist.
Rhys befürchtet einen Tränenausbruch, steht auf und gibt mir zu verstehen, dass unsere Unterhaltung beendet ist. Er schlendert zur Bühne hinüber, ich reiße mich zusammen und steuere auf den Ausgang zu. Als ich kurz davor bin, den Laden zu verlassen, fummelt Rhys am Mikrofonständer herum, stellt die richtige Höhe ein und murmelt »eins-zwo, eins-zwo« in den Mikrofonkopf.
Ich ziehe die Tür auf.
Rhys’ verstärkte Stimme dröhnt zu mir herüber: »Versetz ihn im Pfandhaus, dann kannst du dir noch ein paar Monate in deiner Protzbude leisten.«
[home]
61
I ch habe die Hochzeit meiner Jugendfreundin Samantha verschwitzt, und ich konnte nur deshalb so lange so tun, als wäre nichts, weil die Einladung an die Adresse meiner Eltern geschickt worden war. Meine Mum hatte, ganz untypisch für sie, offensichtlich gezögert, mich daran zu erinnern.
Als sie anruft und ankündigt, mich Samstagmittag abzuholen, muss ich mich der Tatsache stellen, dass ich sowohl im praktischen Sinn als auch emotional völlig außerstande bin, diesen besonderen Tag eines anderen Menschen durchzustehen. Mir steht eine zwölf Stunden dauernde Gedenkveranstaltung daran bevor, dass mein eigener großer Tag abgesagt ist, und das in Gesellschaft meiner Eltern, die den gleichen Gedanken haben werden. Das erscheint mir außergewöhnlich grausam.
»Hast du Rhys wiedergesehen?«, fragt meine Mum und wirft mir im Rückspiegel einen Blick zu, während sie eine weitere Schicht Wimperntusche aufträgt.
Wir brausen
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