Wir in drei Worten
»Welche verdammte Rolle spielt es, wo es passiert ist?«
»Ich versuche nur, die Fakten zusammenzutragen!«
»In unserer Studentenbude. Du und Caro wart in der Nacht vor dem Abschlussball zu Hause. Da ist es passiert.«
»Warum hast du uns das nie erzählt?«, wiederholt Caroline Mindys Frage in einem anderen Tonfall.
Ich lasse mich auf einen Stuhl fallen und zucke zusammen, als mein überhitzter, vom Essen und Trinken aufgeblähter Körper gegen die Nähte des Kleids drückt.
»Es kam völlig unerwartet. Ich war verliebt in ihn, aber ich habe es vermasselt und ihn glauben lassen, dass ich gar nicht so verrückt nach ihm sei, und es war vorbei, bevor es richtig begonnen hatte. Rhys kam zum Ball, Ben machte sich aus dem Staub und nahm meine Anrufe nicht an. Er ging auf Reisen, und das war’s. Ich habe es nicht ertragen, darüber zu sprechen. Ich hatte das Gefühl, wenn ich es ignoriere, würde es nicht so weh tun.«
»Oh, Gott«, wispert Mindy.
»Und was war mit Olivia?«, erkundigt sich Caroline. Ihr Blick ist nicht streng, aber skeptisch. Alles ist genau so, wie sie es vorhergesagt hat.
Ich berichte kurz von Olivias gezielten Vorwürfen und von Simons eher allgemein gehaltenen Anschuldigungen.
»Unglaublich!«, ruft Mindy. »Was bildet der Kerl sich ein? Und was ist sie eigentlich für eine Zicke!«
Caroline sagt nichts. Ich stütze den Kopf in meine Hände.
»Komm, komm rüber zum Sofa.« Mindy zieht mich hoch. »Diese Stühle sind nicht zum Sitzen geeignet. Ich habe sie nur gekauft, weil sie so gut zum Tisch passen.«
Als ich auf weicheren Polstern sitze, werde ich einer gründlichen Prüfung unterzogen.
»Es war nur eine Nacht? Ben mochte dich auch?«, erkundigt sich Mindy.
»Er sagte damals, dass er mich liebe. Er stand kurz vor seiner Reise, und ich hatte mich zu meinem Anschlussstudium angemeldet. Das Timing hat einfach nicht gestimmt.«
Caroline sagt immer noch nichts.
»Sag bitte nicht, dass du recht hattest«, sage ich zu ihr. »Ich hätte niemals riskieren dürfen, mich wieder mit Ben anzufreunden.«
»Ich verstehe nicht, was du falsch gemacht haben sollst. Sollst du dich für etwas entschuldigen, was Jahre vor der Begegnung mit seiner Frau passiert ist?«, fragt Mindy.
Ich beiße mir auf die Lippe.
»Nur damit ich das alles richtig verstehe«, fährt Mindy fort. »Hast du versucht, Ben anzumachen und ihn ihr wegzunehmen?«
»Nein, aber …«
»Dann müsst ihr euch meiner Meinung nach beide nicht vorwerfen, dass ihr die Sache nicht an die große Glocke gehängt habt. Wenn ihr ein Paar gewesen wärt und es verschwiegen hättet, wäre das unehrlich gewesen. Alles andere zielt nur darauf ab, die Gefühle anderer nicht zu verletzen. Niemand legt eine komplette Liste mit Bekenntnissen vor, bevor er die Heiratsurkunde unterschreibt. Es gilt ›Frag nicht, sag nichts‹.«
Ich muss unwillkürlich lachen. »Wie bei den Homosexuellen in der US -Army?«
»Genau!«
Ich werfe einen Blick zu Caroline hinüber. Dann schaue ich wieder Mindy an. Soll ich es ihnen sagen? Ich kann es mir selbst kaum eingestehen. Ich werde es ihnen beichten. Ich muss es tun.
»Es war eine schlechte Idee, mich wieder mit ihm anzufreunden, weil …«
Zwei Augenpaare weiten sich erwartungsvoll.
»… unser Wiedersehen mir die lächerliche Wahrheit vor Augen geführt hat. Ich bin immer noch verliebt in ihn.«
Caroline und Mindy schauen sich an und wenden sich dann wieder mir zu.
»Wahnsinn«, haucht Mindy.
»Es ist verrückt und tragisch«, sage ich.
»Und absolut romantisch.«
»Er ist verheiratet«, bemerkt Caroline nüchtern.
»Ja, er ist verheiratet, also ist es nur traurig und verkehrt«, erwidere ich. Mir wird auf grässliche Weise bewusst, dass Caroline jetzt womöglich das Gefühl hat, sie müsse Verständnis zeigen für die Art Frau, die es mit Graeme treibt. »Als Olivia mich beleidigt hat, wusste ich, dass ich es verdient habe.«
»Das hast du nicht verdient!«, widerspricht Mindy, aber ihr Blick flattert unsicher zu Caroline hinüber.
Pause.
»Hört mir mal zu.« Caroline wendet sich an uns beide. »Ihr habt euch großartig verhalten, als Graeme sich als Arschloch entpuppt hat, aber ich habe das Gefühl, dass ihr jetzt einen harten Kurs von mir erwartet oder meint, ihr müsst mich mit Samthandschuhen anfassen. Ich bin immer noch die Alte. Meine Ansichten haben sich nicht geändert, und, Rachel, ja, ich habe gesagt, dass du dich vor dem Funken in Acht nehmen solltest, der zwischen dir und Ben
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