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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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da …« Er rülpste. »Er war der reichste Wucherer. Ich weiß nicht viel von ihm, außer wie reich er war, aber ich erinnere mich sehr gut an seine Weiber. Nie hat er seine Weiber in Zucht genommen. Sie trugen keinen Tschador, stolzierten herum und stellten sich zur Schau. Ich erinnere mich an diesen Satansbraten von Tochter, die hin und wieder halb nackt, die Haut weiß wie Sahne, mit flatterndem Haar, wippenden Brüsten und einladendem Hintern zu Besuch in die Straße der Geldverleiher kam. Scharazad heißt sie. Ich habe sie verflucht, weil ich bei ihrem Anblick auf sündige Gedanken verfiel.« Verflucht soll sie sein, sie und alle Frauen, die Allahs Wort mißachten, dachte er. »Er war aller Verbrechen schuldig«, sagte er und wandte sich ab.
    »Aber … wurde er verurteilt?« rief ihm der Befehlshaber nach.
    »Allah hat ihn verurteilt. Selbstverständlich. Der Pfosten wartete, und du hast gesagt, ich solle mich beeilen. Es war Allahs Wille. Allah ist groß. Jetzt hole ich Turlak, den Gotteslästerer.« Ahmed zuckte die Achseln.

28
    Auf dem Weg nach Bandar-e Delam: 11 Uhr 58. Es war die Zeit des Mittagsgebetes, und der uralte, klapprige, überfüllte Bus hielt am Straßenrand. Wie es der mitreisende Mullah befahl, stiegen alle Moslems gehorsam aus, breiteten ihre Gebetsteppiche auf den Boden und vertrauten ihre Seelen Allah an. Mit Ausnahme einer indischen Hindufamilie, die ihre Sitzplätze nicht verlieren wollte, waren auch die meisten anderen Passagiere – unter ihnen Tom Lochart – ausgestiegen, dankbar für die Gelegenheit, sich die Beine zu vertreten oder ihre Notdurft zu verrichten. Christliche Armenier, orientalische Juden, ein Kaschkai-Ehepaar, zwei Japaner, einige christliche Araber – allen war der einsame Europäer aufgefallen.
    Es war ein warmer, dunstiger Tag. Mit schmerzenden Gliedern und Muskeln nach dem Gewaltmarsch vom Dez-Staudamm – 300 Kilometer nördlich von hier – und der Strapaze dieser zermürbenden, lärmenden Busfahrt, lehnte sich Tom Lochart erschöpft gegen die wegen des heißgelaufenen Motors dampfende Motorhaube. Das ganze Stück von Ahwas herunter war er eingekeilt auf einer Sitzbank gesessen, die kaum Platz für zwei bot und schon gar nicht für drei Männer. Einer davon war ein junger hezbollahi, der seine M 14 und sein Kind im Schoß hielt, während seine schwangere Frau mit 30 anderen in dem engen Gang stehen mußte, der für 15 Personen gedacht war. Die Luft war zum Schneiden, Stimmen plapperten in einer Vielzahl von Sprachen. Über ihren Köpfen und unter ihren Füßen Koffer, Taschen und Bündel, Kisten mit Gemüse oder halbtoten Hühnern, eine oder zwei schlecht genährte Ziegen mit gefesselten Vorderbeinen, und dazu noch Massen von Gepäck auf dem Dach. Aber ich habe verdammtes Glück gehabt, so weit zu kommen, dachte er, während er mit halbem Ohr der monotonen Weise der Schahada lauschte. Als er gestern hei Sonnenuntergang die 212 von Dezful abheben gehört hatte, war er, Gott für seine Rettung dankend, unter der Holzterrasse hervorgekrochen. Er zitterte, denn das Wasser war sehr kalt gewesen. Er hob die Maschinenpistole auf, überprüfte den Mechanismus und ging ins Haus hinauf. Die Tür stand offen. Der Kühlschrank, der, von einem Generator gespeist, freundlich summte, enthielt Lebensmittel und Getränke. Im Haus war es warm. Er zog seine Kleider aus und hängte sie über einen Heizkörper zum Trocknen. Er verwünschte Valik und Seladi. Zur Hölle mit ihnen! Was habe ich ihnen getan, außer ihre verdammten Köpfe zu retten?
    Die Wärme und der Luxus des Hauses waren verlockend. Ich könnte hier schlafen und dann im Morgengrauen losziehen, dachte er. Ich habe einen Kompaß und kenne ungefähr den Weg. An dem Flugplatz, von dem Ali Abbasi gesprochen hat, muß ich vorbei und dann geradewegs nach Osten bis zur Hauptstraße Kermanschah–Ahwas–Abadan. Sollte nicht schwer sein, dort einen Bus zu finden oder mich von jemandem mitnehmen zu lassen. Oder ich könnte gleich gehen. Das Mondlicht ist hell genug, und ich sitze hier nicht in der Falle, wenn die Luftwaffenbasis tatsächlich eine Patrouille ausschicken sollte. Aber was ich auch tue, was sage ich, wenn ich aufgehalten werde? Darüber dachte er nach, während er sich einen Brandy-Soda mixte und etwas zum Essen heraussuchte. Valik und die anderen hatten zwei Dosen des besten Belugakaviars aufgemacht und, noch halbvoll, auf dem Wohnzimmertisch stehen lassen. Er leerte sie mit Genuß und warf danach die

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