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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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hier, Mr. Bryson?«
    »Das ist ein scharfes Sägeblatt, Mr. Dreck.«
    Daraufhin stieß Mr. Dreck einen dieser verzweifelten Seufzer aus, den sich dumme Menschen für die wenigen glücklichen Momente aufheben, in denen sie zufällig jemandem gegenüberstehen, der noch dämlicher ist als sie. Mit müder Stimme sagte er: »Das ist ein ungarischer doppelter Nasenbohrer, Mr. Bryson.« Dann ließ er mich für den Rest der Stunde in der Ecke stehen, wo ich mit der Nase ein Stück grobes Schmirgelpapier gegen die Wand drücken mußte.
    Ich besaß nicht das geringste handwerkliche Geschick. Alle anderen in der Klasse bauten Kisten aus Zedernholz oder hochseetaugliche Boote und durften mit gefährlichen, lärmenden Elektrowerkzeugen hantieren. Ich dagegen wurde nur mit leichten Bastelarbeiten beschäftigt, zusammen mit Tubby Tucker und einem Jungen, der so dumm war, daß keiner von uns jemals seinen Namen behielt. Wir nannten ihn einfach Drooler. Wir drei bekamen nichts Gefährlicheres als Schmirgelpapier und Leim in die Hände, womit wir dann Woche für Woche albernen Krimskrams bastelten, bis auf Drooler – der aß einfach den Leim auf. Mr. Dreck ließ keine Gelegenheit aus, mich zu demütigen. »Und was ist das hier?« rief er und griff nach dem übel zugerichteten Holzklotz, an dem ich die letzten siebenundzwanzig Wochen gearbeitet hatte, um ihn zur allgemeinen Belustigung in die Höhe zu halten.
    »Seit sechzehn Jahren unterrichte ich nun dieses Fach, und ich muß Ihnen sagen, Mr. Bryson, dies ist die am schlechtesten abgeschrägte Kante, die ich je gesehen habe.« Als er einmal ein von mir konstruiertes Vogelhäuschen in die Hände nahm, brach es prompt zusammen. Die Klasse brüllte vor Lachen. Tubby Tucker bekam einen solchen Lachanfall, daß er beinahe daran erstickt wäre. Er lachte zwanzig Minuten lang und hörte selbst dann nicht auf, als ich ihm drohte, seine Hoden abzuschrägen.

    Die Kellnerin brachte mein Bier, und mir wurde unangenehm bewußt, daß ich die letzten zehn Minuten in meinem eigenen kleinen Universum verbracht hatte, vermutlich nicht ohne dabei leise vor mich hin zu kichern und mit mir selbst zu reden. Ich blickte etwas irritiert um mich und stellte erleichtert fest, daß niemand es bemerkt zu haben schien. Der Mann am Nebentisch war vollauf damit beschäftigt, sich seiner Frau/Geliebten gegenüber damit zu brüsten, 2000 Jason King Videotapes, 
    Sinclair Elektroautos sowie die letzten 68000 Exemplare der amerikanischen Ausgabe von Straßen der Erinnerung als Isoliermaterial an die Rumänen verkauft zu haben. Seine Begleiterin schlief, ihren Blicken nach zu urteilen, währenddessen mit einem Mann, der allein am anderen Ende des Raumes saß, oder vielmehr war es ein Sichselbstbefriedigen, denn er war viel zu sehr von dem Gewirr aus meterlangen Spaghettischnüren auf seinem Teller in Anspruch genommen, um zu bemerken, daß er als Lustobjekt mißbraucht wurde. Mir war von meinen Erinnerungen noch ganz warm ums Herz. Ich nahm einen kräftigen Schluck Bier und jubilierte im stillen, daß die Jahre meiner Schulzeit ein für allemal hinter mir lagen, daß ich nie im Leben wieder Kanten würde abschrägen müssen oder die Grundsätze des Prohibitionserlasses in nicht weniger als 250 Worten wiederzugeben hätte oder auch nur wissen müßte, welche entlegenen Länder zu welchem Zweck Jute produzieren. Ein Gedanke, der mir zuverlässig gute Laune beschert. Andererseits würde ich nie wieder erleben dürfen, wie außerordentlich befriedigend es ist, Tubby Tucker eine Faust in die kissenartige Weichheit seines Unterleibes zu rammen. Halten Sie mich nicht für einen Rüpel. Mit Tubby war das etwas anderes. Gott hat Tubby nur aus dem einen Grund auf die Erde geschickt, damit die anderen Kinder jemanden hatten, den sie verprügeln konnten. Er wurde nicht nur von Mädchen verdroschen, er mußte sogar von Kindern, die vier Jahre jünger waren als er, Prügel einstecken. Das klingt grausam (es war grausam), aber er hatte es wirklich nicht besser verdient. Er hatte einfach nicht gelernt, die Klappe zu halten. Zu den knallhärtesten Typen der ganzen Schule sagte er Dinge wie: »Mein Gott, Buckley, wer hat dir denn die Haare geschnitten. Ich wußte gar nicht, daß die bei der Heilsarmee einen Friseur haben« oder »Hey, Simpson, ist das deine Mutter, die da am Busbahnhof die Toiletten saubermacht. Du solltest ihr mal sagen, daß Zigarettenstummel besser brennen, wenn man sie vorher trocknet.«
    Wann immer man ihn

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