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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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entgegen.
    »Mia Karpounis«, stellte sie sich vor und nannte auch die Namen der Fotografin und des Beleuchters, die Hannes aber sogleich wieder vergaß. »Das ist wirklich herrschaftlich«, lobte sie das Gebäude, »wie ein Palast.«
    »Waren Sie schon in der Halle?«
    »Oh, ja. Die hat was. Aber erst hätte ich gerne ein paar Aufnahmen im Freien. Wenn Sie sich bitte hierher stellen, vor die Säule, das wäre eine schöne Einstellung, nicht wahr, Marieke?«
    Die Fotografin nickte und gab dem Beleuchter Anweisungen. Mia Karpounis trat derweilen zu Hannes. Sie hatte hellbraune Augen und ein markantes Gesicht mit einem festen Kinn. Ihre Stimme war dunkel und voluminös, man fragte sich, wo die Töne in diesem schmalen Körper Resonanz fanden.
    »Ist was?« fragte sie und sah an sich hinunter. Offenbar hatte Hannes sie angestarrt.
    »Ich hatte Sie mir anders vorgestellt.«
    »Wie denn?«
    »Einsachtzig groß und neunzig Kilo schwer.«
    Sie hob ein wenig irritiert ihre Augenbrauen, die gerade waren wie Bindestriche.
    »Können Sie etwas zu Ihrer Zeit als Richter hier sagen, zu Ihren Anfängen sozusagen?« Sie hielt Hannes ein Diktiergerät unter die Nase. »Stört Sie das? Ich kann ansonsten auch mitschreiben.«
    »Nein, nein, ist schon in Ordnung. Ich hatte hier meine erste Stelle als Richter für Familienrecht«, begann er holprig. »Danach war ich zwei Jahre Ermittlungsrichter am Amtsgericht, man nennt es im Volksmund auch Haftrichter, und zuletzt vier Jahre lang Strafrichter, drüben, am Landgericht.« Er wies auf den 50er-Jahre-Zweckbau schräg gegenüber. Das fast hundert Jahre alte Amtsgericht war eine ungleich schönere Kulisse, und Hannes war froh, daß die Aufnahmen hier gemacht wurden. Hier kannte er auch die Beschäftigten inzwischen nicht mehr persönlich.
    »Haben Sie vielleicht zufällig Ihre Robe dabei?« fragte die Journalistin.
    Hannes verneinte.
    »Verzeihen Sie, ich hätte es Ihnen sagen sollen. Macht es Ihnen etwas aus …« Die Journalistin öffnete ihre Aktentasche und entfaltete eine Richterrobe. »Es wäre authentischer. Sie können sich ja auf der Toilette umziehen.«
    Hannes betrat das Gerichtsgebäude. Der Pförtner nickte ihm gelangweilt zu. Weiches Licht fiel durch die langen Bogenfenster, das dunkle Holz der Monumentaltreppe glänzte vornehm. Irgendwo hallte das Staccato von Absätzen. Hannes war lange nicht hier gewesen, aber es hatte sich anscheinend nichts verändert. Noch immer gab es keine routinemäßigen Personenkontrollen, und noch immer war die Pförtnerloge so ungeschickt angebracht, daß der Pförtner nicht die ganze Halle einsehen konnte. Bestimmt nutzten die Junkies von der nahe gelegenen Drogenszene um den Raschplatz das Gerichtsgebäude nach wie vor als Drückraum.
    Auf einer der Herrentoiletten zog Hannes die Robe an. Leider hatte sich auch hier nichts verändert. Die sanitären Anlagen wirkten unhygienisch, obwohl es streng nach Putzmitteln roch. Er trat vor einen angelaufenen Spiegel und öffnete seine Aktentasche. Er war inzwischen ein alter Medienhase, er wußte, welche Paste und welcher Puder am besten zu seinem Hautton paßte. Er hatte seine Grundausstattung dabei und trug mit raschen Bewegungen sein Make-up auf.
    »Sehr schön. Wie doch so eine Robe den Menschen verändert«, sagte Mia Karpounis mit einem Hauch von Spott im Tonfall, als Hannes in voller Amtstracht vor ihr stand.
    Die Fotografin ließ ihn unterschiedliche Posen einnehmen, wobei sie ihn anfeuerte, als sei er ein Model. Passanten blieben stehen, zeigten auf ihn und tuschelten. Eine Frau bat um ein Autogramm.
    »Lassen Sie uns reingehen«, bat Hannes schließlich Frau Karpounis. »Und sagen Sie bitte der Fotografin, sie soll hier keine solche Show abziehen.«
    Leider gab es in dem ganzen imposanten Bau keinen richtig großen, eindrucksvollen Gerichtssaal, aber Mia Karpounis wollte trotzdem eine Aufnahme mit Hannes hinter einem Richtertisch. Die Verhandlung dauerte noch an, als sie vor dem Sitzungssaal eintrafen, wobei das Wort Saal bei sechsunddreißig Plätzen übertrieben war. Sie warteten im Flur. Mit einer Mischung aus Ekel und freudigem Wiedererkennen roch Hannes die säuerliche Mischung aus Zigarettenqualm und Angstschweiß.
    Die Journalistin trat neben ihn ans Fenster, von wo aus man auf einen der sechs Innenhöfe schaute. Das Gebäude war ein Labyrinth. Die Aufteilung unübersichtlich, die Beschilderung rudimentär. Er selbst hatte lange gebraucht, um sich hier einigermaßen

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