Wogen der Leidenschaft - Roman
konnte, die Frau nicht zu erwürgen, die es darauf angelegt hatte, ihm zu einem Herzanfall zu verhelfen.
Wenn er jetzt gleich eintrat, war zu befürchten, dass er mit der vollen Kraft des Zorns, der ihn erfüllte, auf Emma losgehen würde. Aber ebenso hätte er in ihr Bett kriechen, sie in die Arme nehmen und vor Erleichterung heulen können.
So stand er nun still vor der Tür und belauschte ungeniert das Gespräch zwischen seinem Sohn und der Frau, die er zu heiraten gedachte, sobald er einen Geistlichen aufgetrieben hatte.
» Du siehst ärger aus, als ich mich fühle«, sagte Emma, die nur krächzen konnte.
Ben bewegte sich nur so viel, dass er Mikey neben dem Bett sehen konnte, niedergeschlagen, mit zerschrammtem Gesicht, den mitgebrachten Blumenstrauß vergessen in seiner Hand.
» Ich… hm… Dad ist hier«, flüsterte der Junge und kam näher ans Bett.
» Weißt du noch… der äußere Lack, von dem wir sprachen?«
» J… ja.«
» Also… der ist ab, Nem.«
Fast hätte Ben gelächelt, als er sah, dass Emma entsetzt die Augen aufriss. Dann fasste sie ihren Neffen genauer ins Auge.
» Er hat doch nicht Hand an dich gelegt, oder?«, fragte sie nun schon kräftiger– und außer sich.
» Fast wünschte ich, er hätte es getan. Er hat eine Mordswut, aber die richtet sich nicht gegen uns, glaube ich.«
Ben sah Emmas Aufatmen. Sie sah verdammt gut aus für jemanden, der angeschossen worden war und dann einen Flugzeugabsturz überlebt hatte. Ihr linker Arm war mit einem Verband an ihre Rippen gefesselt, ein weiterer Verband lag um ihre Stirn, aber ansonsten sah sie so fit aus, dass ihr eine Konfrontation mit ihm zuzumuten war.
Er schob die Tür auf und trat leise ein.
» Mike, überreiche deiner Tante den Strauß«, riet er seinem Sohn im Näherkommen. Er legte dem Jungen sanft eine Hand auf die Schulter.
» Du wirst die Blumen noch zu Tode drücken.«
Intensiv jadefarbene Augen von Tellergröße starrten vom Bett zu ihm auf. Ben trat näher und drückte vorsichtig seine Lippen auf ihre Wange.
» Hallo, Emma. Na, bist du in meiner Abwesenheit jedem Ärger aus dem Weg gegangen?«, fragte er leise.
Sie schüttelte den Kopf, um plötzlich hastige bejahende Bewegungen zu machen. Ihre Augen waren noch immer groß und zuckten nicht mit der Wimper. Ben kam es so vor, als hätte sie zu atmen aufgehört.
» Du hast dir also das Geschenk verdient, das ich dir aus New York mitgebracht habe?«
Zögernd und sichtlich argwöhnisch nickte sie wieder. Ben küsste sie abermals, diesmal auf die Lippen, dann trat er ans Fenster und öffnete es. Er nickte dem Mann zu, der draußen stand, und pfiff leise durch die Zähne.
Ein großer Schäferhund sprang mit einem Satz durch das Fenster in das Zimmer.
Ein erstauntes Quieken kam vom Bett.
» Darf ich vorstellen… Beaker… Em.« Er berührte den Kopf des Hundes und drehte sich zu Emma um, Beaker mit sich führend.
» Er ist sechs Jahre alt und sucht Familienanschluss. Das Stadtleben hat er satt und freut sich auf den Ruhestand in Maine.«
Die Empfängerin dieses Geschenkes beäugte den Schäferhund mit schlecht verhohlenem Entsetzen. Beaker erwiderte diese Musterung und schob die Schnauze mit seitlich heraushängender Zunge durch die Stäbe des Bettes.
» Ruhestand… wonach?«, fragte sie kaum hörbar.
» Beaker war die letzten drei Jahre im Personenschutz tätig.«
» Und was wurde aus seinem Schützling? Hat er ihn aufgefressen?«
Ben schob Beakers Schädel beiseite und senkte die Bettschranke. Er setzte sich zu Emma und deutete auf eine leere Stelle neben ihr. Beaker ließ sich das nicht zweimal sagen. Die Vorderpfoten aufs Bett gestützt beschnüffelte er Emma neugierig.
Wieder quiekte sie und versuchte, auf die andere Seite auszuweichen.
» Ich kann mir nicht denken, dass man Hunde ins Krankenhaus mitbringen darf, Ben. Es ist unhygienisch oder dergleichen.«
» Beaker und ich sagen kein Wort, wenn auch du den Mund hältst.« Ben runzelte die Stirn.
» Du hast doch keine Angst vor Hunden, Emma?«
» N-nein. Nicht vor kleinen, harmlosen Hunden mit Zähnen im Zahnstocherformat.«
Er sah zu Mike hin, der zwei Schritte zurückgewichen war. Der Junge war so bleich wie Emma.
Teufel noch mal. Die Sands hatten Angst vor Hunden.
Ben umfasste schützend Emmas Hüfte, als Beaker sich vorbeugte und feucht über ihre Hand schlabberte. Sie wimmerte unter der sanften Begrüßung.
» Beaker wird dir nichts tun, Em. Er hat übrigens eine Vorliebe für Frauen.«
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