Wolfgang Ambros - Die Biografie
Freunde loben dich, die guten
werden dir die Wahrheit sagen.
Umgib dich mit Profis. Halte dein musikalisches Umfeld möglichst groß, mehr Leute können mehr, als du allein kannst.
Wenn du eine Band hast, höre jedem zu, das gilt natürlich
auch umgekehrt. Ich zeig dir meins, du zeigst mir deins. Als
Sänger weißt du: Aha, das ist nicht schlecht, aber so kann ich
das beim besten Willen nicht singen. Dann setzt man sich hin
und arbeitet weiter. Stundenlang. Tagelang. Wochenlang. Monatelang. Manchmal noch länger.
Text und Melodie müssen eine Einheit bilden. Das eine funktioniert nicht ohne das andere, eins allein ist nichts. Du musst bereit sein, die Dinge zu modifizieren, anzupassen. Manchmal gilt
es, ein anderes Versmaß zu finden, das Tempo zu erhöhen, den
Rhythmus zu checken oder den ganzen Krempel ganz einfach in
den Müll zu hauen. Es braucht den Mut zur Veränderung.
Es muss grooven, Baby, es muss verdammt noch einmal
GROOVEN!
Mit Hoffnungslos verfügten wir uns nach Deutschland, wieder einmal Offenbach, wieder einmal Europa-Sound-Studio. So ausgelassen, wie wir hier noch Schifoan produziert hatten, war es diesmal allerdings nicht. Damals sind wir abends nach Frankfurt ausgebüchst, um zu erkunden, wie es um das dortige Nachtleben bestellt ist. Die Vormittage waren zum Schnarchen da, der Mittag brachte eine Eierspeis, damit einen der Magen nicht anknurrte, und ein Bier, damit einem der Alkoholspiegel ein freundlicheres Gesicht zeigte. Punkt fünfzehn Uhr begann der Arbeitstag, richtig frisch waren wir allerdings erst gegen Abend, wenn wir schwarze Luft atmen konnten.
Bei Hoffnungslos war die Luft insgesamt schwärzer. Nach einer Sinnkrise überlegt man sich doch ein bisschen mehr, was einen Sinn hat und was nicht. Noch dazu befanden wir uns inmitten eines gesellschaftlichen Umbruchs. Die Studentenrevolte war auf ihrem Höhepunkt, die RAF hatte den Arbeitgeber-Präsidenten Hanns Martin Schleyer entführt und genau an dem Tag, an dem wir die Platte fertig hatten, ermordet.
Die Blume aus dem Gemeindebau, auch in der Zeit entstanden, blieb fast unbeachtet, Hoffnungslos verkaufte anfangs siebentausend Stück, entpuppte sich später doch noch als Hit, heute deklariert man es als Kult. Die Platte kam im Oktober heraus und dann war es wieder Zeit, sich auf die Skier zu stellen.
In Obertauern bin ich einer gewissen Silvia zwischen die Beine gefahren, sie konnte damals kaum mehr als einen Schneepflug. »Du fahrst wie ein Kind«, sagte ich und brachte ihr das Wichtigste bei. Nachdem die Burschen ausgezogen waren, ist sie bei mir eingezogen, ins Haus in Inzersdorf, wo in der Folge etwas passiert ist, dessen Ausmaß ich nicht absehen konnte. Ich war liiert mit der Silvia, aber ich lebte zusammen mit Bob Dylan.
Hoffnungslos war keine Platte, die es wert war, damit auf Tour zu gehen. Zwar gab unser Repertoire nach 19 Class A Numbers eine funktionierende Show ab. Aber aus der Sicht des kritischen Frontman konnte man es ruhigen Gewissens immer noch erbämglich nennen. Kurz und gut, es musste gehandelt werden. Die No. 1 vom Wienerwald brauchte wieder einen Torpedo.
Ich trug die Idee schon länger im geistigen Archiv mit mir herum, jetzt holte ich sie hervor. Ambros und Bob Dylan. Das Projekt nahm mich komplett in Anspruch. Es hat mich assimiliert, in seinen Bann gezogen, aufgesaugt. Mit Bob Dylan bin ich schlafen gegangen. Von Bob Dylan habe ich geträumt. Mit Bob Dylan bin ich munter geworden. Ich hatte nichts anderes im Kopf als Bob Dylan. Es fiel mir schwer, zwischen Illusion und Wirklichkeit zu unterscheiden. Sobald ich glaubte, ich wäre fertig mit einem Lied, hatte mich vielleicht nur ein Traum gefoppt, der mich in der Früh sofort wieder an den Schreibtisch trieb. Es war eine herrliche Manie. Es war eine der intesivsten Zeiten, die ich je erlebt habe. Es war Wie im Schlaf.
Ich rief den Christian Kolonovits an und erzählte ihm von meiner Eingebung. Ich war auf ein Super-Oida-machen-wir gefasst, er sagte: »Ich habe keine Zeit.«
Er war mit seiner neuen Band Einstein auf dem Sprung nach Amerika, ich war vor Kurzem von dort zurückgekommen, auch sokönnen sich Wege kreuzen. Ich war entsetzt. Und in einem Anfall von Irrsinn sagte ich, dann mach ich es halt selber.
Noch nie zuvor hatte ich eine Platte allein produziert. Ich war oft genug dabei gewesen, aber es hatte genügt, zu sagen: Es wäre schön, wenn wir das so und so einspielen. Als Produzent hast du nicht nur die musikalische
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