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Wolfgang Ambros - Die Biografie

Wolfgang Ambros - Die Biografie

Titel: Wolfgang Ambros - Die Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ambros
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ich das zweite Mal in Mexiko verhaftet wurde, waren dann die Fendrichs mit. Und ein halb gerauchter Joint in der Hutablage vom Mietwagen, aber das war mir nicht bewusst. Wir waren gerade nach ein, zwei Wochen Escondido auf dem Weg zum Flughafen, weil wir nach New York wollten, und fuhren in ein Planquadrat hinein, was zu unserer Perlustrierung geführt hat. Einer von den Polizisten schaut in den Wagen, greift am Fendrich vorbei durchs Hinterfenster und hat den Rest von diesem Joint in der Hand.
    »Marijuana«, sagt er und spuckt einen braunen Fleck auf den Asphalt.
    »Was weiß denn ich«, versuche ich ihm zu erklären, »das ist ein Mietwagen, da können hundert Leute was liegen gelassen haben.« Ist aber wurscht, was ich sage, er versteht mich eh nicht und deutet nur, dass wir aussteigen und uns abseits hinsetzen sollen.
    Die Andrea und die Margit sehen mich schon in Handschellen und sind einigermaßen hysterisch.
    Die eine von links: »Wieso? Hast du was mitgenommen?«
    Die andere von rechts: »Hast du noch wo was?«
    Ich in der Mitte: »Ja, aber das finden die nie.«
    Na, mehr brauch ich nicht. Der Fendrich sagt überhaupt nichts.
    Während wir bei gemütlichen sechzig Grad unter einem Baum sitzen, zerlegen die unser Auto. Handschuhfach, Kofferraum,Motorhaube, Seitentüren, Belüftungsschlitze, Polsterung, Sitze, Fußmatten. Alles stellen sie auf den Kopf, überall stochern sie hinein, sie heben sogar den Wagen hoch. Aber auf den Rahmen kommen sie nicht. Der ist offen, nicht zugeschweißt, und dort habe ich mein Zeug in drei Röhren versteckt. Mein Plan war, einen Vorrat nach New York mitzunehmen, was keine Affäre war, Kontrollen wie heute gab es zu der Zeit nicht. Ebenso wie ein annehmbares Gras. In New York hast du damals die grässlichsten Dinge gekriegt, nur nichts zum Rauchen.
    Ich schau mir die Sucherei in Ruhe an, schon wegen der Mädels, die sich aufgeregtest Sorgen machen, dass wir das Flugzeug verpassen, und ständig fragen: »Was kann denn passieren? Was wird denn passieren?«
    Ich zucke die Schultern: »Das weiß ich jetzt auch nicht, wir werden einmal ganz ruhig bleiben, ich werde reden mit denen und es wird alles gut, wir kommen schon zum Flieger, es kostet nur Geld.« Das hoffe ich zumindest.
    Heikle Situation, denke ich mir. Finden die den Kitt, verrotten wir im Häfen. Finden sie ihn nicht, verrecken wir in der prallen Sonne. Minuten vergehen, Stunden, tausend Jahre. Mir geht jetzt doch ein bissel der Reiß. Ich greife in die Hosentasche zu den fünfzigtausend Pesos, eingerollt zu einem Bündel Freiheit. Ich stehe auf und drückte es dem Capo in die Hand: »Can we please go? Lass uns fahren, du findest nix.«
    Er überlegt, fixiert die Scheine, dann sagt er zu seinen Vasallen nur: »Vámonos.«
    Auf einmal sind alle weg und wir wieder auf dem Weg zum Flughafen. Alles in Ordnung, denk ich mir, stolz wie Viktor, weil ich uns gerettet habe, ich Trottel. Wie auf Kommando fallen sie über mich her, die Andrea, die Margit und der Fendrich. Wo ich das Zeug habe. Dass ich es doch jetzt nicht auch noch nach New York mitnehmen wolle. Ob ich wo ang’rennt sei. Nach ein paar Kilometern reicht es mir, ich biege rechts in den Wald ab, kitzle die Packerln aus den Röhren im Wagenrahmen und zeige sie noch einmal herum. »Da schauts her, das wäre es gewesen.«
    Und dann hab ich das Gras ausgestreut, schön in alle Richtungen verteilt, Samenkörner des Verbotenen. »So«, hab ich gesagt, »und das Nächste, was ich mache, ist: Ich komme nächstes Jahr wieder her und schau, ob was aufgegangen ist.« Ich war nie wieder dort.
    Leser: »Bist ein schräger Typ.«
    Dabei sagen alle, ich bin so grad. In der Zeit vom Hofa haben sie mich den Wahnsinnigen genannt. Und danach noch alles Mögliche andere. Platzhirsch. Patriarch. Rebell. Clanführer. Ein Arbeiter. Ein ewig Suchender. Rinnsteinphilosoph. Geerdet, stur, selbstlos, ruppig, selbstsüchtig, zwiespältig, unkorrumpierbar, manchmal hab ich mir gedacht: Was jetzt? Einmal war ich von kratzbürstiger Ehrlichkeit, dann wieder eine ungehobelte Mimose unter einer Steinkruste. Ich war wütend, ich hatte die Aura von etwas Brennendem, ich war wild. Am Anfang war ich eine Eintagsfliege, kurz darauf hatte alles, was ich je gemacht habe, das Zeug zum Evergreen. In Wahrheit ist mein seltsamer Beruf meine Bestimmung. Und ich würde mein Leben gern so leben, wie ich es will.
    Leser: »Ambros pur.«
    G’spritzte gibt es eh genug. Ich steh nicht auf das Verwässerte. Mich kriegt

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