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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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schließlich der Fluß und die Wassermühle vor ihm auftauch-ten. Er schlug einen großen Bogen, um sie zu umgehen, und saß am Fluß noch einmal ab, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu schöpfen, denn seine Müdigkeit war zurückgekehrt. Auch das Tier stillte lautstark seinen Durst. Aber es trank nicht sehr viel, und nachdem Tobias sich einige Hände des eiskalten Wassers über Kopf und Nacken geschöpft hatte, fiel ihm wieder der leicht stechende Geruch auf, der vom Fluß ausging. Es war ein anderer Wasserlauf als jener, 217
    der im Süden an Buchenfeld vorbeizog. Das Wasser, das dort rein und klar war, war hier verdorben. Er widerstand der Versuchung, noch mehr davon zu trinken, wischte sich mit dem Ärmel das Wasser aus Gesicht und Augen und
    führte sein Pferd am Zügel auf den Weg zurück.
    Als er wieder aufsitzen wollte, vernahm er ein Geräusch.
    Es klang sehr leise und verzerrt, so daß er weder sagen konnte, was es war, noch aus welcher Richtung es kam.
    Beunruhigt sah er sich um, erkannte nichts und wollte schon zum zweiten Mal nach dem Sattel greifen, als er es abermals hörte: Es waren menschliche Stimmen. Die Stimmen mehrerer, zahlreicher Männer, die sich schreiend verständigten, dazu das dumpfe Dröhnen von schnell dahingaloppierenden Pferden. Und in der Ferne glaubte Tobias, einige Schatten zu erkennen, die sich auf ihn zubewegten.
    Abermals ergriff eine namenlose Furcht von ihm Besitz.
    Hastig führte er das Tier am Zügel in den Schutz einiger Büsche, die am Flußufer wuchsen. Es war nur ein dürres Geäst, kaum genug, das Pferd wirklich zu verbergen.
    Die Stimmen und die Pferde kamen immer näher. Tobias konnte einzelne Gestalten ausmachen. Es waren Reiter, Reiter in dunklen Kleidern, Mänteln, die wie schwarze Flügel hinter ihnen herflatterten, als sie, tief über die Rücken ihrer Pferde gebeugt, heransprengten. Ihre Gesichter schimmerten hell in der Dunkelheit, und er hörte die scharfen Rufe, mit denen sie sich verständigten, konnte sie aber nicht verstehen.
    Sein Herz begann zu klopfen. Etwas . . . Unheimliches ging von diesen Reitern aus. Er konnte nicht sagen, was, aber es war, als hätte er etwas gesehen, das er noch nicht greifen, dessen Fremdartigkeit er aber wohl schon spüren konnte. Eine düstere Aura von Gefahr umgab die Berittenen.
    Sie schienen etwas zu jagen.
    Als Pater Tobias dann sah, auf was sie Jagd machten, hätte er um ein Haar gellend aufgeschrien.
    Es war ein Mensch.
    Der Mann stolperte mit hastigen, weit ausgreifenden Schritten am Flußufer entlang, kaum einen Steinwurf von Tobias' Versteck entfernt. Und er sah sich dabei immer wie-218
    der gehetzt nach seinen Verfolgern um, wodurch er mehr als einmal ins Stolpern geriet und beinahe gestürzt wäre. Noch wenige Augenblicke, vermutete Tobias, und die Jäger muß-
    ten ihn erreicht haben.
    Er mußte etwas tun!
    Aber er tat nichts. Er stand einfach da und sah zu, wie gelähmt vor Angst und Entsetzen. Später redete er sich immer und immer wieder ein, daß er nichts hätte tun können; er war allein und unbewaffnet, und sie waren mehr als ein Dutzend Reiter. Und trotzdem verzieh er sich dieses Zögern nicht. Er stand einfach da, starrte auf den Weg und war gelähmt vor Angst.
    Die dunklen Reiter holten tatsächlich schnell auf. Doch als sie noch dreißig Schritte von dem flüchtenden Mann entfernt waren, zügelten sie ihre Tiere und begannen, sich auf-zuteilen. Die eine Hälfte galoppierte weiter hinter dem Mann her, während die andere einen weiten Bogen schlug, um ihm den Weg abzuschneiden.
    Sie spielen mit ihm, dachte Tobias entsetzt. Sie spielen mit ihm, wie die Katze mit der Maus spielt.
    Auch der Gejagte erkannte jetzt, daß er keine Chance mehr hatte. Er lief plötzlich langsamer, blieb für einen Moment stehen und sah sich wild nach allen Richtungen um. Er hob die Hände; in einer hilflosen, beinahe flehenden Geste, und genau in diesem Moment riß die Wolkendecke am Himmel auf, so daß das bleiche Licht des Mondes sein Antlitz Tobias in aller Deutlichkeit enthüllte.
    Es war Derwalt!
    Doch Tobias blieb nicht einmal Zeit, den neuerlichen, läh-menden Schrecken zu verarbeiten, den diese Erkenntnis mit sich brachte, denn im nächsten Moment war der erste Reiter herangeprescht, und das gleiche, kalte Mondlicht fiel auf sein Gesicht.
    Es war eine totenbleiche, knochige Fratze. Nase und Augen waren schwarze, grundlose Löcher, der Mund zu einem höhnischen Grinsen verzerrt, und die Hände, die die Zügel des Pferdes

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