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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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feuchtkalte Treppenhaus hinuntergeschlichen und hatte vor Angst gefröstelt, während Spinnweben mein Gesicht gestreift und sich in meinen Haaren verheddert hatten.
    Damals, im Alter von zehn, hatte ich es nicht länger als ein paar Minuten im Keller ausgehalten, bevor ich wieder nach oben und durch die Tür gestürmt war, die ich in blinder Panik hinter mir zuknallte. Ich hatte damals seltsame Dinge hier unten gehört. Jetzt hörte ich sie wieder.
    Kratzende und scharrende Geräusche – zweifellos Mäuse. Ich mochte die Viecher nicht, trotzdem würde ich mich nicht von ihnen in die Flucht schlagen lassen, bevor ich herausgefunden hatte, was Joyce hier unten tat. Mir kam der Gedanke, dass sie sich womöglich jedes Mal, wenn sie vermisst wurde, hierher zurückgezogen hatte. In Anbetracht dessen, was gerade in Lake Bluff passierte, musste ich wissen, was sie trieb.
    Die Beleuchtung war schwach – mehrere Glühbirnen waren ausgebrannt. Mein Schatten glitt mir voraus über den Zementboden und ließ mich jedes Mal zusammenzucken, wenn ich ihn sah.
    Die Korridore gabelten sich in verschiedene Richtungen. Das Kellergeschoss wurde ausschließlich zur Lagerung und für die Haustechnik benutzt. Es wimmelte nur so von Pappschachteln, verrosteten Aktenschränken, Besen, Schrubbern und Sicherungskästen.
    In einiger Entfernung vernahm ich ein leises Knurren und blieb wie angewurzelt stehen. Vielleicht sollte ich lieber nicht hier unten sein.
    Irgendwo vor mir gab es eine alte Kellertür, die nach draußen führte. Das Rathaus diente dem Großteil der Bewohner von Lake Bluff als Tornado-Zufluchtsort. Die Menschen konnten im Fall der Fälle durch den Haupteingang hinein- und durch diesen Ausgang wieder hinausgelangen, sollte ein Tornado das Gebäude zum Einsturz bringen. Was gleichzeitig bedeutete, dass sich jeder oder alles hier unten verstecken könnte.
    Ich kramte mein Handy heraus, um Grace anzurufen, damit sie herkam und mir die Hand hielt.
    „Kein Dienst“, grummelte ich. Wie könnte es auch anders sein?
    Das bizarre Knurren wurde lauter, allerdings klang es inzwischen eher mechanisch als nach einem wilden Tier. Möglicherweise würde die Klimaanlage jeden Moment in die Luft fliegen.
    Ich tastete mich entlang der feuchtkalten Wand weiter. Schließlich bog ich um eine Ecke, und da entdeckte ich Joyce, wie eine alte Hexe über einen Schreibtisch gebeugt.
    „Joyce?“, entfuhr es mir, und sie schrie so laut auf, dass das Geräusch von den engen Zementwänden widerhallte; mir standen die Haare zu Berge.
    Sie wirbelte herum; das grelle Licht der Deckenglühbirne fiel auf ihr Gesicht und machte es geisterhaft bleich; ihre Augen waren schwarz wie die Nacht.
    Ihr Anblick, ihr Schrei und nicht zuletzt das scharfe, funkelnde Messer in ihrer Hand brachten mich dazu, mit wild klopfendem Herzen vor ihr zurückzuweichen.
    „Claire! Sie haben mich zu Tode erschreckt.“
    Sie trat aus dem Licht und war mit einem Mal einfach wieder nur Joyce, wenngleich sie noch immer das Messer in der Hand hielt.
    „Wa-was haben Sie damit vor?“
    „Was, damit?“ Sie musterte stirnrunzelnd ihre Hand, dann nahm sie einen Umschlag vom Schreibtisch und schlitzte ihn auf. „Post öffnen. Was denken Sie denn?“
    Einen kurzen Moment hatte ich gedacht, dass sie vor meinen Augen irgendein abstruses Ritual vollzog, aber auf dem Tisch lagen nur Briefe. Trotzdem vergewisserte ich mich, dass sie nicht irgendwo eine Rune mit einem Hakenkreuz-Symbol hatte. Hatte sie nicht.
    Joyce starrte mit finsterer Miene auf den Brief, den sie aus dem Umschlag gezogen hatte, bevor sie beides in den Schredder neben dem Schreibtisch steckte. Das Gerät ließ ein leises, tiefes Knurren hören, das fast so bedrohlich klang wie das eines Wolfs.
    „Warum erledigen Sie das nicht oben?“, fragte ich.
    Anstatt zu antworten, fuhr sie fort, Umschläge zu öffnen und den Schredder mit Werbepost zu füttern.
    „Joyce? Gibt es irgendetwas, das ich wissen sollte?“
    Noch etwas, wäre wohl die klügere Formulierung gewesen. Ich glaubte nicht, dass Joyce von dem Werwolf-Problem wusste, und ich hatte nicht die Absicht, sie einzuweihen. Sie würde mich für verrückt erklären oder wahlweise ihre Hilfe anbieten. Ich hatte schon genug damit zu tun, mir um Grace und mich Sorgen zu machen; was mir gerade noch fehlte, war, dass Joyce beschloss, wie einst ihr Vater im Wald jagen zu gehen, nur um am Ende wie Balthazar einem Wolf zum Opfer zu fallen.
    Allein der Gedanke machte mich krank, und mir

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