Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
Vom Netzwerk:
Michelangeli hinter einem Busch in einer Ackerfurche, sie lag auf der Seite – lang ausgestreckt. Ihr Haar hatte sich gelöst. Mit der rechten Hand umklammerte sie das Handy, die linke hielt sie schützend vor ihre Brust. Guerrini kniete sich neben sie, versuchte ihren Puls zu fühlen. Unter seinen Fingerkuppen spürte er ein flatterndes, flüchtiges Pochen. Ihre Augen waren geschlossen, aber die Lider zuckten, als versuche sie, wach zu werden. Während er behutsam das Telefon aus ihrer Hand löste, stöhnte sie und krümmte sich zusammen.
    Guerrini warf einen kurzen Blick auf das Display. Die Verbindung war noch immer nicht unterbrochen, und die Malerin hatte eindeutig ihn angerufen. Er lief zu seinem Wagen zurück, wählte die Nummer der Misericordia in Asciano – von dort würde die Ambulanz am schnellsten hier sein. Aber es dauerte, bis endlich abgehoben wurde. In knappen Worten erklärte Guerrini die Situation und beschrieb den Weg.
    «Bringt einen Arzt mit, und wenn ihr ihn aus dem Bett prügeln müsst!»
    «Können wir nicht versprechen, Commissario.»
    «Ihr werdet es versprechen!», brüllte Guerrini und beendete abrupt die Verbindung. Er trat gegen den Vorderreifen seines Lancia. Früher, dachte er, konnte man das Telefon auf die Gabel knallen, und es brachte irgendwie Erleichterung. Selbst diese kleinen Entladungen nimmt man uns. Nachdem er ein zweites Mal gegen den Vorderreifen getreten hatte, packte er die Decke aus seinem Wagen, den Erste-Hilfe-Koffer und ging wieder zu Elsa Michelangeli. Es war schiere Hilflosigkeit, das wusste er selbst. Nichts konnte er tun, als sie warm zu halten und zu warten. Dieser Scheißkerl hatte sie vermutlich vor sich hergejagt und dann überfahren. Danach war er zum Haus zurückgekehrt und hatte es auf den Kopf gestellt. Es musste also jemand gewesen sein, der Elsa und ihre Gewohnheiten kannte.
    Elsa lag noch da, wie er sie verlassen hatte. Vorsichtig breitete er die Decke über der Malerin aus, lagerte sie ein wenig mehr zur Seite, wagte aber keine größeren Aktionen, weil er sicher war, dass sie innere Verletzungen erlitten hatte. Doch sie lebte.
    Er setzte sich neben sie in die Ackerfurche und hielt ihre Hand. Ein paar verirrte Glühwürmchen blinkten zwischen den Sonnenblumen. Er schaute auf die Uhr. Halb drei inzwischen. Vermutlich lag Elsa schon seit dem späten Nachmittag hier, hatte nach Stunden kurz die Kraft gefunden, um Hilfe zu rufen. Er dankte dem Himmel, dass sein Handy ausnahmsweise eingeschaltet gewesen war. Und er schloss, dass sie seine Nummer einprogammiert hatte. Welch kluge Voraussicht.
    Er rief in der Questura an, mobilisierte die Spurensicherung, Tommasini und d’Annunzio.
    Zwanzig vor drei hörte er in der Ferne ein Martinshorn, da kamen die verdammten Esel also endlich. Kurz darauf sah er die Scheinwerfer zweier Autos. Sie hatten tatsächlich den richtigen Feldweg eingeschlagen, und Guerrini nahm die verdammten Esel zurück. Er gab Zeichen mit seiner Taschenlampe und stoppte den Krankenwagen und das zweite Auto, ehe sie alle Reifenspuren des Angreifers zerstören konnten.
    Sie hatten tatsächlich einen Arzt aufgetrieben – einen jungen Mann um die dreißig, der sehr besorgt aussah, als er sich wieder aufrichtete, nachdem er die Malerin untersucht hatte.
    «Sieht nicht gut aus!», murmelte er. «Wir bringen sie nach Siena. Ich werde die Kollegen vorab informieren und mitfahren. Eigentlich bräuchten wir einen Hubschrauber … ist sie Ihnen vor den Wagen gelaufen?»
    Guerrini starrte den Arzt an.
    «Solche Bemerkungen vertrage ich im Augenblick nicht besonders gut!», murmelte er.

    Es war halb acht am Morgen, als Guerrini endlich in seine Wohnung zurückkehrte und sich aufs Bett fallen ließ. Flach auf den Bauch, mit ausgebreiteten Armen. Was immer die Spurensicherung in Elsa Michelangelis Haus finden würde – in diesem Augenblick interessierte es ihn nicht. Er war noch im Krankenhaus vorbeigefahren, hatte mit den Ärzten gesprochen. Keine Prognose, ernste Gesichter. Innere Verletzungen, Brüche, künstliches Koma – ein Wunder, dass die Malerin nicht im Graben gestorben war. Aber Menschen hätten erstaunliche Kräfte, sagte der Chirurg und erzählte die Geschichte eines Motorradfahrers, der zwei Tage und Nächte in einem Graben gelegen hatte, bis man ihn endlich fand. Mit schweren Kopfverletzungen, einem Milzriss und … Guerrini hatte es nicht hören wollen, war einfach mitten im Satz gegangen und hatte den Arzt stehen gelassen.
    Jetzt

Weitere Kostenlose Bücher