Working Mum
Schlafzimmerfenster. Aus Emilys Fenster.
«Bleiben Sie zurück, Miss, wir kümmern uns darum», sagt ein Mann.
Ich schlage mit den Händen gegen die Tür. Ich rufe nach den Kindern, aber ich kann nichts hören, weil die Sirene so laut ist. Ich kann mich nicht schreien hören. Stellt die Sirene ab. Bitte, kann nicht mal jemand die beschissene Sirene abstellen …
«Kate! Kate, wach auf. Es ist alles in Ordnung. Alles in Ordnung.»
«Was?»
«Alles gut, Liebling. Du hast schlecht geträumt.»
Ich setze mich auf. Mein Nachthemd ist ein schweißgetränkter Lappen. Hinter meinen Rippen versucht ein Vogel seinen Weg nach draußen zu finden.
«Ich hab die Kinder allein gelassen, Rich. Es hat gebrannt.»
«Es ist okay. Wirklich, alles in Ordnung.»
«Nein, ich hab die Kinder ganz allein gelassen. Ich bin zur Arbeit gegangen. Ich hab sie allein gelassen.»
«Nein. Nein, du hast sie nicht allein gelassen. Hör mal, da weint Ben. Hör hin, Kate.»
Es ist wahr. Von oben kommt das Sirenengeräusch, das untröstliche Heulen eines zahnenden Babys, eine Ein-Mann-Feuerwehr.
21
Sonntag
Der Tag der Ruhe, besser bekannt als der Tag unablässiger körperlicher Arbeit. Ich fang damit an, die ausgestorbenen Fertiggerichte aus dem Kühlschrank zu schmeißen. Wische seltsamen algenähnlichen Belag von den Glasregalen. Entferne ein Stück Parmesan, das nach Altersheim riecht. Lasse die widerlichen Happy Chicken Shapes verschwinden, die Paula an die Kinder verfüttert, und achte darauf, sie ganz unten im Müllbeutel zu verstecken. Für meine empfindlichen Kleinen gibt’s nur Freilaufendes. Wie oft muss ich ihr das denn sagen?
Befülle und leere die Waschmaschine dreimal. Wegen ihres Rückenproblems (das seit dreieinhalb Jahren nicht besser wird) kann man von Juanita nicht erwarten, dass sie schwere Wäsche im Haus herumschleppt. Erwachsenenwäsche fällt nicht in den Aufgabenbereich des Kindermädchens, obwohl Paula gelegentlich die scharfe Demarkationslinie verletzt und einen meiner ausschließlich für Handwäsche geeigneten Pullover in die Maschine wirft. (Ich will mich jedes Mal darüber beschweren, aber stattdessen lege ich es unter Kummer mit Paula, Band III, ab.)
Heute habe ich Kirsty und Simon zu einem «entspannten» Lunch eingeladen. Es ist wichtig, sich mit Freunden zu treffen, sich daran zu erinnern, dass es mehr im Leben gibt als Arbeit, und die sozialen Fäden zu spinnen, die das starke Band der Gemeinschaft ausmachen usw. Und für die Kinder ist es ebenfalls wichtig, Mummy entspannt in häuslicher Atmosphäre zu erleben, damit sie später goldene Kindheitserinnerungen haben und nicht welche an eine Frau in Schwarz, die Anweisungen brüllend aus der Tür rennt.
Alles völlig unter Kontrolle. Das Rezeptbuch liegt wie eine Bibel aufgeschlagen unter dem sauberen Plastikseitenhalter, die Zutaten haben gefällig daneben Aufstellung genommen. Eine schnuckelige Flasche Olivenöl mit einer Seidenschleife aus Siena ist zur Stelle. Ich trage eine entzückende Designerschürze mit einem altmodischen Blumenmuster, eine kleine ironische Anspielung auf die Hausfrau der Fünfziger, die scherzhaft die Distanz zu der erschütternden häuslichen Dienstbarkeit von Frauen wie meiner Mutter betont. Ich habe auch schon geplant, welches lässige Gastgeberinnenoutfit ich Sekunden vor dem Eintreffen der Gäste anziehen werde: Jeans von Earl, Donna-Karan-Cashmerepullover. Versuche den Anweisungen für die Filotarte aus lauchblättrigem Bocksbart, Lauch und Blauschimmelkäse zu folgen, aber Ben erklimmt immer wieder meine Beine und schlägt mir seine ungeschnittenen Fingernägel wie Steigeisen ins Fleisch. Jedes Mal, wenn ich ihn auf den Boden setze, stößt er sein sirenenartiges Heulen aus.
Es gibt Leute, die ihren eigenen Filoteig machen, aber das ist dieselbe Sorte, die Bondage im Schlafzimmer praktizieren, man bewundert ihre Anstrengungen und ihre Techniken, ohne es ihnen unbedingt nachmachen zu wollen. Ich wickele den Teig aus und bepinsele ein Blatt mit geschmolzener Butter. Dann lege ich ein weiteres Blatt darauf. Sehr entspannend. Herein tritt Emily, mit vorgeschobener Unterlippe: «Wo ist Paula?»
«Heute ist Sonntag. Paula kommt heute nicht, Schatz. Wir beide werden zusammen ein paar schöne Kekse backen.»
«Will nicht. Ich will Paula.» (Als sie das zum ersten Mal gesagt hat, habe ich gespürt, wie der Dolch tief in mein Herz gedrungen ist. Der Schmerz über die Untreue der Erstgeborenen ist ohne Konkurrenz.)
«Also, ich
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