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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Lärchen und Nußbäume, um sich schließlich an einer tiefen pechschwarzen Stelle mit dem eisigen, von Klabautermännern heimgesuchten Fluß zu vermischen, der von unten an ihm riß. Armschlag, Beinschlag: er sah überhaupt nichts. Hätte ebensogut die Augen zumachen können. Aber Moment mal – dort drüben, vor dem platten schwarzen Kiel des vordersten Schiffs, war sie das nicht? Dieser weiße Fleck da? Ja, da war sie, diese scharfe Wachtel, ihr rundes Gesicht wie eine Nachtblume, ein Leuchtturm, eine Flagge, die Waffenstillstand oder Kapitulation signalisiert. Der Kiel ragte hinter ihr auf wie eine steile Klippe, Fledermäuse flatterten über die Wasseroberfläche, Insekten zirpten, und irgendwo in der Dunkelheit zappelte Hector wie ein Fisch im Netz. Seine leisen Flüche wurden von der Nacht gedämpft, bis sie sich in der Unendlichkeit verloren.
    Walter dachte daran, wie Mardi in der Finsternis des Ufers ihr Papierkleid so lässig abgelegt hatte, als zöge sie sich im eigenen Schlafzimmer aus, er dachte an den Stich, den er in den Lenden gespürt hatte, als sie sich bei ihm angehalten hatte, um erst das eine Bein, dann das andere zu heben, während sie sich das Papierhöschen abstreifte und in den Schlamm fallen ließ. Geisterhaft, eine bleiche Erscheinung vor dem Hintergrund der Nacht, war sie ins Wasser entschwunden, ehe er sich auch nur das Hemd heruntergerissen hatte. Jetzt konzentrierte er sich auf den milchigen Fleck ihres Gesichtes und paddelte auf sie zu.
    »Hector?« rief sie, als er an sie heranglitt. Sie versuchte, sich an der Ankerkette hochzuziehen, umklammerte den kalten, zerfressenen Stahl mit ihrem nackten Fleisch, preßte ihn an sich, schwankte über dem Wasser wie die geschnitzte Galionsfigur, die in alten Legenden zum Leben erwacht.
    »Nein«, flüsterte er, »ich bin’s, Walter.«
    Sie schien das witzig zu finden und kicherte wieder los. Dann ließ sie sich mit einem Klatschen ins Wasser zurückfallen, das alle Matrosengespenster auf allen Schiffen der ausgedienten Flotte hätte aufwecken können – zumindest aber den Nachtwächter, von dem sie ununterbrochen während der Autofahrt geplappert hatte. Walter packte die Ankerkette und spähte zu dem Schiff empor, das bedrohlich über ihm aufragte. Es war ein Handelskahn aus dem Zweiten Weltkrieg, wie die anderen dahinter auch, die stillgelegten Schiffe, die zweimal täglich mit Ebbe und Flut auf- und niedersanken, seit Walter geboren war. Ihre Laderäume waren voll mit Getreide, das die Regierung aufkaufte, um die freie Marktwirtschaft davon abzuhalten, die Farmer in Iowa, Nebraska und Kansas zu erdrosseln. Weiter flußabwärts, irgendwo in einer kleinen Bucht bei Jones Point, lag das Wrack der Quedah Merchant , die William Kidds Leute 1699 dort versenkt hatten. Es ging die Legende, daß man sie bei klarem Wasser immer noch sehen konnte, voll aufgetakelt und segelbereit, beladen mit Schätzen aus Hispaniola und der Berberei.
    Doch Walter stand der Sinn nicht nach Schätzen. Auch nicht nach verfaulenden Weizenkeimen unter einer Schicht von Rattenkacke, nicht einmal nach ein bißchen sportlicher Ertüchtigung. Tatsächlich hatte er bis zu dem Moment, als er im Wasser unter der gespannten, rostigen Ankerkette gegen Mardi streifte, überhaupt nicht gewußt, wonach ihm der Sinn stand. »Überraschung!« prustete sie, als sie neben ihm auftauchte und ihm, einen Arm auf die Kette gelegt, den anderen um den Hals schlang. Und dann, indem sie ihren Körper an ihn schmiegte – nein, an ihm rieb, als hätte sie plötzlich eine Art Unterwasser-Juckreiz bekommen –, murmelte sie: »Hast du heute wirklich Geburtstag?«
    Er hatte es fast vergessen. Die traurigen, tadelnden Mienen von Jessica, Lola und Hesh zogen in rascher Folge an ihm vorbei, eine plötzliche Manifestation einer umfassenderen Heimsuchung, und dann griff er nach ihr, suchte nach Körperöffnungen, bemühte sich zu küssen und zu streicheln, Wasser zu treten und zu kopulieren, alles zur gleichen Zeit. Er schluckte Wasser und schoß hustend in die Höhe.
    Mardi machte ein leise stöhnendes, schmatzendes Geräusch, als schlürfe sie Suppe oder Sorbet. Kleine Wellen schwappten rings um sie. Walter hustete immer noch.
    »Hör zu, Geburtstagskind«, flüsterte sie, stieß sich ab und kam dann wieder dicht an ihn heran. »Ich könnte ganz schön lieb zu dir sein, wenn du etwas für mich tust.«
    Walter war elektrisiert. Scharf, gierig, allen Urteilsvermögens beraubt. Die eisige, fischige

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