Zärtlicher Hinterhalt
Widerspruch zu spät bemerkt und fragte: »Was mache ich dann überhaupt hier?«
»Es sind Ihre anderen Aktivitäten, die meine Aufmerksamkeit erregt haben.«
»A … andere Aktivitäten?«
Wenn Dougald sich darauf konzentrieren musste, in seinem Stuhl sitzen zu bleiben, stand er kurz vor der Gewaltanwendung. Nur zu gerne hätte er Seaton mit den Fäusten bearbeitet, damit der seinen schnippischen Ton ablegte, und ein paar seiner Zähne dazu, und alles gestand. Um ihn dann seiner restlichen Zähne zu entledigen …
Langsam und beruhigend holte Dougald Luft. Hier ging es nicht um Rache. Sondern um Prävention und darum, Hannah in Sicherheit zu bringen. Weil er sie liebte. Auch wenn er sie freigeben müsste – er liebte sie. »Seaton, Sie können doch nicht geglaubt haben, Ihre Aktivitäten blieben auf ewig unbemerkt.«
Seaton wand sich auf seinem Sitz und hob wieder die stumpfe Nase. »Ich … ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
Dougald und Charles wechselten Blicke. Dieses Sichwinden war so gut wie ein Schuldgeständnis. Aber Dougald wollte es
hören.
Er wollte die Einzelheiten, die Namen der Handlanger erfahren sowie Seatons Pläne. Hannah bestand darauf, erst nach dem Besuch der Königin abzureisen; also musste er es herausfinden.
Nach einer langen, schweigsamen Pause, in der Dougald zweimal beobachten konnte, wie Seaton sich krümmte, begann Dougald erneut: »Es ist ziemlich spät. Ich bin erschöpft. Charles sagt immer, ich würde unleidig, wenn ich erschöpft bin. Hoffentlich lassen Sie mich nicht zu lange warten, sonst geht mir noch die Geduld aus.«
Charles beugte sich erneut zu Seaton herab und riet ihm hinter vorgehaltener Hand: »Es ist das Beste, alles zu gestehen, bevor Seine Lordschaft zornig wird.«
Seaton schaute zwischen den beiden hin und her und beschloss, zur Abwechslung selber eine Frage zu stellen. »Ist es so zum Mord an seiner Frau gekommen? Weil er wütend vor Eifersucht war?«
Sich wieder die Hände reibend, sagte Charles: »Nein, Sir, das war er nicht im Geringsten.«
Dougald hielt es kaum noch auf dem Stuhl. Charles machte sich einen etwas zu großen Spaß aus der Angelegenheit. Wie Dougald es sicher auch getan hätte, wäre die Lage nicht so ernst gewesen. »Charles, Sie überschreiten Ihre Grenzen!«
Charles schlich ans andere Ende des Raums.
Nachdem er seinen Kammerdiener mit einem langen, finsteren Blick bedacht hatte, wandte Dougald sich wieder Seaton zu. »Nun … ich möchte ein Geständnis, und zwar jetzt. Was für einen wahnsinnigen Anschlag haben Sie da ausgeheckt?«
Seaton schaute erst Charles an, dann Dougald. »Gar keinen. Ich habe nichts …«
Dougald erhob sich.
Charles fing zu knurren an.
Seaton änderte Tonfall und Taktik. »Das heißt … ich … ich hätte nicht gedacht, dass Sie davon wissen …«
Dougald setzte sich wieder. »Gestehen Sie!«
Seaton straffte die ausgepolsterten Schultern. »Ich gebe alles zurück!«
Dougald brauchte seine Verwirrung nicht vorzuschützen. »Sie … geben … alles … zurück?«
Der arme Sünder schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Es war das Halsband, das mich verraten hat, nicht wahr? Das Halsband, das ich Mrs. Grizzle gestohlen habe.«
Seine Lordschaft begriff immer noch nicht. Er starrte seinen entfernten Cousin an, den Mann, der gerade dabei war … das falsche Verbrechen zu gestehen.
Energisch übernahm Charles das Verhör. »Sie haben Mrs. Grizzle also ein Halsband gestohlen?«
Seaton drehte sich um und begriff, dass er falsch gelegen hatte. »Sie meinen gar nicht das Halsband? Dann müssen es die Vasen gewesen sein. Lady McCarns preisgekrönte Vasen aus der Ming-Dynastie. Sie waren eigentlich viel zu groß. Aber was für eine Herausforderung. Merkwürdig, wie da irgendwer glauben konnte, sie würden mich nicht reizen.«
Dougald hatte sich so weit erholt, dass er wieder zusammenhängende, durchdachte Sätze zustande brachte. »Sie haben Lady McCarns preisgekrönte Ming-Vasen
gestohlen?«
»Nicht
gestohlen.
Was für ein hässliches Wort. Ich habe sie … eingesammelt. Sie sehen ganz entzückend aus in meinem Schlafzimmer.« Seaton wusste ganz offensichtlich nicht, was er mit Dougalds verblüffter Miene anfangen sollte, und entschloss sich zu einem typisch Seatonschen Manöver – er gab anderen die Schuld. »Sie sind daran schuld, Lord Raeburn, dass ich mein Schlafgemach aufwerten musste. Sie können doch von einem Mann meiner Feinfühligkeit nicht erwarten, dass er in dieser Schande von einem Zimmer
Weitere Kostenlose Bücher