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Zärtlichkeit, die du mir Schenkst

Zärtlichkeit, die du mir Schenkst

Titel: Zärtlichkeit, die du mir Schenkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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wieder, das du dir nicht in deinen schlimmsten Albträumen vorstellen kannst!«
    Emmeline schluckte, zuckte ein wenig zusammen und wartete darauf, dass Beckys Wutanfall abklingen würde. Mit Becky würde erst zu reden sein, wenn sie etwas Dampf abgelassen hatte.
    »Emmeline, ich bin vor Sorge um dich fast verrückt geworden!«, schluchzte Becky und wurde schließlich ruhiger. »Wenn du nur geblieben wärst, hätten wir eine Lösung finden können...«
    Emmeline seufzte. »Du weißt, was passiert wäre, und ich weiß das auch«, entgegnete sie ruhig. »Und so sehr ich dich auch liebe, ich möchte nicht sein, was du bist.«
    Sie hatte es nicht unfreundlich gemeint, doch sie sah, dass ihre Worte Becky erschütterten, auch wenn sie das nicht hätte überraschen sollen. Becky hatte immer ein anderes Leben für sie gewollt, deshalb hatte Becky sie aufs Mädchenpensionat geschickt, sie in ihrem Interesse für Bücher und Musik ermuntert und sie strikt vom Familienunternehmen fern gehalten.
    Das heißt, bis der Texaner eingetroffen war.
    Becky wurde bleich, und Emmeline fühlte sich so schuldig, als hätte sie ihre Tante mit aller Kraft geohrfeigt. »Und was genau bin ich, Emmeline?«, hakte sie nach.
    Die folgende Stille war spannungsgeladen.
    »Du bist meine Tante«, erwiderte Emmeline schließlich. »Die einzige Blutsverwandte, die ich habe.«
    »Und ich bin eine Prostituierte - oder bin eine gewesen.«
    Emmelines Magen verkrampfte sich, und obwohl sie zu sprechen versuchte, brachte sie kein Wort heraus. Sie hatte oft versucht, Beckys Gewerbe von ihrer Persönlichkeit zu trennen - sie war eine starke, vitale, intelligente Frau, entschlossen zu überleben -, doch es war schwierig angesichts der gesellschaftlichen Einstellung im Allgemeinen und der Rafe McKettricks im Besonderen.
    »Fühlst du dich mir überlegen?«, fragte Becky milde. Ihre Nasenflügel waren ein bisschen gerötet, und ihre Augen sprühten Feuer.
    Emmeline schüttelte den Kopf. Ob eine Frau ihren Körper ein Mal oder tausend Mal verkaufte, sie war trotzdem eine Hure. Emmeline hatte einen Stapel Goldmünzen als Erinnerung an ihre eigene fehlbare Natur; sie war nicht in der Position, andere Frauen zu verurteilen. »Natürlich nicht«, flüsterte sie, doch sie konnte Beckv nicht ansehen, obwohl sie spürte, dass deren glühender Blick auf sie gerichtet war. »Ich habe mich deinetwegen nie geschämt. Niemals. Nur meinetwegen.«
    Becky setzte zu einer Erwiderung an, besann sich jedoch anders. Sie hob beide Hände, um eine Pause in ihrem Gespräch zu signalisieren, eilte zur Tür, riss sie auf und rief nach jemandem namens Clive. Ein paar Sekunden später traf er ein, und Becky schlüpfte aus dem Zimmer, um mit dem Mann auf dem Gang zu sprechen. Sie bestellte Tee mit viel Milch und Zucker und Plätzchen, wenn sie zu bekommen waren.
    »Mr. McKettrick ist hier und fragt nach seiner Frau«, erwiderte Clive.
    Emmeline hatte gedacht, mehr Kummer könnte es nicht für sie geben, doch jetzt kamen ihr wieder die Tränen. Sobald Rafe die ganze Geschichte hörte - und Becky war gerade in der Stimmung, um sie zu erzählen -, würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als in die Fußstapfen ihrer Tante zu treten.
    »Ich möchte ihn kennen lernen«, meinte Becky zu Clive, sprach jedoch so laut, dass Emmeline sie hören musste. »Schicken Sie ihn rauf.«
    Becky kam wieder ins Zimmer und schloss die Tür. »Liebst du ihn?«, fragte sie. »Deinen Ehemann?«
    Emmeline nickte, schüttelte den Kopf und schnäuzte sich dann in das Taschentuch, das Becky ihr hinhielt. »Ich weiß es nicht«, bekannte sie. Sie wusste, was sie sich in ihrer Fantasie immer unter Liebe vorgestellt hatte, doch was sie und Rafe zusammen aufbauten, war anders und nicht so leicht zu beschreiben. »Ich glaube, wir könnten im Laufe der Zeit glücklich miteinander sein.«
    »Und du befürchtest, ich könnte dir das verderben?«
    Becky war jetzt zu ihrem Sessel zurückgekehrt, und sie sah Emmeline tief in die Augen.
    »Ich hoffe, du tust das nicht«, gab Emmeline zu und blickte nervös zur Tür.
    Becky seufzte, setzte sich und legte die Hände auf die Sessellehnen. »So etwas würde ich nie meinem eigenen Kind antun«, sagte sie. »Aber die Wahrheit kommt irgendwann immer heraus. Das ist das Traurige an der Sache.«
    Meinem eigenen Kind.
    Emmeline war wie betäubt. Sie hatte die Möglichkeit schon in Erwägung gezogen, aber stets ausgeschlossen. Es war, als hätten soeben Himmel und Erde die Plätze getauscht;

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