Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
neunjähriges Kind mehr. Ich muss mit Aidan sprechen und herausfinden, ob Benedict ihm denwahren Grund für den Waffenstillstand genannt hat. Meinem Vater bereitet es immer Vergnügen, eine Geisel zu quälen, aber bei einem Erschaffer wird er es mit Sicherheit besonders genießen.
Die Eichenplatte ist mit den Jahren rissig geworden, und als meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, sehe ich, wie durch die feinen Ritzen dünne Lichtstrahlen sickern. Es ist kalt in dem Schacht, und ich warte fröstelnd, bis ich schließlich höre, wie die Tür geöffnet wird und das Murmeln von Stimmen an mein Ohr dringt. Stiefel trampeln über die runde Holzplatte, und ich presse mir die Hand auf den Mund, um einen nervösen Aufschrei zu unterdrücken. Die Einzigen, die ich dort oben spüren kann, sind Aidan und der Junge.
Mittlerweile wird Aidan von einfachen Tributen bewacht – nicht von Otter. Sonst würde ich das Risiko nicht eingehen. Die Tribute werden draußen bleiben und die Tür zum Saal bewachen. Der Erschaffer ist wohl das erste Vieh seit einer Ewigkeit, dem es erlaubt ist, sich in diesem Raum aufzuhalten.
Ich möchte keine Magie benutzen und dadurch Gefahr laufen, die Aufmerksamkeit eines vorbeikommenden Großmeisters zu erregen, deswegen schiebe ich die Eichenplatte Zentimeter für Zentimeter von Hand zur Seite und klammere mich dann am Rand des Schachts fest, um mich nach oben zu ziehen. Aber ich habe nicht genügend Kraft und rutsche ab. Der harte Aufprall presst mit einem Ufff! die Luft aus meiner Lunge, und einen Moment lang bleibe ich wie ein gestrandeter Fisch nach Atem ringend auf dem Boden liegen.
Als ich mich mühsam wieder aufrichte, spüre ich, wie an meinem Hinterkopf eine Beule schmerzhaft pochend zum Leben erwacht. Während ich darüberreibe und nach oben schaue, sehe ich Aidan über dem Schacht stehen – einen großen Holzhammer in der Hand, bereit, mir die nächste Beule zu verpassen. Er starrt stirnrunzelnd zu mir herunter, und während er überlegt, was er tun soll, kämpft in seinem Gesicht Misstrauen gegen Hoffnung.
»Brauchst du Hilfe?« Er lässt den Hammer fallen, greift nach meinem Handgelenk und zieht mich aus dem Schacht, bevor ich etwas erwidern kann. Als ich mit der Stiefelspitze am Rand hängen bleibe, schlingt er einen Arm um mich, damit ich nicht falle. Wir stehen uns so dicht gegenüber, dass unsere Nasenspitzen sich fast berühren, und zum zweiten Mal in weniger als einer Minute verschlägt es mir den Atem. Aidan lässt mich los und tritt ein paar Schritte zurück.
»Ich habe nicht mehr daran geglaubt, dass du noch einmal wiederkommst«, flüstert er. Seine Stimme klingt rau und vorwurfsvoll. »Ich dachte, dass du nur mit mir gespielt hast und dein Versprechen, mich zu befreien, nicht ernst gemeint hast. Du arbeitest vielleicht nicht für deinen Vater, aber hätte doch trotzdem sein können, dass du dich nur ein bisschen auf Kosten des dämlichen Erschaffers amüsieren willst.«
»So etwas würde ich nie tun.« Ich sehe ihn an, bis er den Blick senkt. »Aber es ist fast unmöglich, unbemerkt in deine Nähe zu gelangen!« Ich bin immer noch wütend. »Vor allem, nachdem Otter mich im Dachgeschoss erwischt hat. Ein Wort zu viel von dir und er hätte gewusst, dass ich versprochen habe, dich zu befreien … dass ich mit Leuten aus der Stadt über dich gesprochen habe …«
»Das tut mir leid. Aber woher hätte ich denn wissen sollen, dass du mich nicht bloß reingelegt hast? Ich meine, alles hat so ausgesehen, als ob …« Er verstummt betreten und sieht mich dann mit einem zögernden Lächeln an. Seine Augen sind von einem fast schon absurden Blau. Schließlich streckt er die Hand aus und zeichnet mit den Fingerspitzen sanft den Schwung meines Kinns nach. Meine Beine drohen unter mir nachzugeben. »Verzeihst du mir?« Sein Lächeln wird wärmer. Alles wird wärmer. Ich mache einen Schritt rückwärts und wäre beinahe in den Schacht gefallen, wenn ich mich nicht gerade noch rechtzeitig daran erinnert hätte.
»Das spielt im Moment keine Rolle«, gebe ich schroff zurück. »Belassen wir es einfach dabei. Aber ich muss vorsichtig sein. Wenn ich erwischt werde, bin ich weder dir noch sonst irgendjemandem von Nutzen. Du musst mir vertrauen, so schwer es dir auch fällt!«
»Ich vertraue niemandem. Du hättest mir gleich erzählen sollen, wer du bist.« Sein Gesicht verschließt sich wieder.
Ich stöhne auf und schüttle den Kopf. Noch nie bin ich jemandem begegnet, der so
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