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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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wichtigsten Journis ein, drei von der Sonntagspresse, natürlich ohne SonntagsBlick, dann die zwei, drei wichtigsten Wirtschaftsblätter, Tageszeitungen, und von der NZZ nur einen, die nimmt ja langsam wirklich keiner mehr ernst. Dann einen von der Deppenagentur, aber natürlich FT, Wall Street Journal, Economist – das wär’s dann so etwa, vielleicht noch die FAZ.«
    Mit guter Laune und ohne Krawatte spazierte Wunderli dann am Freitagnachmittag von einem Stehtischchen zum nächsten. Die Alkoholvorräte waren dermaßen schnell zur Neige gegangen, dass er dem Personal diskret Anweisung gab, für Nachschub zu sorgen.
    »High-frequency Trading? Noch nie gehört«, sagte Wunderli leichthin. »Ich muss Ihnen wohl nicht den Unterschied zwischen einem Trader und einem Investmentbanker erklären, nein? Wie bitte? Aber hören Sie doch mal mit diesen simplifizierenden Feindbildern auf, ich trage keine Hosenträger, nicht mal eine Krawatte, und ich heiße auch nicht Gordon Gekko. Nein, wir basteln keine Schrottpapiere, wie Sie gewisse Finanzderivate zu bezeichnen belieben, die richtig eingesetzt in der globalisierten Wirtschaft Finanzströme dorthin lenken können, wo sie gebraucht werden. Ob ich Ihnen ein Beispiel einer erfolgreichen Mega-Fusion in den letzten Jahren nennen kann? Schauen Sie, das würde doch wohl den Rahmen eines allgemeinen Hintergrundgesprächs sprengen, nicht wahr?«
    Wunderli wechselte den Tisch und prostete mit seinem Glas Mineralwasser den drei Journalisten zu: »Die Frage musste ja kommen. Natürlich gab es vereinzelt Übertreibungen, ich würde da sogar das Wort Exzesse verwenden, aber würden Sie sich staatliche Eingriffe in die Lohnpolitik Ihres Verlages gefallen lassen? Denen würden die besten Leute weglaufen, und die Folgen sähe der Steuerzahler dann auch nicht gerne. Wie bitte? Die sollten es doch mal mit den Zweitbesten probieren, nach dem Fiasko, das die Besten angerichtet haben? Das ist mir nun doch zu niveaulos.«
    Zum letzten Mal wechselte Wunderli den Tisch. »Ach, das ist aber originell. Ich dachte, wenigstens im Kreis der seriösen Wirtschaftspresse könnte man über die Zukunft sprechen, über Lösungsansätze, über die Lehren, die gerade wir Investmentbanker aus dem Tsunami gezogen haben, der über die Finanzmärkte hinweggetost ist. Leistung muss sich lohnen, dazu stehe ich, und wenn Sie wüssten, wie sorgfältig und unter Abwägung komplexer interagierender Faktoren der variable Lohnanteil bei uns bemessen wird, dann würden Sie das Wort Abzocker nicht mal bei einem Hintergrundgespräch in den Mund nehmen. Nein, dazu kann ich Ihnen keine Auskunft geben, aber Sie würden sich wundern, wie wenig ich selbst verdiene, da ich ja nicht operativ, sondern mehr strategisch und leitend tätig bin. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich keinesfalls neidisch darauf bin, dass diverse meiner Untergebenen an der Front das Vielfache von meinem Salär bekommen. Denn ich weiß im Gegensatz zu Ihnen auch, welche Leistungen dafür erbracht werden. Also jetzt verlassen wir aber endgültig die Realität, Drogenkonsum, Psychopharmaka, Upper und Downer, das kommt doch nur in schlechten Filmen vor, absurd. Darf ich Sie noch zu einer Runde Wein einladen, by the way?«
    Das war ja grauenhaft, dachte Wunderli und gab dem Personal einen Wink, die wenigen verbliebenen Weinflaschen abzuräumen. Nachdem die geladene Wirtschaftspresse das Gotthelf-Stübli verlassen hatte, nahm Wunderli ein silbernes Döschen aus seiner Hosentasche, öffnete es, rollte eine Hundertdollarnote zu einem Röhrchen und zog sich eine Linie rein.

Neunundzwanzig
    Networking, dachte Kuster, den Puls nehmen, Face Value, Präsenz markieren. Dafür eigneten sich natürlich nicht der Rotary, auch nicht die Zunft und Lion’s oder Kiwanis erst recht nicht. Also machte er auf casual, Button-down-Hemd ohne Krawatte, Blazer, dunkelgraue Hose und als bewussten kleinen Fauxpas braune Loafer an den Füßen. So betrat er kurz vor sieben die Börsenbar. Die Zürcher Börse gab es zwar nicht mehr, aber diese Tränke war immer noch einer der Anlaufpunkte der Bahnhofstrassenbanker. Nicht die erste Liga, aber die ließ sich ja in letzter Zeit sowieso nur ungern in der Öffentlichkeit sehen, zu viel Sozialneid und Unverständnis für hart erarbeitete Boni. Aber auch nicht die Ebene der Büroschwengel, was man daran erkannte, dass hier ein Cüpli aus Champagner bestand und nicht aus Prosecco.
    Der dunkel getäferte Raum war bereits wohlgefüllt, die

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