Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
kühn und ließ ihre Hand los.
Althea musterte einen Moment besorgt die Matrosen auf dem Deck. Offensichtlich glaubte sie, dass ihre Nichte in deren Gesellschaft nicht sicher war. Doch plötzlich hellte sich ihre Miene auf. Sie nickte. »Selbstverständlich, wenn du möchtest.«
Malta sah sich um. Hinter ihr lehnte Amber neben der Galionsfigur an der Reling. Anscheinend hatten Amber und Althea sich hinter ihrem Rücken verständigt, und Althea glaubte jetzt, dass Malta in Sicherheit war. Interessant.
Außerdem fand sie die Gesellschaft einer so geheimnisvollen und skandalösen Gestalt wie der fremden Perlenmacherin auch sehr spannend.
»Benimm dich, Malta«, ermahnte Keffria ihre Tochter besorgt, ließ sich jedoch von Althea und ihrer Großmutter wegführen. Kaum hatten sie das Deck verlassen, konzentrierte Malta ihre Aufmerksamkeit sofort auf Amber. Sie lächelte höflich und hielt der Frau die Hand hin.
»Die besten Wünsche für Eure Reise, Mistress Amber.«
Die Frau erwiderte ihren Gruß mit kühler Belustigung. »Danke, Mistress Haven.« Sie neigte nur den Kopf, aber es wirkte so höflich wie eine Verbeugung. Dabei berührte sie Maltas Hand kurz mit ihren behandschuhten Fingerspitzen. Dem Mädchen lief eine Gänsehaut über den Arm. Diese Frau war wirklich merkwürdig. Amber wandte den Blick ab und sah aufs Meer hinaus. Sollte das ein Versuch sein, das Gespräch zu beenden? Davon würde Malta sich nicht abschrecken lassen!
»Das gute Wetter scheint Euch einen verheißungsvollen Aufbruch zu gewähren.«
»Ja, so sieht es aus.« Amber antwortete sehr förmlich.
»Und das Schiff scheint in einem hervorragenden Zustand zu sein.«
»Ich bin geneigt, Euch darin ebenfalls zuzustimmen.«
»Die Mannschaft scheint fähig und bereit zu sein.«
»Kapitän Trell hat sie so gründlich ausgebildet, wie die Zeit es erlaubte.«
»Tatsächlich, alle Vorzeichen für diese Reise scheinen günstig.« Malta hatte das Spiel plötzlich satt. »Glaubt Ihr, dass Ihr eine Chance auf Erfolg habt?«, fragte sie geradeheraus. Sie musste es wissen. War das alles nur eine aufwändige Übung, eine Schau für ihre Familie, oder gab es tatsächlich eine Chance, ihren Vater retten zu können?
»Es besteht immer die Möglichkeit, dass etwas passiert«, antwortete Amber. Ihre Stimme klang plötzlich ernst, und sie sah Malta wieder an. Ihr Blick war so voller Mitgefühl, dass er sich förmlich in Maltas Innerstes zu brennen schien. »Wenn jemand versucht zu handeln, damit etwas geschieht, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Geschehnis eintritt. Und viele Menschen unternehmen etwas, um Euer Familienschiff und das Leben Eures Vaters und Eures Bruders zu retten, Malta.« Als Amber ihren Namen aussprach, musste das Mädchen sie einfach ansehen. Die Augen der Frau waren merkwürdig, was nicht allein an der Farbe lag. Doch irgendwie spielte das keine Rolle. Die Worte der anderen Frau gingen ihr unwillkürlich nahe. »Wir haben nur das Ziel, sie zu retten. Ich kann Euch natürlich den Erfolg nicht garantieren, aber wir werden es gewiss mit allen Kräften versuchen.«
»Ich weiß nicht, ob ich mich nach Euren Worten besser oder schlechter fühle.«
»Ich möchte Euch nur sagen, dass Ihr alles getan habt, was Ihr tun konntet. Gebt Euch damit zufrieden. Ihr habt ein hungriges, junges Herz. Im Moment gleicht es einem Vogel, der sich gegen die Stäbe seines Käfigs wirft. Je mehr Ihr kämpft, desto ernstlicher werdet Ihr Euch verletzen. Wartet ab. Seid geduldig. Eure Zeit zu fliegen kommt. Und wenn es so weit ist, müsst Ihr stark sein, nicht blutig und müde.« Plötzlich weiteten sich Ambers Augen. »Und hütet Euch vor der, die Eure Flügel für sich selbst beansprucht. Hütet Euch vor der, die Euch an Eurer Stärke zweifeln lässt. Eure Unzufriedenheit ist in Eurer Bestimmung begründet, Malta. Ein bescheidenes Leben wird Euch niemals zufriedenstellen.«
Malta verschränkte die Arme vor der Brust und trat instinktiv einen Schritt zurück. Sie schüttelte den Kopf. »Ihr klingt wie eine Wahrsagerin«, meinte sie und lachte schrill. »Mein Herz pocht wie wild!« Sie versuchte noch einmal zu lachen, als mache sie sich über das Missgeschick einer Fremden lustig.
»Manchmal tue ich das«, gab Amber zu und wandte sich unvermittelt von Malta ab. Sie schien verlegen. »Und manchmal bin ich es auch. Aber eine Wahrsagerin kann Eure Zukunft nicht wahr werden lassen. Wir sind alle selbst für unsere Zukunft verantwortlich.«
»Und wie
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