Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Slater
Vom Netzwerk:
Filme anzuschauen. Diesen faszinierenden Moment wieder zu erleben. Dieses kurze Wunder.
    Schöne Fluchten.
    Es gelang ihm nicht, seine Gedanken von dem Detective loszureißen. Der hatte eine Energie wie kein anderer. Und er hatte Probleme. So was erkannte die Natter mit einem Blick. Schlimme Dinge waren in dessen Leben passiert. Er hatte das gecheckt, hatte den Mann gecheckt. Die Natter war fest entschlossen, ihn von den schweren Ketten dieser Welt zu befreien. Ihn zu erlösen.
    Und er wollte den Moment der Glückseligkeit in dessen Augen festhalten, wenn es passierte.
    Bisweilen verstand er sich selbst nicht. Je größer die Herausforderung, desto bestrickender die Erlösung. Es war eigenartig. Allein die Vorstellung war so phänomenal, dass er mental wegdriftete. Eine Zeitlang. Als er schließlich aus seinem Tagtraum erwachte, war sein Gesicht blutig, und er begriff, dass er sich wieder die Haut aufgekratzt hatte.
    Es war nicht wichtig.
    Er glitt zu dem Sideboard und schaltete den Computer ein. Blassblaues Licht – kühl wie das Blut in seinen Arterien – verschattete den Raum. Die Natter neigte sich über die Tastatur.
    Log-in: William
    Passwort: Flyaway
    Er drückte »Enter«, und das Windows-Logo blitzte auf. Es gab keinen Bildschirmschoner. Nur einen frostig weißen Bildschirm, und so ähnlich fühlte er sich auch. Frostig, kalt.
    Er führte einen Doppelcheck seiner Internetoptionen aus für maximale Anwendersicherheit. Dann loggte er sich in einem zweiten Computer ein, der sonst immer offline war. Eine notwendige Taktik. Sollte die Polizei jemals seine IP -Adresse ermitteln – was fast unmöglich war, da er Proxyserver benutzte und seine Anfragen über fremde, ungeschützte Wi-Fi-User laufen ließ –, würde die 89-jährige Martha McCallum ihr blaues Wunder erleben. Die Ärmste bekäme bestimmt einen Schlag, wenn die Cops mitten in der Nacht bei ihr anrückten und ihr die Bude auseinandernähmen.
    Auch das juckte ihn nicht. Der Computer war so eingestellt, dass der Browserverlauf jede Nacht mithilfe des KillDisk -Programms gelöscht wurde.
    Als letzte Sicherheitsvorkehrung nutzte die Natter zudem einen Anonymen-Sender-Account, weil der Provider die Daten alle zwölf Stunden bereinigte. Selbst wenn die Cops einen Tipp bekämen – was höchst unwahrscheinlich war –, würde die Information ins Leere laufen.
    Alles war hundertprozentig sicher .
    Trotzdem konnte man nie vorsichtig genug sein. Nachlässigkeit hatte schon vielen vor ihm das Genick gebrochen. Folglich machte er dauernd an seiner IP -Adresse herum. Und änderte permanent seine Usergewohnheiten, damit kein Muster entstand. Damit ging er auf Nummer sicher, dass er im Netz keine verräterischen Spuren hinterließ.
    Süffisant grinsend loggte er sich ein.
    Sein Blick wanderte prüfend über die Falltreppe, denn er wusste, dass er den Doktor mit seiner Aktion wütend machen würde. Als er sich davon überzeugt hatte, dass die Falltür verschlossen und verriegelt war, tippte er seine E-Mail ein.
    An: Mordermittler Jacob Striker
    Betreff: Schlangen & Leitern

23
    Die Pathologie befand sich im Nordflügel des Vancouver General Hospital, gleich hinter den Parkplätzen für Polizei und Krankenwagen. Der Weg war nicht ausgeschildert. Nur zwei grau gestrichene Türen, die zu einem Lastenaufzug führten. Das war alles.
    Als Mordermittler ging Striker hier ein und aus. Wann immer er herkam, kamen lange verdrängte Erinnerungen wieder hoch, Erinnerungen an Mordopfer, Unfalltote und Suizide.
    Wie der von seiner Frau. Der Tag, an dem er herkommen musste, um Amanda zu identifizieren, war in sein Gedächtnis wie eingemeißelt. Die Wände hatten ihn schier erdrückt, das Licht war zu grell gewesen, und das Zeug, mit dem sie die Leichen wuschen, hatte in seiner Lunge gebrannt. Er würde die Erinnerung wahrscheinlich nie loswerden.
    Sie nahmen den Aufzug, der sie zwei Stockwerke tiefer in die Pathologie brachte. Striker trat zurück, damit Felicia nah an der Lifttür stehen konnte. Sie litt unter Klaustrophobie und hetzte halb panisch aus dem Aufzug, sobald die Türen wieder aufglitten.
    Striker folgte ihr. Im Korridor schlug ihm der muffige Geruch von alter, abblätternder Farbe und feuchter, abgestandener Luft entgegen. Das Gebäude war alt. Er durchquerte den langen Gang, bog nach rechts und blieb vor einer hässlichen grauen Tür stehen. Es war der Haupteingang zu den Autopsiesälen.
    Dort hatte er damals Amanda identifizieren müssen.
    Es war wie ein Schlag in

Weitere Kostenlose Bücher