Zornesblind
fragte sie.
»Mmh, eine Schlangenart«, erklärte er. Als sie ihn mit einem gereizten Blick torpedierte, schob er seelenruhig nach: »Eine Giftschlange.«
»Spar dir den Atem, Jacob. Bin schließlich keine kleine Dumme. Also, wer ist dieser Typ?«
Striker zuckte die Schultern. »Unauffindbar.«
Felicia stellte ihren Kaffeebecher ab und schüttelte den Kopf. Ihre Miene entschlossen, heftete sie den Blick auf den Bildschirm.
»Das gefällt mir gar nicht«, muffelte sie.
»Mir auch nicht. Allerdings ist es keine echte Drohung, nur ein Wischi-Waschi-Scheiß. So fasse ich die Botschaft jedenfalls auf. Von irgendeinem Spinner.«
»Vielleicht ist er der von uns gesuchte Typ.«
Striker nickte zustimmend. »Hab ich auch schon überlegt. Das Timing und so würde hinkommen. Trotzdem bin ich da skeptisch.«
»Wieso?«
»Hmm, weil die Mitteilung erst verschickt wurde, nachdem wir im Fernsehen waren. Vor den Nachrichten wär sie glaubwürdiger gewesen, denn so könnte es auch irgendein Trittbrettfahrer sein, der sich einen Spaß mit uns macht.«
Felicias Miene verhärtete sich. »Wir müssen auf jeden Fall vorsichtig sein. Angenommen, er ist es doch? Ich mach doch nicht meinen Job und präsentier mich als lebende Zielscheibe für den Kerl!«
»Nein, wir müssen aufpassen. Eine unserer leichtesten Übungen.«
Eine Pause entstand. Sie las die Mitteilung erneut, dann nochmal und zog die Stirn in Falten. »Hört sich an, als wäre es für ihn ein Spiel«, dachte sie laut. »Der Typ ist krank im Kopf. Und größenwahnsinnig. Womöglich hat er sich heimlich schon an uns drangehängt.«
Striker lächelte sarkastisch.
»Nichts wäre mir lieber.«
29
Es war kurz nach sechs, als Striker und Felicia den kleinen Bungalow in der Camosun Street verließen und in die Innenstadt fuhren. Courtney schlief noch, und Striker mochte sie nicht wecken. Irgendwie fanden sie nie richtig Zeit füreinander, realisierte er schmerzlich. Und wie so oft signalisierte ihm sein Gewissen, dass er kein besonders guter Vater war.
Zumal Courtney in letzter Zeit häufiger depressiv wirkte, weil sie unzufrieden war, dass es mit der Krankengymnastik nach ihrem Unfall nicht so klappte, wie sie es sich vorstellte. Sie brauchte viel Ruhe, und da mochte er sie nicht stören.
Er heftete eine Notiz an den Computer, dass sie ihn unter gar keinen Umständen benutzen solle, dann verließ er mit Felicia das Haus. Bevor er in den Ford stieg, warf Striker einen letzten langen Blick auf sein gemütliches kleines Nest.
Felicia bemerkte seinen Blick. »Mein Gott, ihr passiert schon nichts, du Angsthase.«
Striker verzog missmutig die Mundwinkel, woraufhin Felicia ihn auslachte. Er stieg ein, ließ den Motor an, und sie fuhren zum Dezernat in der Cambie Street. Dort war die Opferhilfe untergebracht.
Immerhin bestand eine verschwindend geringe Chance, dass Larisa Logan dort war.
Bis zur Cambie Street waren es knapp zehn Minuten, so dass sie um 6.15 Uhr dort eintrafen. Der Parkplatz war ungewöhnlich leer. Die Echo-Schicht hatte bereits Feierabend, das Alpha-Team war auf der Straße und Bravo noch nicht wieder zurück.
Striker sprang aus dem Wagen und lief ins Foyer. Das Gebäude auf der Cambie gehörte der Insurance Corporation of British Columbia und nicht dem Vancouver Police Department, zum Ärgernis etlicher Cops, weil sie sich die Tiefgarage mit ICBC -Mitarbeitern teilen mussten und die Aufzüge die halbe Zeit defekt waren. Genau genommen entsprach der Bau absolut nicht den Erfordernissen der Polizei.
Und das war nur logisch. Das Gebäude war für Leute konzipiert, die einen geregelten Achtstundentag hatten, und nicht für Cops, die rund um die Uhr und sieben Tage die Woche malochten. Ein Umzug war zwar im Gespräch, aber bisher hatte sich noch nichts getan. Leere Versprechungen passten halt zu einer leeren Haushaltskasse.
Es war typisch für Vancouver.
Striker konnte es letztlich egal sein. In dem Bau an der Cambie war hauptsächlich der Streifendienst untergebracht. Er selbst war die meiste Zeit unten an der 312 – wenn er nicht ohnehin auf der Straße war.
Neben der Streife hatte die Opferhilfe ihr Büro. Darin war Larisa Logan tätig gewesen.
Sargheit Samra war ein alter Hase und seit einem Jahr der verantwortliche Sergeant für die Opferbetreuung. Vorher war er acht Jahre lang in der Alpha-Schicht gefahren und daher ein Frühaufsteher, das wusste Striker. Deshalb hatte er sich auch nicht vorher angekündigt. Er tippte darauf, dass Samra schon im
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