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Zur besonderen Verwendung

Zur besonderen Verwendung

Titel: Zur besonderen Verwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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längst aus dem ak­ti­ven Dienst ent­las­sen. Er hat ein lo­cke­res Mund­werk. Dies ist aber ei­ne an­ge­bo­re­ne und des­halb psy­cho­lo­gisch be­grün­de­te Ei­gen­schaft, die wir nicht än­dern kön­nen. Sie wis­sen, wel­chen Wert ich dar­auf le­ge, mei­ne Leu­te nicht in ei­ne Scha­blo­ne zu pres­sen. Je­der­mann soll und muß sei­ne In­di­vi­dua­li­tät be­hal­ten. Auch Sie ha­ben Ih­re Ei­gen­ar­ten, Kon­nat! Sehr re­spekt­voll sind Sie auch nicht.«
    Ich hus­te­te de­zent. Re­ling kam all­mäh­lich in Fahrt.
    »Ich weiß aber, was ein Be­fehl be­deu­tet, Chef. Kann man sich mit dem Kol­le­gen ver­tra­gen?«
    Er schmun­zel­te hin­ter­grün­dig. Von da an wur­de ich ner­vös. Wenn der Al­te der­art die Lip­pen ver­zog, hat­te er einen di­cken Trumpf in der Hand.
    »War­ten Sie ab! Es dürf­te we­sent­lich auf Sie an­kom­men. Wenn Sie MA-23 nicht ge­fal­len, wird er es Ih­nen in al­ler Of­fen­heit sa­gen und sich nicht dar­an sto­ßen, daß Sie ein Cap­tain sind. Er­war­ten Sie kei­ne Un­ter­wür­fig­keit und for­dern Sie auch kei­ne. Das be­deu­tet nicht, daß er sich Ih­ren An­wei­sun­gen wi­der­set­zen wür­de; aber er legt Wert dar­auf, sei­ne Gleich­wer­tig­keit stän­dig zu de­mons­trie­ren. Die­se Hal­tung ist auf sei­ne phy­si­schen Män­gel zu­rück­zu­füh­ren. Das be­haup­ten we­nigs­tens un­se­re Psy­cho­lo­gen.«
    Hmmm – phy­si­sche, al­so kör­per­li­che Män­gel. Ich war neu­gie­rig, die­sen Mann ken­nen­zu­ler­nen.
    All­mäh­lich kehr­te mein Wohl­be­fin­den zu­rück. Die Wir­kung der Ra­low­gal­tin-In­jek­ti­on klang ab. Zö­gernd frag­te ich:
    »Sie spra­chen von ei­nem Mann, der au­ßer mir den Ein­griff eben­falls über­stan­den hät­te. Ist das et­wa mein son­der­ba­rer Kol­le­ge?«
    »Er ist es. Er­staun­lich, daß er es durch­ge­hal­ten hat. In ihm steckt mehr, als man beim ers­ten Blick ver­mu­ten könn­te.«
    »MA-23 ist im Vor­raum Sir«, mel­de­te sich die Vor­zim­mer­da­me über den Laut­spre­cher.
    Ge­ne­ral Re­ling be­tä­tig­te den Öff­nungs­kon­takt.
    »Soll ’rein­kom­men.«
    Die Dop­pel­tü­ren schwan­gen auf. Ich ver­nahm Schrit­te. Es hör­te sich an, als käme ei­ne Frau her­ein.
    »He­lau­u­uu …« rief ei­ne Stim­me, die rauh und hei­ser klang. »Ah, das ist gut. Hier trinkt je­mand schar­fe Sa­chen. Hät­ten Sie et­was da­ge­gen ein­zu­wen­den, Chef, wenn ich mich da­zu ein­la­de?«
    Ich er­starr­te. Sprach­los blick­te ich den Al­ten an.
    Tat­säch­lich, der Be­su­cher zeig­te kei­ne Spur von Re­spekt. Ich hät­te es nie­mals ge­wagt, mei­nen höchs­ten Vor­ge­setz­ten so zu be­grü­ßen.
    Ge­ne­ral Re­ling setz­te sei­ne grim­migs­te Mie­ne auf, aber das schi­en un­se­ren Gast nicht zu stö­ren. Er lach­te ver­gnügt. Lang­sam dreh­te ich mich um. Was ich sah, war un­glaub­lich.
    Ich schloß die Au­gen, öff­ne­te sie aber so­fort wie­der. Nein, so ein Ge­schöpf hat­te ich noch nie ge­se­hen. Agent MA-23 war in ei­ner reich­lich sa­lop­pen Frei­zeit­ja­cke und ka­rier­ten Röh­ren­ho­sen er­schie­nen. Die Hän­de hat­te er bis zu den Ell­bo­gen in den Ta­schen ver­senkt. In re­gel­mä­ßi­ge Ab­stän­den voll­führ­te er mit den Schul­tern Be­we­gun­gen, als be­müh­te er sich, die über­mä­ßig wat­tier­ten Schul­ter­tei­le sei­ner Ja­cke in die rich­ti­ge La­ge zu rücken.
    Ein La­chen glitt über sein Ge­sicht. Als er mich an­sah, schie­nen tau­send Teu­fel in sei­nen Au­gen zu tan­zen. Sie wa­ren hell­blau und zeig­ten einen ver­schmitz­ten Aus­druck.
    Sei­ne Haut schi­en nur aus Fal­ten und Run­zeln zu be­ste­hen. Au­ßer­dem war sie mit zahl­rei­chen Som­mer­spros­sen über­sät. Er hat­te rostro­te Haa­re und ei­ne nach oben ge­wölb­te Stubs­na­se mit un­ge­heu­er großen Öff­nun­gen.
    Wenn MA-23 nur nicht so un­ver­schämt ge­grinst hät­te! Es war ei­ne di­rek­te Her­aus­for­de­rung, zu­mal sei­ne Lip­pen über­mä­ßig breit aus­ge­bil­det wa­ren. Wenn er lach­te, muß­ten sei­ne Se­gel­oh­ren Be­such er­hal­ten. Der­art rie­si­ge Ge­bil­de hat­te ich bis­lang nur auf Ka­ri­ka­tu­ren ge­se­hen.
    Sei­ne Hal­tung konn­te man nur mit ei­nem

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